Konzert- und Kongresszentrum Harmonie (Heilbronn)
Die Harmonie in Heilbronn ist sowohl Festhalle als auch Konzert- und Kongresszentrum und befindet sich an der Ecke Allee/Moltkestraße. Das Konzert- und Kongresszentrum Harmonie wird jährlich von 170.000 Gästen besucht und zählt damit zu den bedeutendsten Veranstaltungsstätten in der Region Heilbronn-Franken. Die jüngste Erweiterung der Harmonie ist die 2010 eröffnete Kunsthalle Vogelmann.
Geschichte
Im frühen 19. Jahrhundert lag die Heilbronner Allee noch außerhalb der Stadtmauern. Auf der Ostseite der Straße, wo sich heute auch die Harmonie und der anschließende Stadtgarten befinden, waren zunächst nur Gärten. Der Garten des Kaufmanns Christian Merz kam 1817 in den Besitz des Gastwirts Christoph Braunhardt, der dort einen Biergarten mit Wirtschaftsgebäude und Saalbau eröffnete. Das Anwesen war daher zunächst als Braunhardtscher Garten bekannt. Braunhardts wirtschaftlichem Erfolg standen u. a. die frühen Sperrstunden der Stadttore und ein Sonntagstanzverbot entgegen, so dass er das Anwesen alsbald wieder verkaufte. Der neue Besitzer war der Aktiengartenverein, der durch die Gründung als Aktiengesellschaft die nötige Kaufsumme von 20.000 Gulden aufbringen und das Anwesen weiter bewirtschaften konnte. Die 1814 in Heilbronn gegründete Harmoniegesellschaft, der auch viele Mitglieder des Aktiengartenvereins angehörten, nutzte das Parterre des Gebäudes als Unterhaltungs- und Lesezimmer. Der Gartensaal wurde 1844 durch einen vom Aktiengartenverein veranlassten Bühnenanbau als Aktientheater zu einem ständigen Theaterlokal, das später auch von der Stadt unterstützt wurde. 1870 ging der Aktiengartenverein in der Harmoniegesellschaft auf.
Alte Harmonie (1876–1944)
1876 wurde ein neues Hauptgebäude, das Harmoniegebäude, nach Plänen von Prof. Robert von Reinhardt an der Allee erbaut, 1892 ein Musikpavillon errichtet. 1905 wurde das Aktientheater im Saalbau nach einem im Wesentlichen von der Stadt bezuschussten Umbau zum Stadttheater erhoben; es diente diesem Zweck, bis 1913 das weiter nördlich erbaute Stadttheater eingeweiht wurde. Noch vor dem Ersten Weltkrieg wurde der Saalbau des Aktientheaters abermals umgebaut.
1934 kam das Harmoniegebäude in den Besitz der Stadt Heilbronn, die den Harmoniegarten anlässlich der Ausstellung Schwäbisches Schaffen 1935 zum Stadtgarten umgestaltete[1] und verschiedene Modernisierungsmaßnahmen am Gebäude durchführte.[2]
Im Zweiten Weltkrieg wurden die Gebäude im Stadtgarten während der Luftangriffe auf Heilbronn zerstört. Zwischen den Gebäuderuinen fanden 1949 eine Gewerbe- und eine Weihnachtsschau statt. 1951 wurden die Ruinen beseitigt.
Harmonie (1958–2001)
1958 wurde schließlich eine neue Harmonie mit großem und kleinem Saal, kleineren Versammlungsräumen sowie einem Wirtschaftstrakt erbaut. Das neue Gebäude war wesentlich größer als das alte, da man auch das Grundstück an der Allee 32 überbaute, wo sich zuvor die Goldwarenfabrik von Oskar Herrmann befunden hatte, die an einen anderen Standort in der Innenstadt wechselte. Das Veranstaltungsgebäude wurde am 29. November 1958 mit einem Festakt eingeweiht.[3] Der Stadtgarten wurde am 12. September 1959 eingeweiht.[4]
Der Musikdirektor Dr. Ernst Müller, Gauchormeister Robert Edler, die Humoristen Willy Reichert und Oscar Heiler (Häberle und Pfleiderer), die Sängerin Margot Hielscher und der Schriftsteller Otto Rombach gestalteten die Festlichkeiten.
