Leonard Montefiore
Leonard Nathaniel Goldsmid Montefiore (* 2. Juni 1889 in Marylebone, London;[1] † 23. Dezember 1961 ebenda)[2] war ein jüdischer Philanthrop. Er migrierte 732[3][4] obdachlose, jüdische Kinder nach der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen großdeutschen Reiches als displaced Persons in das Vereinigte Königreich und gab ihnen Bildung, psychologische Unterstützung und Unterkunft.[4] Sein Vater ist der Gründer des britischen Reformjudentums Claude Montefiore.[2][5]
Leben
Montefiore wurde am 2. Juni 1889 am Portman Square in London geboren. Er wurde zunächst privat unterrichtet, bevor er dann zuerst das Clifton College in Bristol und anschließend das Balliol College in Oxford,[1] das er 1911 verließ, bevor er im Ersten Weltkrieg in Indien und von 1918 bis 1919 in Sibirien diente. In dieser Zeit wurde er zum Captain befördert, ein Rang nach STANAG OF-2, der dem des Hauptmanns beim deutschen Heer entspricht. 1918 wurde ihm der britische Ritterorden Order of the British Empire verliehen. 1924 heiratete er Muriel Jeanetta, deren Vater Adolph Tuck Vorsitzender von Raphael Tuck & Sons war. Sie bekamen zwei Kinder.[2]
1939 half Montefiore bei der Gründung der Wiener Library in London und wurde zwischenzeitlich deren Präsident.[2]
Montefiore starb am 23. Dezember 1961 an einer Koronarthrombose im The London Clinic in Marylebone.
Wirken
Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges mit Beginn der Judenverfolgung in Europa beteiligte sich Montefiore an der Gründung des Central British Fund for German Jewry[6], welcher zahlreichen Juden bei der Flucht aus Deutschland half und auch an der Finanzierung des Durchgangslagers Kitchener Camp beteiligt war.[7]
Durch den Holocaust an den Juden in Europa hatten viele Kinder Ihre Eltern in den Konzentrationslagern verloren, in denen sie selbst eingesperrt waren. Nach der bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen großdeutschen Reiches und der Befreiung von überlebenden Juden aus den Lagern hatten diese Kinder kein Obdach und galten als displaced persons. Montefiore und das von ihm zu diesem Zweck gegründete Committee for the Care of Children from Concentration Camps drängte die Regierung Großbritanniens auf eine Genehmigung, diese Kinder zur Linderung der Obdachlosigkeit nach England einzufliegen.[8] Ziel war es, den Kindern neben Unterkunft auch Unterricht und psychologische Unterstützung zu geben. Seit 1933 war Juden in Deutschland Bildung aufgrund des Gesetzes gegen die Überfüllung deutscher Schulen und Hochschulen nur eingeschränkt gewährt worden, daher hatten die meisten der Kinder noch nie eine Schule besucht. Nach Unterstützung durch den Central British Fund for German Jewry handelte die britische Regierung und genehmigte die Aufnahme von 1000 Kindern unter den Bedingungen, dass ihr Alter zwischen 8 und 15 Jahre alt sein mussten und von einem Truppenarzt als reisefähig eingestuft waren. Montefiore musste zusichern, dass er die Kinder versorgte und sammelte dafür Spenden. Letztendlich wurden 732 Kinder unter anderem 300 seit dem 14. August 1945 durch die Royal Air Force nach England gebracht.[4] Diese 300 kamen auf dem Gelände des ehemaligen Flugzeugwerks Short Sunderland unter, welches in der Nähe des Sees Windermere liegt.[3] Die Geschichte wurde im Jahr 2020 unter dem Namen Die Kinder von Windermere in einer Koproduktion von ZDF und BBC[9] verfilmt. Zusätzlich erfolgte eine filmische Dokumentation Die Kinder von Windermere – Die Dokumentation , in der Betroffene, darunter Arek Hershlikovicz, Ben Helfgott, Bela Rosenthal und Sam Laskier; auftraten. Diese wurde anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz im Jahr 2020 durch ZDF-History ausgestrahlt.
Literatur
- Max Beloff: On the track of tyranny. Hrsg.: Wiener Library. 1. Auflage. Vallentine Mitchell, London 1960, ISBN 0-85303-075-8 (englisch, 232 S.).
Weblinks
Einzelnachweise
- BBC - Character Biographies - Media Centre. Abgerufen am 31. Januar 2020.
- Montefiore, Leonard Nathaniel Goldsmid- (1889–1961), scholar and Jewish communal leader | Oxford Dictionary of National Biography. Abgerufen am 31. Januar 2020 (englisch).
- Joe Shute: From the Holocaust to Lake Windermere. 27. Januar 2015, ISSN 0307-1235 (telegraph.co.uk [abgerufen am 31. Januar 2020]).
- Joachim Käppner: Zweite Rettung. Abgerufen am 31. Januar 2020.
- Julius Carlebach, Gerhard Hirschfeld, Aubrey Newman, Peter Pulzer, Arnold Paucker: Second Chance: Two Centuries of German-speaking Jews in the United Kingdom. Mohr Siebeck, 1991, S. 520 (654 S., eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Central British Fund for Germany Jewry auf der Webseite des USHMM
- Central British Fund for German Jewry – Kitchener Camp. Abgerufen am 31. Januar 2020 (britisches Englisch).
- Jason Solomons: The Windermere children who escaped the holocaust in the lake district. Abgerufen am 31. Januar 2020 (englisch).
- https://presseportal.zdf.de/pm/die-kinder-von-windermere/ Presseportal ZDF