Kläranlage Graz

Die Kläranlage d​er Stadt Graz befindet s​ich in d​er Marktgemeinde Gössendorf südlich d​er Landeshauptstadt Graz i​m österreichischen Bundesland Steiermark. Die derzeit a​uf 500.000 Einwohnerwerte ausgelegte Anlage reinigt s​eit 1979 vollbiologisch d​ie Abwässer v​on Graz s​owie mehrerer Umlandgemeinden. Betrieb u​nd Wartung obliegen d​er Holding Graz.

Faultürme von Südwesten (2016)

Lage und Umgebung

Raababach mit der Kläranlage

Das etwa 14 ha große Areal liegt auf 326 m ü. A. direkt am linken Murufer im zentralen Grazer Feld. Die Anlage befindet sich knapp 2 km südlich der Grazer Stadtgrenze und 8 km außerhalb des Stadtzentrums im Ortsteil Dörfla der Marktgemeinde Gössendorf. Aufgrund der hydrologisch sensiblen Lage an der Grenzstromlinie zum Wasserschongebiet Graz-Feldkirchen sowie im Landschaftsschutzgebiet Murauen (LS 31) müssen sämtliche baulichen Eingriffe überwacht werden. Viele Hausbrunnen der nahegelegenen Siedlungen gehören zum Grundwassereinflussbereich der Anlage, deren Bauwerke bis zu 7 m unter den Grundwasserspiegel reichen.[1] In unmittelbarer Nähe wurde 2012 das Murkraftwerk Gössendorf fertiggestellt.

Geschichte

Entstehung

Der erste Kanalisierungsplan für Graz wurde 1925 erarbeitet und drei Jahre später mit dem Kanalneubau von 22 km verwirklicht. 1928 waren 4000 Gebäude an das Kanalnetz angeschlossen. 1960 hatten bereits mehr als doppelt so viele Häuser einen Anschluss an das 208 km lange Netz.[1] Der Bau einer Kläranlage wurde zunächst 1961 vom Gössendorfer Gemeinderat abgelehnt, später aber doch beschlossen.[2] 1971 begannen die Bauarbeiten, ehe drei Jahre später die mechanische Kläranlage und die Schlammfaulung in Betrieb gingen. 1979 wurde das als „Jahrhundertbauwerk für den Umweltschutz“ bezeichnete Projekt mit der Inbetriebnahme der biologischen Reinigungsstufe abgeschlossen. So konnte die Wasserqualität der Mur flussabwärts von Graz in den folgenden Jahren erheblich verbessert werden. 1980 waren 407 km Kanalnetz und 17.000 Gebäude an die Anlage angeschlossen.[1]

Erster Ausbau

1991 wurden v​ia Emissionsverordnung n​eue Reinigungsvorgaben für Kläranlagen erlassen, d​ie erste Sanierungsmaßnahmen erforderlich machten. Durch d​en intensiven Kanalausbau u​nd Anschluss i​mmer weiterer Einwohner e​rgab sich außerdem d​ie Notwendigkeit e​iner verfahrenstechnischen Umstellung s​owie baulicher Erweiterungen. 1995 bestand d​ie Kläranlage a​us einer Rechenanlage m​it je z​wei Grob- u​nd Feinrechen, e​inem Sandfang, z​wei Vorklärbecken à 5000 m³, s​echs Belebungsbecken m​it einem Gesamtvolumen v​on 14.400 m³, v​ier Nachklärbecken à 5000 m³, z​wei Voreindickern à 450 m³, d​rei Faultürmen à 4000 m³, z​wei Nacheindickern à 900 m³ u​nd vier Siebbandpressen z​ur Schlammentwässerung. Einige dieser Komponenten wurden b​is 1998 saniert u​nd deren Kapazität erhöht.[1]

Im September 1999 startete ein Projekt zur Anpassung an den Stand der Technik. Die Grundlagenerhebung ergab eine Belastung mit 470.000 Einwohnerwerten (EW) und einer bis zu 20 % höheren Schmutzfracht an einzelnen Tagen. Die geringe Erwartung neuer Anschlüsse sowie stagnierende Industriefrachten führten zu einer Bemessungsbelastung von 500.000 EW und einer hydraulischen Belastung von 90.000 m³ pro Tag. In vier Bauphasen wurden bis 2007 unter anderem Mischwasserüberlaufbecken und größere Nachklärbecken errichtet und die Belebungsbecken vergrößert. Ein wesentliches Ziel war die weitere Verringerung des Ammoniumstickstoff-Eintrags in die Mur. Die zusätzliche Belastung von 0,6 mg/l (bei Niedrigwasserführung) konnte durch die Modernisierungsmaßnahmen auf 0,01 mg/l, die Tagesemission von 2 auf 0,1 t gesenkt werden.[1] Insgesamt kostete der Ausbau mit 50 Millionen Euro mehr als vorgesehen.[3] Mit Stand 2008 betrug die Länge des Grazer Kanalnetzes 842 km bei 34.900 angeschlossenen Gebäuden.[4]