Der Architekt Kurt Marohn und die Künstler Alfred Bühler, Peter Jakob Schober und Hannelore Bendixen-Busse hatten an der Gestaltung der Heilbronner Festhalle mitgewirkt.
Alfred Bühler gestaltete für ein Künstlerhonorar in Höhe von 4000 DM die Harmoniefassade mit einem Fassadenrelief in Betonguss.[5]
„[…] Alte Fotos dokumentieren, daß das Relief nicht appliziert, sondern gleich bei der Herstellung des Baus, d.h. bei der Verschalung entstanden ist“
Der große Festsaal mit einer gefalteten Decke mit Beleuchtung wurde Theodor Heuss gewidmet und bildete das vorherrschende Bauteil. Peter Jakob Schober fertigte für den großen Saal ein vergoldetes Relief aus Stuck an, das den Heilbronner Stadtadler zeigt.[6] Ein dem Festsaal vorgelagerter einstöckiger Bauteil enthielt einen kleinen Saal, eine Kunstausstellungshalle, eine Gaststätte und ein Foyer, wobei das letztere über die Kassenhalle zu erreichen war. Die Hauptwand des Foyers erhielt von Hannelore Bendixen-Busse eine farbliche Gestaltung und das Foyer wurde mit einer farbig verglasten Rasterwand versehen. Dort befanden sich eingestellte Sitzgruppen.[6]
Die abstrakte Wandgestaltung in Glättespachtel im kleinen Saal war eines der wenigen ungegenständlichen Werke von Peter Jakob Schober.[7] Der kleine Saal hatte eine durchgehende Verglasung hin zum Stadtgarten.
Im umgebenden Stadtgarten wurden die beiden 1959 geschaffenen Bronzefiguren Kraniche von Hermann Koziol aufgestellt. 1970 wurde unter dem Stadtgarten eine Tiefgarage errichtet.
1964 wurde für Platzkonzerte ein neuer Musikpavillon im Stadtgarten errichtet,[8] nachdem auch beim Vorkriegsbau bereits ein solcher Pavillon bestanden hatte. Der Pavillon wurde nach Entwurfsplänen des Hochbauamtes erbaut, der am 30. Juli 1963 genehmigte Kostenvoranschlag belief sich auf 118.300 DM.[9] Der Pavillon wurde nach 2000 kaum noch genutzt und 2009 abgerissen.[10]
Ab 1968 dienten die Proberäume des Gesangvereins Liederkranz in der Harmonie als Spielstätte der privaten Theaterinitiative theater 68. Nach deren Ende bezog 1969 das dem Theater Heilbronn angeschlossene Kleine Theater die Studiobühne. Dem Wunsch des Theater-Verwaltungsrats folgend sollten dort insbesondere Provokationsstücke sowie szenische Avantgarde und Stücke mit heikler Thematik aufgeführt werden. Das erste von der Kleinen Bühne in der Harmonie aufgeführte Stück war im März 1970 Autobus S von Raymond Queneau. Der kleine Raum fasste nur etwa 50 Zuschauer, von denen jeweils etwa 60 bis 70 Prozent Schüler waren. Der Studiobetrieb wurde einige Jahre aufrechterhalten und im März 1977 eingestellt.[11]
Die Harmonie diente außerdem auch zehn Jahre lang als Sporthalle für prominente Spitzensportler und beheimatete die größte Veranstaltung des Unterländer Sports, die Stimme-Sportschau.
