Lachsfarm
Lachsfarmen sind eine spezielle Form der Aquakultur zur Erzeugung von Lachsen unter kontrollierten Bedingungen. Seit den 1970er Jahren wird Lachs geschäftlich gezüchtet. Die ersten Lachsfarmen wurden in Norwegen eingerichtet.[1]
Funktion
Sie umfassen eine Bruterzeugung und Aufzucht der Setzlinge mit den gleichen Methoden wie in der teichwirtschaftlichen Gewinnung von Forellen und anderen Salmoniden. Die Eier reifen in großen Warmwasser-Becken. In norwegischen Lachs-Aufzuchtstation werden pro Jahr rund zehn Millionen Lachse herangezüchtet. Nach dem Schlüpfen bleiben die Jungfische noch etwa 40 Tage in den Becken, danach werden sie in Tanks gehalten und gegen Fischkrankheiten geimpft. Erst wenn die Setzlinge knapp 100 Gramm wiegen, sind sie groß genug für die weitere Aufzucht zu Speisefischen. Dies erfordert beim Lachs eine Haltung in Meerwasser oder Brackwasser. Dazu verbringt man die Fische in Netzgehegeanlagen, wie sie in den norwegischen Fjorden und vor der chilenischen Küste oft anzutreffen sind. Um ihre Größe zu kontrollieren werden sie durch große Schläuche in eine Mess-Station gepumpt. Moderne Anlagen haben bis zu einer Million Fische gleichzeitig auf mehrere Netze verteilt, die am Meeresboden verankert sind. Die Lage der Farmen spielt eine große Rolle. Um eine lokale Verunreinigung des Wassers mit Abfallstoffen zu vermeiden, müssen sie an Orten mit einer stetigen Durchströmung und ausreichender Tiefe platziert werden. Eine gleichbleibende Wassertemperatur, die nicht zu hoch sein darf, ist vorteilhaft. In jüngster Zeit werden Lachse auch in geschlossenen Kreislaufsystemen aufgezogen.[2][3]
Fütterung
Die Ernährung der Lachse erfolgt mit Kunstfutter dem Vitamine zugesetzt werden, in der Regel mit Pellets auf der Grundlage von gepresstem Fischmehl und Soja, dem Fischöl und Sojaöl zugesetzt werden. Farbstoff im Futter macht das Lachsfleisch rosa. Wie auch in anderen Aquakulturbereichen ergibt sich daraus eine Problematik der Umweltbelastung durch eine lokale Eutrophierung der Fjorde und Meeresregionen. Zudem wird Fischmehl in der Regel mit Ethoxyquin haltbar gemacht, was zu dessen Anreicherung in den Lachsen führen kann. Im Gegensatz zu Fleisch wurden für Fische bisher noch keine Grenzwerte für Ethoxyquin festgelegt. Oft werden die für Fleisch gültigen Grenzwerte von 50 µg/kg jedoch um ein Vielfaches überschritten. Auf Grund der unzureichenden Datenlage bezüglich der Toxizität von Ethoxyquin, wurde die Zulassung von Ethoxyquin als Futtermittelzusatz ausgesetzt (Übergangsfrist bis 31. März 2020).[4][5]
Problematiken
Eine weitere typische Problematik ergibt sich aus der Massentierhaltung, die in der Regel mit der Notwendigkeit zur Behandlung mit Arzneimitteln gegen Parasiten wie die Lachslaus (Lepeophtheirus salmonis) und bakterielle Infektionen einhergeht. Der wenige Millimeter kleine Krebs sorgte dafür, dass sich der Großhandelspreis für Lachs 2016 um bis zu 50 Prozent erhöhten.[6] Gegen Parasiten werden auch Lumpfische (Seehasen) und Bäder in mit Wasserstoffperoxid angereichertem Wasser eingesetzt. Der gegen Infektionen früher intensive Einsatz von Antibiotika ist seit der Einführung von maschinell durchgeführten Impfungen seltener geworden, betrug gemäß Angaben von Greenpeace im Jahr 2018 jedoch in Chile das 700-fache der in Zuchtkäfigen eingesetzten Menge in Norwegen.[7]
Zudem kann es zu einer Faunenverfälschung kommen, wenn sich aus Netzgehegen entwichene Lachse einer anderen Herkunft mit den lokal anzutreffenden Lachsen vermischen. In vielen norwegischen Lachsflüssen gilt deshalb eine verlängerte Angelsaison, in der ausschließlich auf Farmfische geangelt werden darf, um deren Vermehrung einzudämmen. In Chile, das auf der Südhalbkugel liegt, wo Lachse überhaupt nicht heimisch sind, verlieren sie ihren Orientierungssinn und finden nicht ins Süßwasser zurück.[8]
„Schwein der Meere“
Zunehmend wird der Lachs in der Öffentlichkeit aufgrund der Haltungs- und Fütterungsmethoden in den Lachsfarmen als „Schwein der Meere“ bezeichnet.[9][10][11] Die Tiere werden in den Farmen in Käfigen gehalten und teils unkontrolliert mit Antibiotika versorgt. Die Fäkalien der Lachse und das überschüssige Futter sinken auf den Meeresboden und sorgen für eine Verschmutzung der Meere.[12]
Im Jahr 2016 sorgte in Chile um die Küsten der Insel Chiloé eine sogenannte „rote Flut“ welche durch überschüssiges Futter, Fäkalien und Kadaver der Lachse, welche dem Meer überlassen wurden für eine Algenblüte, welche die Existenz lokalen Fischer und Muscheltaucher gefährdete.[12]
Bio-Lachsfarmen
Inzwischen gibt es in Europa zahlreiche Bio-Lachsfarmen. Besonders Schottland und Irland sind hier aktiv. In Schottland wird auf den Äußeren Hebriden, den Orkneys und den Shetlandinseln Bio-Lachs nach den Richtlinien der britischen Soil Association gezüchtet.
