Karl Adalbert von Lanna
Karl Adalbert (Vojtěch) Ritter von Lanna (* 23. April 1805 in Budweis; † 15. Januar 1866 in Prag) war ein böhmischer Großindustrieller. Lanna war Tischlermeister, Bauunternehmer, Kaiserlich-königlicher Schiffmeister und Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse.
Biographie
Lanna studierte ab 1820 einige Zeit an der Technischen Hochschule in Prag und trat 1823 in das väterliche Geschäft als Schiffmann ein. 1828 übernahm er von seinem Vater die Moldauschifffahrt, bald darauf den Bespannungsdienst bei der Linz-Budweiser Pferdeeisenbahn und in der Folge den Bau von Straßen, Eisenbahnen und Brücken, unter anderem der von Friedrich Schnirch entworfenen großen Kettenbrücke in Prag.
Lanna hatte großen Anteil an der Gründung der Kladnoer Schwerindustrie um 1850 und am Entstehen zahlreicher Eisenbahnlinien in Böhmen, Mähren und Schlesien. Sein Lieblingsprojekt, die Kaiser-Franz-Josephs-Bahn, kam dank seinem tatkräftigen Wirken nach seinem Tode zur Verwirklichung. Vielfach geehrt und ausgezeichnet wurde seine Witwe 1868 nobilitiert.
Unter seinem Sohn Adalbert Freiherr von Lanna (1836–1909) entwickelte sich die Firma, welche jahrzehntelang die meisten Eisenbahnbauten und Flussregulierungen in Böhmen ausführte, zu einem der bedeutendsten Industrieunternehmungen in Österreich.
Lanna wurde als Ritter des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse in den erblichen Ritterstand erhoben und war Mitglied des österreichischen Herrenhauses. Zwischen 1839 und 1854 besaß Lanna das Gut Poříčí.
Lanna, ein großer Förderer von Kunst und Kunstgewerbe, besaß sehr wertvolle Kunstsammlungen, welche nahezu vollständig die Entwicklung des gesamten Kunstgewerbes und der Kleinkunst von der frühesten Zeit bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts zeigten.
Lebenswerk
Lanna wirkte auch als Eisenbahnpionier und war am Bau der Pferdeeisenbahn Budweis–Linz–Gmunden sowie an der Gründung der Kaiser-Franz-Josefs-Bahn gemeinsam unter einem Konsortium deutschböhmischer Adeliger, wie dem Fürsten von Schwarzenberg und dem Grafen von Czernin, beteiligt.
Die Bewegungskraft der technischen Revolution in Kladno und in der Umgebung wurde die Entdeckung und Entfaltung der Steinkohleförderung und Eisenproduktion. Bedeutend war der Fund der Steinkohle von Jan Vana im Gebiet Drin im Jahre 1846. Dieser Fund lockte nach Kladno bedeutende Persönlichkeiten der damaligen Industrie, an der Spitze mit dem Industriellen Lanna aus Budweis. Dieser gründete mit seinen Gesellschaftern, den Gebrüdern Klein, die Steinkohleberggewerkschaft im Jahre 1848, die in den folgenden Jahrzehnten viele neue Förderfelder in Kladno und seiner Umgebung öffnete.
Als Erbauer (1847–1848) der Kettenbrücke in Podolsko an der Landstraße von Tábor nach Písek über die Moldau war er in der Nähe. 1960 wurde die Brücke im Zuge des Baus der Orlík-Talsperre demontiert und eingelagert. Nach Aufbau in Stádlec wurde die Brücke am 25. Mai 1975 wiedereröffnet und ersetzt nun eine Fähre über die Lainsitz.
Lanna und die Gebrüder Klein erbauten im Jahre 1854 mit der Adalberthütte auch die zweite Säule der Montanindustrie von Kladno, das Eisenhüttenwesen, und im Jahre 1857 gründeten sie die Prager Eisenindustrie-Gesellschaft.
Gedenken
Seine zahlreichen Freunde und Verehrer setzten ihm ein würdiges Denkmal in einem von Professor Pönninger in Wien modellierten, überlebensgroßen Standbild aus Bronzeguss, dessen Sockel Andeutungen an seinen Lebensgang, ebenfalls in Bronze ausgeführt, schmücken. Dieses auf einem öffentlichen Platz in seiner Vaterstadt Budweis errichtete Denkmal wurde am 25. Mai 1879 feierlich in Anwesenheit der Kinder und Enkel des Verewigten, des Fürsten Schwarzenberg, der Geistlichkeit und Behörden, vieler Gäste und einer großen Volksmenge enthüllt. Das Lanna-Denkmal wurde im Jahre 1993 erneuert. Seinen Namen trägt auch die hier beginnende Geschäftsstraße.