- Kraniche von Hermann Koziol (1959) im Stadtgarten
- Brunnen im Stadtgarten
- Der 2009 abgerissene Musikpavillon (2007)
Umbau der Harmonie (1999–2001)
Die Zürcher Architekten Mohl und Rodriguez haben die Festhalle Harmonie von 1999 bis 2001 zu einem zeitgemäßen Konzert- und Kongresszentrum in seiner heutigen Form ausgebaut. Die Kosten dafür beliefen sich auf 18,4 Mio. €.[12]
Die farbig verglaste Rasterwand des Foyers wurde entfernt und mit einer Glaswand versehen. Dem Foyer vorgelagert wurde eine Terrasse, die auf einem Podest errichtet wurde und über eine Treppe zu erreichen ist. Die Terrasse, die Treppen und das Foyer werden abends akzentvoll beleuchtet, erhalten dadurch eine Bühnenwirkung und laden derart zum Besuch der Harmonie ein.
Anbau der Kunsthalle Vogelmann (2009–10)
In den Jahren 2009 bis 2010 wurde nach Plänen der bereits für den vorigen Umbau verantwortlich zeichnenden Zürcher Architekten im Norden der Harmonie die dreigeschossige Kunsthalle Vogelmann an den Gebäudekomplex angebaut. Die Baukosten beliefen sich auf rund 5,6 Mio. €. Die Kunsthalle wird vom Heilbronner Kunstverein und den Städtischen Museen Heilbronn betrieben und verfügt über insgesamt rund 800 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Ihren Namen erhielt die Kunsthalle nach der Ernst Franz Vogelmann Stiftung, die sich mit einer Spende in Höhe von 1 Mio. € an den Baukosten beteiligt hat.
Eröffnet wurde die Kunsthalle am 2. Oktober 2010 mit der Ausstellung „Beuys für alle! Auflagenobjekte und Multiples“, in der rund achtzig Multiples von Joseph Beuys aus der Sammlung der Ernst Franz Vogelmann-Stiftung gezeigt wurden, die diese im Jahr 2007 als Dauerleihgabe für die Stadt Heilbronn erworben hat.[13]
Kontroverse um den Hotelneubau auf dem Stadtgarten
Auf dem Stadtgarten wurde ein knapp 40 m hohes und 10-stöckiges Hotel gebaut. Der Bebauungsplanentwurf stammt von dem Architekturbüro Aescht & Berthold Architekten Berlin. Die Neubau-Pläne wurden vor Buabgeinn von Gottfried May-Stürmer, dem Vorsitzenden beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), dem Landesnaturschutzverband (LNV) und dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) abgelehnt. Die Naturschutzorganisationen führen verschiedene Gründe an: Der Stadtgarten sei „eine Fläche, die als grüne Lunge der Innenstadt“[14] wirke. Der Bau des „ massiven Hotelgebäudes“[14] beeinträchtige eine „für die Belüftung der Innenstadt wichtige Kaltluftbahn“.[14] Dazu komme der hohe Verlust des zahlreichen Baumbestands im städtischen Park.[15]
- Stadtgarten 2010, Ostseite
- Stadtgarten 2010, Südseite
Beschreibung
Der Theodor-Heuss-Saal verfügt über 2000 Sitzplätze. Der Wilhelm-Maybach-Saal ist unterteilbar und verfügt über 700 Sitzplätze. Außerdem gibt es in der Harmonie weitere Tagungs- und Veranstaltungsräume. Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn verfügt in der Harmonie über Probe- und Verwaltungsgebäude. Im Rahmen des Umbaus wurde ein neues Kundenzentrum der Stadtwerke Heilbronn realisiert, ebenfalls findet sich hier seit 2001 die Leitstelle der Verkehrsbetriebe für den städtischen Busverkehr und die im gleichen Zeitraum eröffnete Heilbronner Stadtbahn.[12]
Der Stadtgarten schließt südlich und östlich an die Harmonie an. Dort steht die Friedensstele aus geschweißten Corten-Stahlbändern, gefertigt von Erwin Wortelkamp (1984). Eine Inschrift unten am Sockel der Stele zitiert ein Gedicht von Volker von Törne: Das Unbegreifliche kann ich mit Händen / Greifen, verbissen in des Himmels Bläue / Schlage ich Wurzeln / im Wind.[16] Die Stele ist 8,9 m hoch und stand ehemals auf dem Vorplatz der Harmonie an der Allee, bis sie an den verglasten östlichen Teil der Festhalle umgesetzt wurde.[17]
Einzelnachweise
- Christhard Schrenk (Hrsg.): Heilbronn in frühen Farbfotografien. Heilbronn 2008, S. 90/91.
