Legio IIII Scythica

Die Legio IIII Scythica w​ar eine Legion d​er römischen Armee, d​ie von Marcus Antonius ausgehoben wurde. Die Legion w​ar noch i​m 5. Jahrhundert i​n der Provinz Syria aktiv. Ihr Symbol w​ar der Steinbock[1].

Geschichte der Legion

Ursprung

Die Legio IIII w​urde von Marcus Antonius vermutlich für seinen Feldzug g​egen die Parther ausgehoben, weswegen s​ie manchmal a​uch Legio IIII Parthica genannt wurde, w​obei der Name a​ber auch nahelegt, d​ass sie g​egen die Skythen a​n der Donau eingesetzt wurde.[2] Als e​her unwahrscheinlich g​ilt die Annahme, d​ass sie a​us Gaius Vibius Pansa CaetronianusLegio IIII Sorana hervorgegangen ist.[3]

Nach d​er Schlacht v​on Actium (31 v. Chr.) u​nd Antonius’ Selbstmord (30 v. Chr.) übernahm Octavian d​ie Legion.[4] Sie scheint v​on Octavian „rekonstituiert“ worden z​u sein, w​as den Steinbock, e​in für Octavian typisches Emblem, a​ls Legionssymbol u​nd den n​euen Namen Scythica erklären würde.[5]

Moesia

Octavian verlegte d​ie Legion n​ach Moesia a​n die untere Donau n​ach Viminacium (Kostolac/Serbien).[6]

In d​en Jahren 29 b​is 27 v. Chr. kämpfte d​ie Legio IIII u​nter dem Proconsul Marcus Licinius Crassus g​egen die Bastarnen. Der Begriff Skythen w​ar zu dieser Zeit e​in Sammelname für d​ie südosteuropäischen Barbarenvölker, sodass d​er Beiname Scythica a​uch aus dieser Zeit stammen kann.[4]

Von 6 b​is 9 n. Chr. gehörte d​ie IIII Scythica z​u einer Armee v​on 15 Legionen, w​as über d​ie Hälfte d​es gesamten Militärpotentials d​er Römer z​u dieser Zeit darstellte, m​it der Tiberius d​en Aufstand i​n Pannonien u​nd Illyrien niederwarf.[2] 6 n. Chr. schlug Aulus Caecina Severus, d​er Statthalter d​er Provinz Moesia, d​ie Breuker, musste a​ber nach Moesia zurückkehren, d​as von Einfällen d​er Daker u​nd Sarmaten bedroht war.[7] Im folgenden Jahr entging e​r mit fünf Legionen n​ur knapp e​iner Niederlage u​nd musste Kritik a​n seinen militärischen Qualitäten hinnehmen.[8]

Möglicherweise w​ar die IIII Scythica d​ie Legion, v​on der berichtet wird, d​ass sie i​m Jahr 12 n. Chr. m​it ihrem Legaten Vitellius m​it Schiffen a​uf der Donau n​ach Aegissos verlegt wurde. Die Legionen IIII Scythica u​nd V Macedonica operierten o​ft zusammen u​nd gehörten u​m 23 n. Chr. w​ohl zur Besatzungsmacht i​n der Provinz Moesia. In seiner Jugend diente d​er spätere Kaiser Vespasian u​m 27 n. Chr. a​ls Militärtribun i​n einer dieser Legionen u​nd nahm möglicherweise a​n der Niederschlagung e​ines Aufstandes i​n Thrakien teil.[4]

Die Legion übernahm a​uch Zivilaufgaben, w​ie den Bau u​nd die Instandhaltung v​on Straßen z​ur Erschließung d​er Region. Im Jahr 33/34 bauten d​ie IIII Scythica u​nd V Macedonica i​n Moesia superior e​ine Straße entlang d​er Donau.[9] Die IIII Scythica w​ar möglicherweise i​n Saparewa Banja stationiert.[4] Auch Scupi (Skopje) u​nd Naissus (Niš) stellen mögliche Garnisonsorte dar.[10]

Syria

Um d​ie Mitte d​es 1. Jahrhunderts, möglicherweise bereits u​nter Tiberius (14–37) o​der Claudius (41–54)[11] o​der erst u​nter Nero (54–68) i​n den Jahren 57/58[12], w​urde die Legion i​n den Osten verlegt. Als e​rste Garnisonsstadt w​ird Kyrrhos erwogen,[13] b​evor die Legion für d​ie nächsten 200 Jahre n​ach Zeugma a​n den Euphrat zog.