Lanna hatte die wohl bedeutendste Sammlung kunsthistorischer Gegenstände (Bücher, Glas uvm.). Er gründete und unterstützte mehrere Museen. Nach dem Tod seines Sohnes Adalbert Franz Josef Freiherr von Lanna wurde die Sammlung versteigert und befindet sich heute in Museen verteilt in der ganzen Welt (Paris, New York usw.).
Lannas Sohn Adalbert Freiherr von Lanna legte 1872 Planung, Entwurf und Ausstattung seines neuen Anwesens (eines von vielen) in die Hände des Architekten Gustav Gugitz, der an der Entstehung der bedeutenden Wiener Ringstraßenarchitektur, insbesondere dem Bau der Wiener Staatsoper, beteiligt war. Lanna, ein Freund von Josef Rilke, dem Vater des Prager Dichters, vermachte einen großen Teil seiner Sammlung, vor allem seine Glas-Sammlung, dem Prager Kunstgewerbemuseum und wurde dadurch dessen bedeutendster Förderer.
Die Denkmalanlage Villa Lanna in Gmunden ist ein Gesamtkunstwerk des 19. Jahrhunderts, entstanden aus dem Streben nach stilistischer und formaler Einheit von Architektur, Plastik, Malerei, Ornamentik, Kunsthandwerk und Gartenkunst. Nach Vorbild der italienischen Hochrenaissance umgibt ein architektonisch gestalteter Garten auf mehreren Terrassen einen herrschaftlichen Ansitz, sodass eine enge Wechselbeziehung zwischen Architektur und Natur entsteht. Die dem strengen Historismus verpflichtete Villa steht im Mittelpunkt der Gartenanlage. Heute zählt die Villenanlage zu den bedeutendsten des österreichischen Historismus. Nach der bereits 1984 unter Denkmalschutz gestellten Villa folgten 2006 der Gartenpavillon, die Meierei und das Pförtnerhaus sowie die architektonische Gestaltung und Ausstattung der Gartenanlage.
Die Denkmalanlage, bestehend aus der Villa Lanna, dem Gartenpavillon, der Meierei, dem Pförtnerhaus und dem Garten, ist ein markanter architektonischer Akzent in der Landschaft des Salzkammerguts.[1]
Der am 11. Oktober 1994 von M. Tichý entdeckte Asteroid (6928) Lanna (1994 TM3) wurde zum Gedächtnis an den Großindustriellen zu Lanna benannt.
Geschichte
Das im 18. Jahrhundert in Böhmen auftretende Geschlecht stammt aus Oberösterreich und beginnt die Stammreihe mit Simon Lahner, 1704 Hausbesitzer in Wisau, Gemeinde Ebensee, dessen Enkel Thomas sich um 1770 in Böhmen Lanna nennt.[2]
Literatur
- Constantin von Wurzbach: Lanna, Adalbert. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 14. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1865, S. 130–134 (Digitalisat).
- Edmund Schebek: Lanna, Adalbert. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 696–698.
- Versteigerungskataloge seiner Sammlungen in Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus Berlin:
- Katalog 1559: Ausstellung 6. November–8. November 1909, Versteigerung 9. November bis 16. November 1909.: Katalog mit 110 Lichtdrucktafeln; Band 1 von Sammlung des Freiherrn Adalbert von Lanna, Prag
- Sammlung des Freiherrn Adalbert von Lanna Prag/ 2, Katalog Ausstellung 18. März–20. März 1911, Versteigerung 21. März bis 28. März 1911.
- Sammlung des Freiherrn Adalbert von Lanna Prag/ 3, Medaillen und Münzen: Ausstellung Sonnabend, den 13 Mai Sonntag, den 14. Mai Montag, den 15. Mai 1911
- Karl Adalbert Sedlmeyer: Adalbert Lanna. in: Ferdinand Seibt (Hg.): Lebenbilder zur Geschichte der böhmischen Länder Bd. 4. München/Wien 1981, S. 165–189.
- Lenz: Lanna, Adalbert. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 5, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1972, S. 14 f. (Direktlinks auf S. 14, S. 15).
- Rudolf Kropf: Lanna, Adalbert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 618 f. (Digitalisat).
Weblinks
- Adalbert Lanna (Vojtěch). In: encyklopedie.c-budejovice.cz. Stadt Budweis (tschechisch).
Einzelnachweise
- Gesamtkunstwerk Villa Lanna, Gmunden. (Nicht mehr online verfügbar.) BDA Bundesdenkmalamt Österreich, archiviert vom Original am 22. Dezember 2015; abgerufen am 14. Februar 2021.
- Genealogisches Handbuch des Adels