Kleinkastell Becheln
Das Kleinkastell Becheln war ein römisches Kastell des Obergermanischen Limes, der im Jahre 2005 den Status des UNESCO-Weltkulturerbes erlangte. Das heute nicht mehr sichtbare Bodendenkmal befindet sich in den Wäldern zwischen den heutigen Ortsgemeinden Becheln und Schweighausen, die zum rheinland-pfälzischen Rhein-Lahn-Kreis gehören.
Kleinkastell Becheln | |
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Limes | ORL NN (RLK) |
Strecke (RLK) | Obergermanischer Limes, Strecke 2 (Lahn-Aar) |
Typ | Kleinkastell |
Einheit | unbekannte Vexillatio |
Größe | 22,10 m x 23,60 m = 0,05 ha |
Bauweise | Stein |
Erhaltungszustand | nicht sichtbares Bodendenkmal |
Ort | Becheln und Schweighausen |
Geographische Lage | 50° 17′ 11,8″ N, 7° 44′ 18,2″ O |
Höhe | 396 m ü. NHN |
Vorhergehend | Kleinkastell „Auf der Schanz“ (nördlich) |
Anschließend | ORL 5: Kastell Hunzel (südöstlich) |
Lage
Das Kleinkastell Becheln liegt etwa anderthalb Kilometer südöstlich von Becheln und etwa einen Kilometer nordwestlich von Schweighausen, unmittelbar nördlich der Kreisstraße 8, welche die beiden Orte miteinander verbindet. Es befindet sich auf etwa 396 Höhenmetern in einem zum Bechelner Wald gehörenden Waldstück.
Befunde
Das Kleinkastell Becheln wurde 1905 von Robert Bodewig (1875–1923), dem örtlichen Streckenkommissar der Reichs-Limeskommission, entdeckt und archäologisch ausgegraben. Bei dem ehemaligen Militärlager handelt es sich um ein Steinkastell mit einem annähernd quadratischen Grundriss von 22,10 × 23,60 Metern, was einer nutzbaren Fläche von rund 0,05 Hektar entspricht. Die Wehrmauer war an den Ecken abgerundet. Sie besaß auf der nach Nordosten, zum Pfahlgraben weisenden Seite eine Mauerstärke von einem Meter, gegenüber 85 bis 90 Zentimetern an allen übrigen Seiten. Die Fortifikation war vollkommen turmlos. Mit ihrem einzigen Tor – einem einfachen Durchlass von 2,50 Metern Breite – orientierte sie sich nach Nordwesten hin. Umgeben war das Lager von einem einfachen Spitzgraben, der aufgrund seiner geringen Tiefe wohl weniger als Annäherungshindernis denn als Entwässerungsrinne gedient haben dürfte. Heute ist von der Anlage nichts mehr im Gelände sichtbar.
An die Innenseiten der südwestlichen und der nordöstlichen Umfassungsmauer sind jeweils zwei Quermauern angesetzt. Die nordöstlichen Quermauern sind 90 Zentimeter stark, 2,80 Meter lang und 3,20 Meter voneinander entfernt. Zwischen ihnen ist die Wehrmauer durch einen nach innengerichteten Sockelvorsprung verstärkt. Diese Konstruktion wiederholte sich an der Südwestseite. Hier waren jedoch zum Zeitpunkt der Ausgrabungen die Befunde schon erheblich gestört. Die Quermauern waren drei Meter lang und 3,25 Meter voneinander entfernt, die Mauerstärke betrug vermutlich nur 30 Zentimeter. Die Funktion der beiden Konstruktionen ist ungeklärt.
Über die Einheit, von der das Kleinkastell belegt wurde, ist nichts bekannt. Es dürfte sich um die Vexillatio (Detachement) – in der Stärke von ein, maximal zwei Zenturien – einer größeren Auxiliareinheit gehandelt haben.