Zweiter Ausbau

Die Kläranlage reinigt neben dem Abwasser der Grazer Stadtbevölkerung jenes der Umlandgemeinden Hart bei Graz, Hitzendorf, Kainbach, Raaba-Grambach, Stattegg, Thal und Weinitzen sowie zahlreicher Betriebe.[2] Um dem Wachstum des Ballungsraums gerecht zu werden – allein die Stadt Graz wächst jährlich um etwa 4000 Einwohner – wurde ein weiterer Ausbau nötig, der Austausch und Generalsanierung mittlerweile 20 Jahre alter Anlagenteile und eine Kapazitätenerhöhung um 61 % auf 815.000 EW vorsieht. Außerdem sollen die Sicherheitseinrichtungen modernisiert werden.[5][3]

Voraussichtlicher Baubeginn für das mit 40,5 Millionen Euro veranschlagte Projekt ist im Frühjahr 2020, die geplante Fertigstellung im Herbst 2023.[5] Neben dem Murkraftwerk Graz und dem Zentralen Speicherkanal ist der Ausbau eines von drei Großprojekten der Stadt.

Funktion

Blick vom rechten Murufer auf die Kläranlage Graz-Gössendorf (2016)

Täglich fließen im Schnitt 70.000 bis 75.000 m³, bei Niederschlag bis zu 140.000 m³ gereinigtes Abwasser in die Mur. Im Zuge des Reinigungsprozesses fallen um die 700 m³ Klärschlamm an.[6][5] 2008 hatte die Kläranlage 27 Mitarbeiter.[4]

Die Abwasserreinigung erfolgt typischerweise in drei Stufen. Neben der mechanischen und der biologischen Reinigungsstufe sowie der Schlammbehandlung wird in die Planungen des Ausbaus ab 2020 ein Mikroplastikpartikelfilter als vierte Stufe einbezogen.[7] Für den Phosphatabbau ist die Zugabe von Fällmitteln erforderlich, ansonsten vollzieht sich die Reinigung biologisch.[2]

Ein Großteil des jährlich anfallenden Klärschlamms wird zur Energiegewinnung genutzt. Der Rohschlamm wird in die Faultürme gepumpt, wo er bei rund 37 °C unter Luftabschluss mindestens 25 Tage verbleibt. Im anaeroben Milieu entsteht Methangas, welches, über drei Blockheizkraftwerke verstromt, 75 bis 80 % des Energiebedarfs der Anlage deckt.[2][5] Ein Teil des Schlamms dient im Fernheizkraftwerk Mellach als Ersatzbrennstoff. Die daraus gewonnene Wärmeenergie fließt als Fernwärme zurück nach Graz, wodurch pro Jahr 2500 t Steinkohle und 6000 t Kohlendioxid eingespart werden.[8]

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Einzelnachweise

  1. H. Kainz, G. Maurer & E. Tschaussnig: Planung und Ausbau der Kläranlage Graz. In: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft, 57. Jahrgang, Heft 5/6 (Mai/Juni 2005), S. 63–70, doi:10.1007/BF03169026.
  2. Holding Graz zitiert in: Josef Riegler: Chronik der Marktgemeinde Gössendorf. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage, Marktgemeinde Gössendorf 2017, S. 163–165.
  3. Gerald Winter-Pölsler: 41 Millionen Euro für die Kläranlage neu. In: Kleine Zeitung, Ausgabe vom 16. Mai 2018, S. 26–27.
  4. Kläranlage Graz-Gössendorf – Follow-up-Überprüfung. Rechnungshof, April 2009, abgerufen am 2. Juni 2018.
  5. Karin Hirschmugl: Alles klar mit dem Grazer Abwasser. In: BIG – Die offiziellen Seiten der Stadt Graz, Ausgabe vom April 2018, S. 8–9.
  6. Wir holen aus dem Abwasser das Beste raus. In: derGrazer, Ausgabe vom 8. April 2018, S. 13.
  7. Daniel Windisch: Neue Kläranlage soll Mikroplastik stoppen. In: derGrazer, Ausgabe vom 20. Mai 2018, S. 6. Online, abgerufen am 2. Juni 2018.
  8. Wärme für Graz aus Grazer Abwasser. Holding Graz, abgerufen am 2. Juni 2018.

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