Um die aus der konventionellen Zucht bekannten Probleme abzumildern, gibt es klare Richtlinien für die Aufzucht von Bio-Lachs:
- geregelte Besatzdichte (10 kg/m³ Wasser),
- das im Futter verwendete Fischmehl soll aus Fängen stammen, die für den menschlichen Verzehr gefangen wurden. Einige Fischmehlhersteller verwenden für das Biofutter inzwischen Fische aus nachhaltig zertifizierter Fischerei, wie z. B. MSC (Marine Stewardship Council),
- die vegetarischen Zutaten im Futter stammen aus ökologisch zertifizierter Landwirtschaft,
- der Einsatz von Antifoulingmitteln auf den Netzen der Gehege ist verboten.
Es kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass die ökologische Problematik der Lachszucht durch diese Zertifizierungen bereits ausreichend adressiert ist. Für die europäische, kanadische und südamerikanische Lachszucht sind umfangreiche Probleme mit viralen Infektionen bekannt, die zu einem massiven Rückgang der Wildlachse geführt haben. Das Piscine Orthoreovirus ist 1999 in norwegischen Lachsfarmen entdeckt worden. Es kann in den Tieren Herz- und Muskelentzündungen auslösen.[13]
Weblinks
- Aquakultur – ja, aber bitteschön nur nachhaltig!, BUND — Website.
Einzelnachweise
- www.norwegenstube.de/lachsfarmen, abgerufen am 27. Juli 2021.
- Simona Caminada: Schweizer Premiere: Erste Lachse aus Lostallo. In: srf.ch. 21. September 2018, abgerufen am 27. September 2018.
- www.ndr.de/ratgeber, abgerufen am 15. Juli 2021.
- Fischzucht: Probleme durch Antibiotika und Pestizide. In: br.de. 22. Februar 2019, abgerufen am 1. März 2019.
- www.aquakulturinfo.de/ethoxyquin, abgerufen am 15 Juli 2021.
- Steigende Großhandelspreise wegen Lachslaus. 15. Januar 2017, abgerufen am 15. Januar 2017 (englisch).
- Massenflucht von Zuchtlachsen in Chile, NZZ, 15. August 2018.
- Wolfgang Luther: Die Wanderwege der Fische. In: Heini Hediger (Hrsg.): Die Straßen der Tiere (Die Wissenschaft. Sammlung von Einzeldarstellungen aus allen Gebieten der Naturwissenschaft, Band 125). Springer Wissenschaftsverlag, Wiesbaden 1967, ISBN 978-3-663-00331-1, S. 169–184 (hier: S. 183).
- Die Schweine der Meere - DER SPIEGEL 3/2009. Abgerufen am 19. Oktober 2020.
- Robert Lücke: Zurück im Revier. In: DIE WELT. 1. November 2006 (welt.de [abgerufen am 19. Oktober 2020]).
- Kommentar: Fisch schmeckt nur noch mit geschlossenen Augen | Startseite | natürlich! 18. April 2012, abgerufen am 19. Oktober 2020.
- Aquafarming in Chile - Die dunkle Seite der Lachszucht. Abgerufen am 19. Oktober 2020 (deutsch).
- Science, 14. Januar 2011: Bd. 331, Nr. 6014, S. 214-217: Genomic Signatures Predict Migration and Spawning Failure in Wild Canadian Salmon (englisch).