Limesverlauf zwischen dem Kleinkastell Becheln und dem Kastell Hunzel
Der am besten erhaltene Abschnitt dieser Strecke befindet sich zwischen den Wachtürmen WP 2/12 und WP 2/14 innerhalb eines ausgedehnten prähistorischen Grabhügelfeldes.
ORL[1] | Name/Ort | Beschreibung/Zustand |
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KK[2] | Kleinkastell Becheln | siehe oben |
Wp 2/8[3] | „Auf dem Grauen Stein“ | Der annähernd quadratische Hof mit den Seitenlängen von 16,45 × 16,84 Metern war von einer 1,25 Meter mächtigen Mauer aus Bruchsteinen und Lehmmörtel eingefasst. An seiner Nordecke stand – aus der Mauerflucht vorspringend – ein quadratischer Eckturm, der bei einer Seitenlänge von 4,35 Metern über einen Meter starke Mauern verfügte. Die Ummauerung des Hofes ließ an der Nordostseite einen 2,50 Meter breiten Eingang frei, der zum Limes hin wies. Im Zentrum des Hofes, leicht nach Nordosten, zum Eingang hin verschoben, befand sich der eigentliche, quadratische Wachturm, der bei einer Seitenlänge von 5,60 Metern 0,75 Meter starke Mauern besaß. Die Wachturmkonstruktion ist in ihrer Art am obergermanischen Limes einzigartig.[5] Unmittelbar vor dem Eingangsbereich waren Wall und Graben, nicht jedoch die Palisade, auf einer Breite von etwa 9,50 Metern unterbrochen. Eine ältere Holzturmstelle – unmittelbar nordwestlich des Steinbauwerks, von dessen Hofmauer teilweise überlagert – wurde in einer Nachuntersuchung des Jahres 1899 unter der Leitung von Wilhelm Soldan (1842–1905) eingehender erforscht.[6] Die Holzturmstelle konnte aufgrund ihrer Pfostensetzungen und der sie umgebenden Ringgräben identifiziert werden. Da die Gräben nicht konzentrisch zueinander lagen, sondern sich teilweise überlagerten, sowie aufgrund der Anzahl und der unterschiedlichen Beschaffenheit der Pfostenlöcher kann mit Sicherheit die Existenz von zwei verschiedenen, zeitlich allerdings nicht konkret datierbaren Bauphasen angenommen werden. Die Türme an dieser Stelle waren hervorragend positioniert, gewährten sie doch eine weit reichende Rundumsicht im Allgemeinen und eine Aussicht bis zu den Kastellen von Holzhausen und Marienfels im Besonderen. |
Wp 2/9 | Aufgrund der Entfernung zwischen Wp 2/8 und Wp 2/10 sowie der topographischen Gegebenheiten vermutet,[7] aber nicht nachgewiesen. | |
Wp 2/10 | „Am Winkel“ | Etwa acht Meter nordwestlich des Steinturms befand sich die ältere Holzturmstelle,[9] an der ein zweiphasiges Bauwerk nachgewiesen werden konnte. In beiden Phasen war der jeweilige Holzturm von einem Ringgraben umgeben. Der äußere Graben wird zum Teil vom Limeswall überlagert. |
Wp 2/11 | „Bei Dörstheck“ | |
Wp 2/12 | ||
Wp 2/13 | „An der Hardt“ | Sichtbare Grabungsspuren an einem bei den 1898er Untersuchungen festgestellten Steinturmhügel.[12] Die damaligen Grabungsaktivitäten waren durch die Beschaffenheit des Geländes, insbesondere durch die dichte Bewaldung, sehr erschwert. Der Turm befand sich in 25 Metern Abstand vom Wallgraben, der an dieser Stelle eine Unterbrechung von 7,35 Meter Länge aufwies. Die Palisade war nicht unterbrochen. Der Turm wurde nur partiell ergraben, um seine Existenz und das Steinmauerwerk nachzuweisen. Größenangaben liegen daher nicht vor. Ebenfalls konnte ein hölzerner Vorgängerturm nicht mit Sicherheit festgestellt werden, wohl hingegen eine Grablegung, deren Beigabe in Form einer Lanzenspitze auf den Bestattungsplatz eines Soldaten hinweist. |
