Lettische Evangelisch-Lutherische Kirche im Ausland
Die Lettische Evangelisch-Lutherische Kirche im Ausland (Eigenbezeichnung manchmal auch Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands im Ausland; lettisch Latvijas Evaņģēliski luteriskā baznīca ārpus Latvijas (LELBĀL); englisch Latvian Evangelical Lutheran Church Abroad) ist eine lutherische Kirche, deren Mitglieder überwiegend in Westeuropa und Nordamerika wohnen.
Geschichte
Nachdem Lettland im Jahr 1918 unabhängig geworden war, wurde 1922 die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands gegründet, der damals die Mehrheit der Einwohner angehörte. Schon nach der Okkupation Lettlands 1940 und noch einmal nach der erneuten Eroberung durch die Rote Armee 1944 flohen viele Letten, darunter auch ein Teil der lutherischen Geistlichen, ins Ausland. Der zweite Erzbischof der Kirche, Teodors Grīnbergs, der ins Exil nach Deutschland gegangen war, baute von dort aus die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands im Exil (so der Name bis 1991) auf. Diese Kirche hatte anfangs etwa 120.000 Mitglieder und hatte für die Bewältigung der Exilserfahrung eine sehr große Bedeutung.[1] In der weltweiten christlichen Gemeinschaft wurde sie als Repräsentanz der lettischen Lutheraner angesehen, da die Kirche in Lettland selbst unter sowjetischer Besatzung lange Zeit keine Möglichkeit zur Beteiligung am internationalen kirchlichen Leben hatte. So gehörte die LELBĀL 1947 zu den Gründern des Lutherischen Weltbundes.
Grīnbergs leitete die Kirche bis zu seinem Tod 1962 als Erzbischof. Sie hatte ihren Sitz an seinem Wohnort in Esslingen am Neckar. Nach seinem Tod wurde der Sitz in die USA verlegt, von dort nach Kanada, unter Erzbischof Elmārs Ernsts Rozītis dann wieder nach Esslingen. Seit der Einführung von Lauma Zušēvica als Erzbischöfin ist er in Milwaukee, Wisconsin.
Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs kam es zu einer Annäherung an die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands (ELKL). 1998 wurde eine formelle Zusammenarbeit vereinbart, 2003 eine gemeinsame Agende veröffentlicht.[2] Dann aber gründete die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands entgegen den Absprachen auch im Ausland eigene Gemeinden, die LELBĀL im Gegenzug auch Gemeinden in Lettland.[3] Der Konflikt verschärfte sich, nachdem die ELKL 2016 die Möglichkeit der Ordination von Frauen abgeschafft hatte und die lutherische Kreuzkirchengemeinde in Liepāja, die diese Entscheidung nicht akzeptieren wollte, zur LELBĀL übertrat.[4] Seitdem liegt die Zusammenarbeit auf Eis.
Struktur
Die LELBĀL gibt (Stand 2018) ihre Mitgliederzahl mit 22.172 an.[5] Die größte Zahl der Mitglieder lebt in Nordamerika; die Latvian Evangelical Lutheran Church in America, zu der die Gemeinden in den USA, Kanada und Südamerika gehören, hatte allein 2007 noch über 10.000 Mitglieder. Daneben gibt es Gemeinden in Australien, Neuseeland und mehreren europäischen Ländern, die meisten in Großbritannien,[6] Deutschland[7] und Schweden.[8] Oberstes Entscheidungsorgan ist die Synode; die Leitung hat das Executive Board, dem die Erzbischöfin vorsteht. Daneben fungieren neun Dekaninnen bzw. Dekane; fünf für den Bereich der Latvian Evangelical Lutheran Church in America und je einer für Australien, Großbritannien, Deutschland und Schweden.
Ökumenische Beziehungen
Die Kirche ist Mitglied im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), im Lutherischen Weltbund (LWB), in der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und in der anglikanisch-lutherischen Porvoo-Gemeinschaft.
Erzbischöfe
- 1944–1962: Teodors Grīnbergs (1870–1962)
- 1962–1966: Kārlis Kundziņš (1883–1867)
- 1966–1993: Arnolds Lūsis (1908–1993)
- 1994–2015: Elmārs Ernsts Rozītis (* 1948)
- seit 2015: Lauma Zušēvica (* 1954)
Weblinks
- Offizielle Website (lettisch); englische Website
- Eintrag auf der Website des Ökumenischen Rates der Kirchen
- Eintrag auf der Website des Lutherischen Weltbundes
Einzelnachweise
- Geert Franzenburg: Dievs, svētī Latviju! – Gott segne Lettland! Die Rolle der lutherischen Tradition bei der Exilbewältigung am Beispiel Lettlands. In: Christian Pletzing, Marcus Velke (Hrsg.): Lager – Repatriierung – Integration. Beiträge zur Displaced Persons-Forschung. Leipzig 2016, S. 203–230. (Online-Ausgabe)
- Rokasgrāmata dievkalpošanai LELB un LELBāL draudzēs.
- Streit um Frauenordination spaltet lettische Lutheraner. In: Lettische Presseschau, 27. Mai 2016.
- Congregation splits from Lutheran church over women's ordination auf der Website von Latvijas Televīzija, 6. Juni 2016; Kreuzkirchengemeinde in Liepāja erhält ihre Kirche zurück. In: Lettische Presseschau, 25. August 2016.
- Eintrag auf der Website des Lutherischen Weltbundes.
- Website der Kirche in Großbritannien
- Website der Kirche in Deutschland
- Website der Kirche in Schweden