- Geschichte 1817–1949 nach Ilse Fischer: Stätten der Geselligkeit in und um Heilbronn. In: Historischer Verein Heilbronn. 20. Veröffentlichung. Heilbronn 1951.
- Einweihung der Harmonie. In: Uwe Jacobi: Das war das 20. Jahrhundert in Heilbronn. Wartberg, Heilbronn 2001, ISBN 3-86134-703-2, S. 62.
- Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn. Geschichte und Leben einer Stadt. 2. Auflage. Konrad, Weißenhorn 1973, ISBN 3-87437-062-3, S. 108, Nr. 324 „Kraniche“ im Stadtgarten 1959.
- Andreas Pfeiffer (Hrsg.): Heilbronn und die Kunst der 50er Jahre. Das Kunstgeschehen der 50er Jahre in Heilbronn. Situationen aus Alltag, Verkehr und Architektur im Heilbronn der 50er Jahre. Harwalik, Reutlingen 1993, ISBN 3-921638-43-7 (Heilbronner Museumskatalog, 43. Reihe Städtische Galerie). S. 95, Abb. 127, Abb. 128; S. 96.
- Andreas Pfeiffer (Hrsg.): Heilbronn und die Kunst der 50er Jahre. Das Kunstgeschehen der 50er Jahre in Heilbronn. Situationen aus Alltag, Verkehr und Architektur im Heilbronn der 50er Jahre. Harwalik, Reutlingen 1993, ISBN 3-921638-43-7 (Heilbronner Museumskatalog, 43. Reihe Städtische Galerie). S. 36, Abb. 33–35.
- Andreas Pfeiffer (Hrsg.): Heilbronn und die Kunst der 50er Jahre. Das Kunstgeschehen der 50er Jahre in Heilbronn. Situationen aus Alltag, Verkehr und Architektur im Heilbronn der 50er Jahre. Harwalik, Reutlingen 1993, ISBN 3-921638-43-7 (Heilbronner Museumskatalog, 43. Reihe Städtische Galerie). S. 102 und S. 103, Abb. 138.
- kaf: Um die Musikmuschel im Park ist es still geworden. In: Heilbronner Stimme. 29. Juli 2006 (bei stimme.de [abgerufen am 9. Oktober 2021]).
- Städtische Bauvorhaben, Stadt Heilbronn 1963, S. 24.
- Kilian Krauth: Was an der Harmonie so alles passiert. In: Heilbronner Stimme. 5. Mai 2009 (bei stimme.de [abgerufen am 9. Oktober 2021]).
- Werner Föll: Chronik der Stadt Heilbronn. Band X: 1970–1974. Stadtarchiv Heilbronn, Heilbronn 1999, ISBN 3-928990-68-3, S. XLVIII ff. (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn. Band 38).
- Imagebroschüre des Hochbauamts der Stadt Heilbronn von ca. 2004
- Kunsthalle Vogelmann (Memento vom 2. Januar 2011 im Internet Archive)
- Kilian Krauth: Geplantes Hotel. In: Heilbronner Stimme. 5. Mai 2017 (bei stimme.de [abgerufen am 5. Mai 2017]).
- Iris Baars-Werner: Dass Bäume aus dem Stadtgarten für das Bauvorhaben fallen müssen, war einer der Streitpunkte. In: Heilbronner Stimme. 14. Februar 2017 (bei stimme.de [abgerufen am 14. Februar 2017]).
- Entnommen dem Titel Zeit der Märchen. In: Volker von Törne: Kopfüberhals. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 1979, ISBN 3-8031-0098-4, S. 68.
- Gabriele Holthuis: Skulpturenstadt Heilbronn. Heilbronn 1996.