Kegelit
Kegelit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ mit der chemischen Formel Pb8Al4Si8(SO4)2(CO3)4(OH)8O20.[2][3] Damit ist das Mineral ein Pb-Zn-Al-Silikat mit Sulfat- und Carbonatgruppen, das strukturell zu den Schichtsilikaten gehört.
Kegelit | |
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Allgemeines und Klassifikation | |
Chemische Formel | |
Mineralklasse (und ggf. Abteilung) |
Silikate und Germanate – Schichtsilikate |
System-Nr. nach Strunz und nach Dana |
9.EC.80 (8. Auflage: VIII/H.09) 71.05.01.01 |
Kristallographische Daten | |
Kristallsystem | monoklin |
Kristallklasse; Symbol | monoklin-prismatisch; 2/m, monoklin-domatisch; m oder monoklin-sphenoidisch; 2 |
Raumgruppe | C2/m (Nr. 12) , Cm (Nr. 8) oder C2 (Nr. 5) |
Gitterparameter | a = 21,04 Å; b = 15,55 Å; c = 8,986 Å β = 91,0°[2] |
Formeleinheiten | Z = 3[2] |
Häufige Kristallflächen | {100} |
Physikalische Eigenschaften | |
Mohshärte | keine Angaben |
Dichte (g/cm3) | ≈ 4,5 (gemessen), 4,76 (berechnet)[2] |
Spaltbarkeit | ausgezeichnet nach {100}[2] |
Bruch; Tenazität | keine Angaben; extrem unelastisch biegsam[5] |
Farbe | farblos, perlweiß[5] |
Strichfarbe | weiß[5] |
Transparenz | durchscheinend bis durchsichtig[5][2] |
Glanz | Glasglanz[5] bis Perlmuttglanz[2] |
Kristalloptik | |
Brechungsindex | n = 1,81 (parallel {100}) |
Optischer Charakter | zweiachsig negativ |
Achsenwinkel | 2V = sehr klein[6] |
Weitere Eigenschaften | |
Chemisches Verhalten | unlöslich in warmer HCl, H2SO4 und HNO3[5] |
Kegelit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt überwiegend kugelige Aggregate, filzige Beläge und kompakte Massen aus extrem dünnen, pseudohexagonalen Kriställchen mit – infolge der sehr vollkommenen Spaltbarkeit nach (100) – deutlichem Perlmuttglanz.
Etymologie und Geschichte
Als Entdecker des Kegelits gilt der Mineraliensammler Fritz Kaufmann aus Tsumeb[7], der das Mineral in Tsumeb fand. Die ersten Beschreibungen erfolgten 1975 und 1976 durch Olaf Medenbach und Karl Schmetzer[6][5], die das Mineral nach Friedrich Wilhelm Kegel (1874–1948), Bergwerksdirektor der Tsumeb Mine von 1922 bis 1938, benannten. Die von Kegel aufgebaute große Sammlung von Tsumeb-Mineralen befindet sich heute im National Museum of Natural History (Smithsonian Institution), Washington, D.C. Im Jahre 1990 erfolgte durch Pete J. Dunn, Richard S. W. Braithwaite, Andrew C. Roberts und Robert A. Ramik eine Redefinition des Minerals, das redefinierte Mineral wurde von der 1990 von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt. Typmaterial befindet sich in der Sammlung des National Museum of Natural History (Smithsonian Institution), Washington, D.C. (Katalog-Nr. NMNH 134514, 147460).[3]
Klassifikation
In der mittlerweile veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Kegelit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“, wo er zusammen mit Ferripyrophyllit, Macaulayit, Minnesotait, Pyrophyllit, Talk und Willemseit die eigenständige Pyrophyllit-Talk-Gruppe VIII/H.09 bildete.
Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Kegelit ebenfalls in die Abteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate)“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung der „Schichtsilikate (Phyllosilikate) mit Glimmertafeln, zusammengesetzt aus tetraedrischen oder oktaedrischen Netzen“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 9.EC.80 bildet.
Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Kegelit in die Klasse der „Silikate und Germanate“ und dort in die Abteilung der „Schichtsilikatminerale“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 71.05.01 innerhalb der Unterabteilung „Schichtsilikate: Schichten von sechsgliedrigen Ringen mit anderen Anionen“ zu finden.