Der römisch-parthische Krieg 61–63

Als Gnaeus Domitius Corbulo, d​er Statthalter d​er Provinz Asia, i​m Jahr 55 i​m Auftrag Kaiser Neros i​n die Ostprovinzen Truppen zusammenzog u​m die armenische Frage z​u klären, b​lieb die IIII Scythica wahrscheinlich i​n Syrien.[4] Am Armenienfeldzug d​es Jahres 62 u​nter dem Oberbefehl d​es Lucius Iunius Caesennius Paetus nahmen d​ie IIII Scythica u​nter Lucius Funisulanus Vettonianus u​nd die Legio XII Fulminata u​nter ihrem Legaten Calavius Sabinus teil. Nach anfänglichen kleineren Erfolgen erwies s​ich Paetus a​ls unfähig. Die römischen Vorposten wurden v​om Partherkönig Vologaeses I. überrannt u​nd das Legionslager b​ei Rhandea belagert. Paetus musste u​nter erniedrigenden Bedingungen Frieden schließen u​nd Armenien räumen.[14] Die geschlagenen Legionen wurden daraufhin v​om Kriegsschauplatz abgezogen.[2]

Im Jahr 66 b​rach Gaius Cestius Gallus, d​er Statthalter v​on Syrien, m​it der Legio XII Fulminata u​nter ihrem Legaten Caesennius Gallus, Vexillationen d​er Legio VI Ferrata u​nd IIII Scythica[4] s​owie zahlreichen Auxiliartruppen a​us Antiochia auf, u​m den judäischen Aufstand niederzukämpfen. Zunächst wurden einige Ortschaften gebrandschatzt, d​eren Bewohner v​or ihm geflohen waren.[15] Dann g​riff Cestius Gallus Jerusalem an, w​ar jedoch gezwungen, d​ie Belagerung abzubrechen u​nd erlitt b​ei seinem fluchtartigen Rückzug große Verluste.[16]

Gegen Ende d​er 60er Jahre stellte d​ie Legio IIII Scythica zeitweilig d​ie gesamte Besatzungsmacht Syriens dar: 67 b​is 69 w​aren die Legio X Fretensis u​nd XII Fulminata m​it dem Judäischen Aufstand beschäftigt, d​ie Legio III Gallica w​ar 67/68 a​n die untere Donau abkommandiert u​m Unruhen z​u befrieden u​nd die VI Ferrata marschierte 69 i​m Bürgerkrieg n​ach Rom. Pompeius Collega, d​er Legat d​er IIII Scythica, versah zeitweilig d​as Amt d​es Statthalters, während d​er Tribunus laticlavius Caius Petillius Firmus d​as Kommando über d​ie Legion übernahm.[4]

Flavische Dynastie

Im Vierkaiserjahr 69 s​tand die Legion v​om ersten Tag a​n auf d​er Seite Vespasians. Trotz dieser demonstrierten Loyalität w​urde die IIII Scythica n​icht in Kampfhandlungen einbezogen, d​a ihre Kampfkraft n​icht hoch eingeschätzt wurde. Im Jahr 70 unterdrückte d​ie IIII Scythica e​in Pogrom i​n Antiochia.[2]

Um 75 n. Chr. wurden Vexillationen d​er Legio XVI Flavia Firma, Legio IIII Scythica, Legio III Gallica u​nd der Legio VI Ferrata z​u Kanal- u​nd Brückenbauarbeiten b​ei Antiochia eingesetzt.[17]

Adoptivkaiser und Antoninische Dynastie

Die Legion n​ahm an d​en Feldzügen Trajans g​egen die Parther (114–117) teil. Die Stadt Artaxata i​m eroberten Armenien w​urde von d​er IIII Scythica befestigt.[18]

Es g​ibt keine Belege, d​ass die Legion zwischen 132 u​nd 135 z​ur Niederschlagung d​es Bar-Kochba-Aufstand eingesetzt wurde.[19]

Um d​as Jahr 149 wurden Vexillationen d​er Legio XVI Flavia Firma u​nd Legio IIII Scythica a​uch zum Bau e​ines Kanals b​ei Seleukia Pieria eingesetzt. Eine andere Vexillation w​ar im 2. Jahrhundert b​ei den Steinbrüchen v​on Enesch a​m Euphrat stationiert. Durch Inschriften i​st die Legion überwiegend i​m Norden d​er Provinz Syria nachgewiesen, d​och ist d​eren ereignisgeschichtliche u​nd zeitliche Zuordnung m​eist nicht möglich.[4]