Wp 2/14 | „In der Wolfskaut“ | |
Wp 2/15 | „Auf dem Mehlacker“ | Nicht mehr sichtbare Turmstelle[14] knapp außerhalb der Gerätehalle eines landwirtschaftlichen Betriebes. Bereits zur Zeit der Reichs-Limeskommission war der Fundplatz durch Steinraub stark gestört. Ein Steinturm konnte aufgrund weniger noch erhaltener Fundamentsteine und des Fundamentsgrabens nachgewiesen, aber seine Abmessungen nicht mehr genauer bestimmt werden. Der Abstand des Turmes von der Sohle des Wallgrabens, der an dieser Stelle vermutlich nicht unterbrochen war, betrug ungefähr zwölf Meter. Die Suche nach einem hölzernen Vorgängerbau verlief ergebnislos. |
Wp 2/15a | Vermutete,[15] aber archäologisch nicht nachgewiesene Turmstelle. Wahrscheinlich wurden die zu erwartenden Befunde durch Bodenerosion in dem steilen Hanggelände abgetragen. | |
Wp 2/16 | Nur durch die Häufigkeit von Streufunden einigermaßen einzugrenzende Stelle[16] an einem Platz, an dem der Limesgraben unterbrochen war. Der vermutete Turm wurde vermutlich durch Steinraub der Bewohner des nahe gelegenen Dorfes Berg völlig abgetragen. | |
Wp 2/17 | „Auf dem Nack“ | |
Wp 2/18 | „Auf dem Kuckucksberg“ | Unmittelbar nordwestlich des Steinturms und im Osten vom Wallgraben partiell überschnitten befand sich eine komplexe, mehrphasige Holzturmstelle.[19] Hier konnten die Pfostensetzung von zwei Türmen, zwei dazugehörige Ringgräben sowie ein annähernd rechteckiger Graben differenziert werden. Dem inneren, kleineren Turm, dessen Pfostenabstände eine Seitenlänge von etwa 2,30 Meter bei einer Pfostenstärke von 23 bis 25 Zentimetern vermuten ließen, wurde der innere Ringraben zugeordnet, der bei einer Breite von drei Metern eine Tiefe von über 1,60 Metern erreichte und – von Grabenmitte zu Grabenmitte – einen Durchmesser von rund 12 Metern besaß. Für den zweiten, äußeren Holzturm, dessen Pfosten deutlich stärker gewesen sein müssen, wurde eine Seitenlänge von fast fünf Metern angenommen. Ihm wurde der äußere Ringgraben zugeordnet, der einen Durchmesser von fast 20 Metern besaß. Überschnitten wurden diese Befunde von einem rechteckigen Graben mit sechs bis sieben Metern Seitenlänge. Das reichliche und gut differenzierbare Brandschuttvorkommen spricht für ein Ende beider Holztürme durch Feuer. |
ORL 5[20] | Kastell Hunzel | siehe Hauptartikel Kastell Hunzel |
Denkmalschutz
Das Kleinkastell Becheln und die erwähnten Bodendenkmale sind als Abschnitt des Obergermanisch-Rätischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind die Anlagen Kulturdenkmale nach dem Denkmalschutz- und -pflegegesetz (DSchG)[21] des Landes Rheinland-Pfalz. Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind genehmigungspflichtig, Zufallsfunde an die Denkmalbehörden zu melden.
Literatur
- Dietwulf Baatz: Der Römische Limes. Archäologische Ausflüge zwischen Rhein und Donau. 4. Auflage, Gebr. Mann, Berlin 2000, ISBN 3-7861-2347-0
- Ernst Fabricius, Felix Hettner, Oscar von Sarwey (Hrsg.): Der obergermanisch-raetische Limes des Roemerreiches. Abteilung A, Band 1: Die Strecken 1 und 2 (1936)
- Christian Fleer: Typisierung und Funktion der Kleinbauten am Limes. In: E. Schallmayer (Hrsg.): Limes Imperii Romani. Beiträge zum Fachkolloquium „Weltkulturerbe Limes“ November 2001 in Lich-Arnsburg. Bad Homburg v. d. H. 2004, ISBN 3-931267-05-9, S. 75–92 (Saalburg-Schriften 6).