Kristallstruktur
Kegelit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem in der Raumgruppe C2/m (Raumgruppen-Nr. 12) , Raumgruppe Cm (Raumgruppen-Nr. 8) oder Raumgruppe C2 (Raumgruppen-Nr. 5) mit den Gitterparametern a = 21,04 Å; b = 15,55 Å; c = 8,986 Å und β = 91,0°; sowie drei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]
Die Struktur von Kegelit weist ein Schichtgitter auf, bei dem in der Einheitszelle kovalente Phyllosilikat-Schichten Zwischenschichten in einer Ionenstruktur bilden, welche der der Leadhillit-Polymorphe ähnelt. Strukturell handelt es sich also um eine Wechsellagerung von Phyllosilikat- und Leadhillit-artigen Strukturen in der Einheitszelle. Kegelit zeigt strukturelle Verwandtschaft mit Surit.[4]
Eigenschaften
Morphologie
Kegelit bildet pseudohexagonale, chloritähnliche, plattige Kriställchen bis zu 30 µm Größe und um 1 µm Dicke, deren tragende Form das Pinakoid (bzw. Pedion) {100} ist. Charakteristischerweise treten die Kristalle zu kugelig-sphärischen bis kartenhausähnlichen Aggregaten zusammen, die mit Hämatit und Mimetesit verwachsen sind. Die Kegelit-Kristalle auf der für die Redefinition des Minerals benutzten Stufe weisen Größen bis zu 0,3 mm auf.[2][5] Die reichste bekannte Stufe wird auf einer Fläche von 8 cm × 5 cm von Kegelit-Kristallen und -Aggregaten bedeckt.[7]
Physikalische und chemische Eigenschaften
Die Aggregate des Kegelits sind farblos bis perlweiß, die Strichfarbe des Kegelits wird ebenfalls als weiß beschrieben. Die durchscheinenden bis durchsichtigen Kristalle sind glasglänzend, insbesondere die größeren Kristalle weisen aufgrund der sehr vollkommenen Spaltbarkeit nach {100} aber Perlmuttglanz auf. Sehr charakteristisch ist die extreme Biegsamkeit der Kristalle, die sich durch ihre Deformation bei jedem Berührungskontakt bemerkbar macht. Die Mohshärte des Minerals ist unbekannt, die berechnete Dichte liegt bei 4,76 g/cm3.
Kegelit ist weder in warmer HCl noch in warmer H2SO4 oder warmer HNO3 löslich.[5]
Bildung und Fundorte
Kegelit bildet sich sekundär und findet sich in der Oxidationszone von polymetallischen Erzlagerstätten. Begleitminerale an der Typlokalität sind Quarz, Galenit, Siderit, Mimetesit, Hämatit, Leadhillit, Anglesit, Fleischerit, Melanotekit und Alamosit, wobei die Vergesellschaftung mit Melanotekit und Alamosit besonders typisch ist.
Als seltene Mineralbildung wurde Kegelit bisher nur an wenigen Fundorten nachgewiesen, wobei bisher (Stand 2016) nur vier Fundorte bekannt sind.[8] Als Typlokalität gilt die weltberühmte Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte der „Tsumeb Mine“ (Tsumcorp Mine) in Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia. Weitere Fundorte sind die „Minge Mine“ (Minge blygruve) bei Tune, Sarpsborg, Østfold, Norwegen, die „Old Glencrieff Vein“, Wanlockhead, Dumfries and Galloway, Schottland, Vereinigtes Königreich, und das derzeit intensiv explorierte „Greives Siding Prospekt“ im Zeehan-Mineralfeld, Distrikt Zeehan, Tasmanien, Australien.[9]
Verwendung
Mit einem PbO-Gehalt von rund 61 Gew.-%[3] wäre Kegelit ein reiches Bleierz. Aufgrund seiner extremen Seltenheit ist das Mineral jedoch ausschließlich für Sammler interessant.
Siehe auch
Literatur
- Kegelite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF, 70,7 kB)
Weblinks
Einzelnachweise
- Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 675.
- Pete J. Dunn, Richard S. W. Braithwaite, Andrew C. Roberts und Robert A. Ramik (1990): Kegelite from Tsumeb, Namibia: A redefinition. In: American Mineralogist, Band 75, 702–704 (PDF, 605kB).
- Kegelite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF 70,7 kB)
- Richard S. W. Braithwaite (1991): Kegelite: infrared spectroscopy and a structural hypothesis. In: Mineralogical Magazine, Band 55, 127–134 (PDF, 433 kB).
- Olaf Medenbach und Karl Schmetzer (1976): Kegelit - ein neues Bleisilikat von Tsumeb. In: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Monatshefte, Band 1976, 110–114.
- Olaf Medenbach und Karl Schmetzer (1975): Kegelit, ein neues Bleisilikat. In: Naturwissenschaften, Band 62, 137.
- Georg Gebhard: Tsumeb. 1. Auflage. GG Publishing, Grossenseifen 1999, S. 322.
- Mindat - Anzahl der Fundorte für Kegelit
- Fundortliste für Kegelit beim Mineralienatlas und bei Mindat