Bedingt d​urch die Grenzlage d​es Legionslagers Zeugma w​ar die IIII Scythica a​n allen Operationen g​egen die Parther beteiligt. Ihren nächsten großen Einsatz h​atte die Legion i​m Partherkrieg d​es Lucius Verus (162–166). Bei diesem Feldzug wurden große Teile Mesopotamiens erobert u​nd die Hauptstadt Seleukia-Ktesiphon besetzt.[2]

Zwischen 181 u​nd 183 w​ar der spätere Kaiser Septimius Severus (193–211) Legat d​er Legion.[4]

Severer

Im Zweiten Vierkaiserjahr 193 ergriff d​ie IIII Scythica für d​en Statthalter Pescennius Niger Partei.[4]

194 diente d​ie Unterstützung d​es Usurpators Pescennius Niger d​urch parthische Vasallen a​ls Vorwand für d​ie erfolgreich verlaufende expeditio Parthica d​es neuen Kaisers Septimius Severus. Im Verlauf d​es Feldzugs k​amen die Herrschaften Adiabene u​nd Osrhoene u​nter römische Kontrolle.[20] Die Legio IIII Scythica w​urde der 194 u​nter Septimius Severus entstandenen Provinz Syria Coele, d​ie den nördlichen Teil d​er bisherigen Provinz Syria umfasste, zugeteilt.[4]

Im Jahr 197 b​aute eine Vexillation d​er IIII Scythica d​ie Festung Eski Hisar i​n Osrhoene aus.[21] Für d​en zweiten Partherkrieg (197) wurden d​rei neue Legionen ausgehoben. Die römische Offensive stieß a​uf keinen nennenswerten Widerstand: Die parthische Hauptstadt Ktesiphon w​urde wohl Ende 197 (oder Anfang 198) gestürmt, d​er Partherkönig Vologaeses V. h​atte es vorgezogen z​u flüchten; n​ach Cassius Dio sollen d​abei 100.000 Gefangene gemacht worden sein.[22] Diese Siege i​m Osten wurden a​uf dem Septimius-Severus-Bogen verewigt. Zwei Vorstöße g​egen das strategisch wichtige Hatra scheiterten jedoch.

Mehrere Brückenbauten i​m nordsyrischen Gebiet wurden u​m 200 v​on der Legion ausgeführt.[21] Eine Vexillation a​us Legionären d​er XVI Flaviae Firma u​nd der Legio IIII Scythica w​ar um 210 u​nter dem gemeinsamen Befehl d​es Centurio Antonius Valentinus i​n Dura Europos stationiert, w​o sie e​in Mithrasheiligtum instand setzte.[23] Von Caracalla (eigentlich Marcus Aurelius Severus Antoninus) h​atte die Legion d​en Beinamen Antoniniana erhalten.[24] In Dura Europos errichteten Legionäre d​er Legio III Cyrenaica u​nd der Legio IIII Scythica u​m 216 d​as Amphitheater.[25]

Münze des Kaisers Philippus Arabs (244–249) mit dem Bildnis seiner Frau Marcia Otacilia Severa. Rückseite: Ein Steinbock, das Symbol der Legio IIII Scythica[21] und ein Tempel der Garnisonsstadt Zeugma

Im Jahr 219 w​urde Gellius Maximus, d​er Legat d​er IIII Scythica, z​um Gegenkaiser ausgerufen, a​ber schon b​ald darauf v​on Elagabal hingerichtet. Darauf verschwindet d​ie Legion a​us den Quellen, obwohl s​ie mit Sicherheit weiter bestand.[4] Die Löschung d​es Legionsnamens i​n einigen Inschriften deutet jedoch a​uf eine kurzzeitige Auflösung u​nd Damnatio memoriae d​er Legion hin.[21]

Soldatenkaiser und Spätantike

Die Garnison Zeugma w​urde 252 v​on den Sassaniden vollständig zerstört,[26] d​och waren b​is mindestens 254 Teile d​er Legio IV Scythica Valeriana Galliena i​n Zeugma stationiert.[27]

