Le Joola
Die Le Joola war eine senegalesische Passagierfähre, die als RoPax-Schiff im Fracht- und Personenverkehr zwischen der Stadt Ziguinchor in der Casamance und der senegalesischen Hauptstadt Dakar im Einsatz war. Ihr Untergang am 26. September 2002 gilt als drittgrößte zivile Schiffskatastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit März 2008 ist die Aline Sitoe Diatta anstelle der Le Joola als Fährschiff im Einsatz.
Die Le Joola | ||||||||||||||||||||||
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Geschichte
Das 2.087-BRZ-Schiff wurde 1989/90 bei der Neuen Germersheimer Schiffswerft in Germersheim am Rhein gebaut. 1990 wurde das Schiff als Sangomar in Dienst gestellt und später in Le Joola umbenannt. Der Name ist von der hauptsächlich in der Casamance ansässigen Volksgruppe der Joola (auch „Diola“) abgeleitet. Es war für die Küstenschifffahrt bis 50 Seemeilen vor der Küste vorgesehen, 79,5 Meter lang, 12,5 Meter breit und für 550 Passagiere, dreizehn Fahrzeuge und 250 Tonnen Fracht ausgelegt.
Havarie
Am 26. September 2002 geriet die Fähre vormittags gegen 11 Uhr vor der Küste Gambias in einen Sturm und kenterte in weniger als fünf Minuten. Sie trieb noch über 20 Stunden kieloben an der Wasseroberfläche, bevor sie versank. Zum Zeitpunkt des Unglückes befanden sich viele Studenten aus der Casamance an Bord, die zum Semesterbeginn nach Dakar wollten. Ihr Tod hat bis heute spürbare Auswirkungen auf die weitere Entwicklung ihrer Herkunftsregion. Der Untergang führte zu einer politischen Krise in Senegal und zur Entlassung der Regierung durch Präsident Abdoulaye Wade. Erst drei Jahre später, am 11. November 2005, wurde mit der Willis erneut eine reguläre Schiffsverbindung zwischen Dakar und der Casamance in Betrieb genommen.
Laut Bericht der französischen Experten über die Ursachen wurde neben der grob fahrlässigen Überladung und dem schweren Sturm auch betont, dass die Le Joola auf einer Route in hoher See unterwegs war, für die sie nicht gebaut war. Dem Hersteller, der Deutschen Schiffswerft Germersheim GmbH, wird kein Vorwurf gemacht: Die Le Joola war 1990 vom Stapel gelaufen und entsprach dem damaligen Sicherheitsstandard. Als Hauptgrund für die Katastrophe nennen die Experten vielmehr die schlechte Wartung des Schiffes durch den Eigner – den senegalesischen Staat.[2]
Beim Untergang der Le Joola kamen nach offiziellen Angaben 1.863 Menschen zu Tode. Es gab 64 Überlebende.[3][4] Nur die Kollision der philippinischen Fähre Doña Paz mit dem Tanker Vector am 20. Dezember 1987 mit insgesamt 4.386 Todesopfern und der Untergang der Kiang Ya mit 3.520 Opfern forderten bei zivilen Seeunfällen höhere Anzahlen an Opfern.
Am 12. September 2008 erließ der französische Richter Jean-Noël Wilfrid internationale Haftbefehle gegen neun ranghohe senegalesische Amtsträger, darunter die ehemalige Premierministerin Mame Madior Boye, den Ex-Minister der Streitkräfte, den Ex-Minister für Verkehr sowie hohe Armee- und Marineangehörige, wegen mutmaßlicher Mitverantwortung für das Sinken der Fähre.[5]
Gedenken
In Bassori (Gambia) wurde eine offizielle Begräbnis-Stätte für die Opfer des Untergangs der Fähre eingerichtet.[6] Zehn Jahre nach dem Unglück fanden unter Beteiligung von Regierungsmitgliedern Gedenkveranstaltungen statt, sowohl auf dem Friedhof der Schiffbrüchigen (cimetière de naufragés) von Mbao am östlichen Stadtrand von Dakar als auch in Kantène, einem Friedhof für Schiffbrüchige am südlichen Stadtrand von Ziguinchor.[7]
Literatur
- Peer Schmidt-Walther: Fährschiff für Dakar aus Germersheim, Schiffahrt international 8/90, Schiffahrts-Verlag Hansa, Hamburg, S. 321–322.
- Peer Schmidt-Walther: Von Germersheim nach Ziguinchor, Kehrwieder : Magazin für die Deutsche Seeschiffahrt 10/90, Verband Deutscher Reeder, Hamburg, S. 17–18.
- Hans-Jürgen Walzer: Binnenschiffswerften – Spezialisten für Spezialschiffe und Servicestellen der Binnenschiffahrt. In: Heide Ringhand: Die Binnenschiffahrt. Fliessende Strassen – Lebendige Ströme. Herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt e. V. BeRing Verlag, Velbert-Neviges 1992, ISBN 3-925636-16-1, S. 157.
Weblinks
- http://www.kassoumay.com/joola/
- http://www.grijalvo.com Joola – Una masacre africana (spanisch)
- Bericht bei Steves Marine Disaster Page (englisch)
- Technische Daten der Le Joola (PDF-Datei; 5,92 MB, deutsch)
Einzelnachweise
- Micke Asklander: M/S LE JOOLA (1990). Abgerufen am 22. Mai 2012.
- Die vergessene Schiffstragödie – Zehn Jahre nach dem Untergang der Joola (Memento vom 27. September 2012 im Internet Archive), tagesschau.de, Autor Alexander Göbel, 26. September 2012
- SAR Coordinator, CASE STUDY : M/S LE JOOLA. Capt Malick NDIAYE, Chief of Operation HASSMAR SENEGAL
- Europäisches Parlament: Parlamentarische Anfragen 17. September 2003 – P-2872/03 SCHRIFTLICHE ANFRAGE von Margrietus van den Berg (PSE) an den Rat. Betrifft: Bergung des Fährschiffes Le Joola
- French judge issues warrants over Senegal ferry disaster: lawyer (Memento vom 15. September 2008 im Internet Archive), Sénégal/Joola: la justice française délivre neuf mandats d'arrêts internationaux (Memento vom 15. September 2008 im Internet Archive)
- President Wade Commends Jammeh and the Gambian People (Memento vom 21. Dezember 2002 im Internet Archive) Nachricht des State House vom 10. Oktober 2002
- Le Point international, 26. September 2012: Commémoration au Sénégal du naufrage du Joola dans la sobriété et le recueillement