- Cliff Alexander Jost: Der römische Limes in Rheinland-Pfalz. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, Koblenz 2003, ISBN 3-929645-07-6, (= Archäologie an Mittelrhein und Mosel, Band 14)
- Margot Klee: Der Limes zwischen Rhein und Main. Theiss, Stuttgart 1989, ISBN 3-8062-0276-1
- Margot Klee: Limes. Strecke 2, WP 2/1–2/34. In: Heinz Cüppers: Die Römer in Rheinland-Pfalz. Lizenzausgabe der Auflage von 1990, Nikol, Hamburg 2002, ISBN 3-933203-60-0, S. 447–449.
Weblinks
- Cliff Alexander Jost: Der römische Limes im Rhein-Lahn-Kreis. (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) auf der offiziellen Webpräsenz des Rhein-Lahn-Kreises
- Manfred und Ursula Braun: Die Römer im Naturpark Nassau (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) auf der offiziellen Webpräsenz des Rhein-Lahn-Kreises
- Der Limes bei Bad Ems auf der Webpräsenz der Deutschen Limesstraße
- Kleinkastell Becheln auf der privaten Limes-Projektseite von Bernd Efinger
Anmerkungen
- ORL = Nummerierung der Limesbauwerke gemäß der Publikation der Reichs-Limeskommission zum Obergermanisch-Rätischen-Limes
- KK = nicht nummeriertes Klein-Kastell
- Wp = Wachposten, Wachturm. Die Ziffer vor dem Schrägstrich bezeichnet den Limesabschnitt, die Ziffer hinter dem Schrägstrich in fortlaufender Nummerierung den jeweiligen Wachturm.
- Karl August von Cohausen: Der römische Grenzwall in Deutschland. Militärische und technische Beschreibung desselben. Kreidel, Wiesbaden 1884. S. 218 f.
- Wp 2/8, Steinturm, bei 50° 17′ 3,7″ N, 7° 44′ 38,44″ O
- Wp 2/8, Holzturm, bei 50° 17′ 4,02″ N, 7° 44′ 38,03″ O
- Wp 2/10 etwa bei 50° 16′ 59,12″ N, 7° 45′ 15,94″ O
- Wp 2/10, Steinturm, bei 50° 16′ 54,52″ N, 7° 45′ 33,99″ O
- Wp 2/10, Holzturm, bei 50° 16′ 54,71″ N, 7° 45′ 33,38″ O
- Wp 2/11, Steinturm, bei 50° 16′ 40,44″ N, 7° 45′ 51,58″ O
- WP 2/12, Steinturm, bei 50° 16′ 23,24″ N, 7° 46′ 15,56″ O
- Wp 2/13, Steinturm, bei 50° 16′ 11,33″ N, 7° 46′ 52,58″ O
- Wp 2/14, Steinturm, bei 50° 15′ 50,02″ N, 7° 47′ 21,6″ O
- Wp 2/15, Steinturm, bei 50° 15′ 29,36″ N, 7° 47′ 42,47″ O
- Wp 2/15a etwa bei 50° 15′ 21,42″ N, 7° 48′ 6,19″ O
- Wp 2/16 etwa bei 50° 15′ 16,08″ N, 7° 48′ 28,29″ O
- Wp 2/17, Steinturm, bei 50° 15′ 9,12″ N, 7° 48′ 55,84″ O
- Wp 2/18, Steinturm, bei 50° 14′ 59,97″ N, 7° 49′ 26,33″ O
- Wp 2/18, Holzturm, bei 50° 15′ 0,22″ N, 7° 49′ 25,27″ O
- ORL XY = fortlaufende Nummerierung der Kastelle des ORL
- DschG bzw. DSchPflG RP