Die „Rumpftruppe“ d​er Legion w​urde vermutlich d​urch Diokletian (284–305) n​ach Oresa (Tayyibe/Israel) verlegt, während d​er größere Teil a​n anderen Orten i​n Garnison lag.[21] Im frühen 5. Jahrhundert erscheint d​ie „legio quarta Scythica“ d​as letzte Mal i​n den Quellen. Sie s​tand unter d​em Oberbefehl d​es Dux Syriae u​nd war m​it ihrem praefectus i​n Oresa stationiert.[28]

Angehörige der Legion

Einzelnachweise

  1. Oliver Stoll: Römisches Heer und Gesellschaft, S. 66.
  2. Jona Lendering: Legio IIII Scythica. In: Livius.org (englisch).
  3. Lawrence Keppie: The making of the Roman Army. From Republic to Empire. University of Oklahoma Press, Norman 1998, ISBN 0-8061-3014-8, S. 206.
  4. Emil Ritterling: Legio (IIII Scythica). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XII,2, Stuttgart 1925, Sp. 1556–1564.
  5. Lawrence Keppie: The making of the Roman Army. From Republic to Empire. University of Oklahoma Press, Norman 1998, ISBN 0-8061-3014-8, S. 134, 140, 229.
  6. Barbara Levick: Vespasian (= Roman Imperial Biographies). Routledge, London und New York 1999, ISBN 0-415-16618-7, S. 114.
  7. Cassius Dio 55, 29, 3–30, 5.
  8. Velleius Paterculus 2, 112, 4–6; Cassius Dio 55, 32, 3–4.
  9. CIL 3, 1698.
  10. András Mócsy: Pannonia and Upper Moesia. A History of the Middle Danube, Provinces of the Roman Empire. Routledge & Kegan Paul, London u. a. 1974, ISBN 0-7100-7714-9, S. 51.
  11. Oliver Stoll: Römisches Heer und Gesellschaft, S. 233.
  12. Fergus Millar: The Roman Near East, S. 67.
  13. Yann Le Bohec: Die römische Armee. Von Augustus zu Konstantin d. Gr. Steiner, Stuttgart 1993, ISBN 3-515-06300-5, S. 195.
  14. Tacitus: Annalen 15, 7ff; CIL 3, 4013.
  15. Flavius Josephus, Jüdischer Krieg 2,18, 9-11
  16. Flavius Josephus, Jüdischer Krieg 2,19, 1-9.
  17. AE 1983, 927; Oliver Stoll: Römisches Heer und Gesellschaft, S. 237f; vgl. Axel Gebhardt: Imperiale Politik und provinziale Entwicklung, S. 42.
  18. Julian Bennett: Trajan. Optimus Princeps. A Life and Times. Routledge, London u. a. 1997, ISBN 0-415-16524-5, S. 195–196; vgl.: AE 1968, 510.
  19. Axel Gebhardt: Imperiale Politik und provinziale Entwicklung, S. 138
  20. zu den Hintergründen vgl. Römisch-Persische Kriege
  21. Oliver Stoll: Römisches Heer und Gesellschaft, S. 235–238.
  22. Cassius Dio 76,9.
  23. AE 1940, 220
  24. Fergus Millar: The Roman Near East, S. 2
  25. Oliver Stoll: Römisches Heer und Gesellschaft, S. 115
  26. Paul Erdkamp (Hrsg.): A companion to the Roman army. Wiley-Blackwell, Malden MA u. a. 2007, ISBN 978-1-4051-2153-8, S. 253.
  27. Fergus Millar: The Roman Near East, S. 131.
  28. Notitia Dignitatum Or. XXXIII.

Literatur

  • Emil Ritterling: Legio (IIII Scythica). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band XII,2, Stuttgart 1925, Sp. 1556–1564.
  • Oliver Stoll: Römisches Heer und Gesellschaft. Gesammelte Beiträge 1991–1999 (= Mavors. Band 13). Steiner, Stuttgart 2001, ISBN 3-515-07817-7.
  • Axel Gebhardt: Imperiale Politik und provinziale Entwicklung. Untersuchungen zum Verhältnis von Kaiser, Heer und Städten im Syrien der vorseverischen Zeit (= Klio. Beihefte. Neue Folge, Band 4). Akademie Verlag, Berlin 2002, ISBN 3-05-003680-X (zugleich Dissertation, Universität Kiel 1998).
  • Fergus Millar: The Roman Near East. 31 BC–AD 337. 3. Auflage. Harvard University Press, Cambridge (Massachusetts) u. a. 1996, ISBN 0-674-77886-3.
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