Kemmlitzit
Kemmlitzit ist ein Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“.[1] Es kristallisiert im trigonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung SrAl3[(OH)6|SO4|AsO4][1], ist also chemisch gesehen ein Strontium-Aluminium-Arsenat mit zusätzlichen Sulfat- ([SO4]2−) und Hydroxidionen (OH-).
Kemmlitzit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | SrAl3[(OH)6|SO4|AsO4][1] |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Phosphate, Arsenate und Vanadate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
8.BL.05 (8. Auflage: VII/B.35) 43.04.01.07 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | trigonal |
Kristallklasse; Symbol | ditrigonal-skalenoedrisch; 3 2/m |
Raumgruppe | R3m (Nr. 166) |
Gitterparameter | a = 7,07 Å; c = 16,51 Å[1] |
Formeleinheiten | Z = 3[1] |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | 5,5 |
Dichte (g/cm3) | gemessen: 3,63; berechnet: 3,601[2] |
Spaltbarkeit | schlecht nach {0001}[2] |
Farbe | farblos, graubraun, hellbraun |
Strichfarbe | weiß |
Transparenz | durchsichtig bis durchscheinend |
Glanz | Glasglanz |
Radioaktivität | schwach (243 Bq/g)[3] |
Kristalloptik | |
Brechungsindizes | nω = 1,701 nε = 1,707[4] |
Doppelbrechung | δ = 0,006[4] |
Optischer Charakter | einachsig positiv |
Natürliche Kemmlitzitproben können verschiedene Fremdbeimengungen wie unter anderem Cer und andere Seltenerdmetalle sowie Calcium, Magnesium, Eisen, Silicium und Phosphor enthalten.[3]
Etymologie und Geschichte
Erstmals entdeckt wurde Kemmlitzit in Kemmlitz in Nordsachsen und beschrieben 1969 durch Jaroslav Hak, Zdeněk Johan, M. Kvaček und Werner Liebscher,[5] die das Mineral nach seiner Typlokalität benannten.[6]
Klassifikation
In der veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte Kemmlitzit zur Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Phosphate, mit fremden Anionen F, Cl, O, OH“, wo er zusammen mit Beudantit, Corkit, Gallobeudantit, Hidalgoit, Hinsdalit, Orpheit, Schlossmacherit, Svanbergit und Woodhouseit die „Beudantitgruppe“ mit der System-Nr. VII/B.35 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Kemmlitzit ebenfalls in die Abteilung der „Phosphate usw. mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen und dem Stoffmengenverhältnis der zusätzlichen Anionen (OH usw.) zum Phosphat-, Arsenat- bzw. Vanadatkomplex (RO4), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen und großen Kationen; (OH usw.) : RO4 = 3 : 1“ zu finden ist, wo es zusammen mit Beudantit, Corkit, Gallobeudantit, Hidalgoit, Hinsdalit, Orpheit, Schlossmacherit, Svanbergit, Weilerit und Woodhouseit die „Beudantitgruppe“ mit der System-Nr. 8.BL.05 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Kemmlitzit in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Phosphate“ ein. Hier steht es zusammen mit Beudantit, Corkit, Gallobeudantit, Hidalgoit, Hinsdalit, Orpheit, Svanbergit, Weilerit und Woodhouseit in der Beudantit-Gruppe 43.04.01 innerhalb der Unterabteilung der „Zusammengesetzten Phosphate etc., (Wasserfreie zusammengesetzte Anionen mit Hydroxyl oder Halogen)“.
Kristallstruktur
Kemmlitzit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3m (Raumgruppen-Nr. 166) mit den Gitterparametern a = 7,02 Å und c = 16,51 Å sowie 3 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[1]
Bildung und Fundorte
Die Typlokalität von Kemmlitzit ist eine Kaolingrube beim nordsächsischen Kemmlitz in einem kaolinisierten Quarzporphyrkomplex. Als Begleitminerale traten hier unter anderem Anatas, Apatit, Kaolinit und Zirkon auf.
Neben seiner Typlokalität fand man das Mineral in Deutschland noch in der Grube Louise bei Greimerath im rheinland-pfälzischen Landkreis Trier-Saarburg sowie in einem Kalksteinbruch nahe der Gemeinde Rüdersdorf bei Berlin in Brandenburg.
Der bisher einzige bestätigte Fundort in der Schweiz ist die Grube Falotta in der ehemaligen Gemeinde Tinizong-Rona (heute Surses) im Kanton Graubünden.
Daneben kennt man Kemmlitzit bisher (Stand 2017) nur noch aus Vestřev und Podsedice in der tschechischen Region Böhmen sowie aus der Flambeau Mine bei Ladysmith im Rusk County des US-Bundesstaates Wisconsin.[7]
Siehe auch
Literatur
- J. Hak, Z. Johan, M. Kvacek, W. Liebscher: Kemmlitzite, a new mineral of the woodhouseite group. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1969, S. 201–212.
- Michael Fleischer: New Mineral Names. In: The American Mineralogist. Band 55, Nr. 1–2, 1970, S. 317–323 (minsocam.org [PDF; 531 kB; abgerufen am 3. Juni 2017]).
- Friedrich Klockmann: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. Hrsg.: Paul Ramdohr, Hugo Strunz. 16. Auflage. Enke, Stuttgart 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 604 (Erstausgabe: 1891).
Weblinks
- Mineralienatlas:Kemmlitzit (Wiki)
- Webmineral – Kemmlitzite
- Database of Raman spectroscopy – Kemmlitzite
- Thomas Witzke: Entdeckung von Kemmlizit bei www.strahlen.org
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 462.
- Kemmlitzite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy. Mineralogical Society of America, 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 65 kB]).
- Kemmlitzite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 8. April 2016.
- Kemmlitzite. In: mindat.org. Abgerufen am 12. April 2016.
- Thomas Witzke: Entdecker von Mineralen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (einschließlich erste Erwähnungen und Benennungen). Abgerufen am 3. Juni 2017.
- J. Hak, Z. Johan, M. Kvacek, W. Liebscher: Kemmlitzite, a new mineral of the woodhouseite group. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte. 1969, S. 201–212.
- Fundortliste für Kemmlitzit beim Mineralienatlas und bei Mindat