Körperbild
Das Körperbild ist die Vorstellung vom eigenen Körper. Es ist der Teil des Körpererlebens, der formales Wissen, Phantasien, Gedanken, Einstellungen, Bewertungen und Bedeutungszuschreibungen den Körper betreffend beinhaltet. Das Körperbild ist eng verbunden mit dem Selbstbild (Selbstrepäsentanzen), welches die Vorstellungen über die eigene Person enthält.
Begriffsgeschichte
Sigmund Freud schrieb in Das Ich und das Es 1923: „Das Ich ist vor allem ein körperliches, es ist nicht nur ein Oberflächenwesen, sondern selbst die Projektion einer Oberfläche. Wenn man eine anatomische Analogie für dasselbe sucht, kann man es am ehesten mit dem »Gehirnmännchen« der Anatomen identifizieren, das in der Hirnrinde auf dem Kopf steht, ...“ (S. 253).[1] Damit ist zum einen die äußere und innere Oberfläche unseres Körpers gemeint, von der zugleich Signale ausgehen für Wahrnehmungen äußerer und innerer Objekte und Prozesse. Zum anderen wird mit der anatomischen Analogie auf die Areale des somatosensorischen Cortex verwiesen, wo Projektionsbahnen im Gehirn enden, deren somatotopische Anordnung auch mit dem Bild des Homunculus beschrieben wurde. Anfänglich verstand man unter dem „Körperbild“ (englisch body image) ein rein neurologisches Konstrukt. Im Jahre 1908 beschrieb der Prager Neurologe und Psychiater Arnold Pick das Körperbild im Sinne von spezifischen neuronalen Strukturen; so sei das Körperbild als ein „Körperschema“ zu verstehen, welches die neuropsychologische Korrelation der Wahrnehmung vom realen Körper mit der Vorstellung vom eigenen Körper im Raum beinhaltet. Die britischen Neurologen Henry Head und Gordon Holmes befassten sich 1911[2] mit dem Körperbild; 1920 wurde der Ausdruck postural scheme erstmals im Sinne von „Körperschema und Haltungsschema“ verwendet. In der Psychoanalyse war es Paul Schilder, der 1923 den Begriff des Körperbildes als englisch Body Image in seinem Werk The image and appearance of the human body aufnahm und dessen psychosozialen Aspekte beschrieb; sowohl psychische als auch soziokulturelle Einflüsse werden im Körperbild manifest. Schilder erkannte, dass das Körperbild nicht nur von sinnesphysiologischen Bedingungen, sondern auch von der subjektiven Erlebniswirklichkeit des einzelnen Menschen abhängig ist, auf die neben psychischen Zuständen auch soziokulturelle Umstände Einfluss haben.
Definitorische Abgrenzung
Die auf das subjektive Erleben des Körpers oder die Leiblichkeit bezogene phänomenologische Beschreibung kann verschiedene Betrachtungsebenen berücksichtigen. So können unter dem Oberbegriff „Körpererleben“ unterschiedliche Teilaspekte perzeptiver, affektiver und kognitiver Ebene gefasst werden und von einer durch Reflexion dieses Erlebens gewonnenen „Körperbewusstheit“ (englisch body awareness) abgesetzt werden. Allerdings ist bisher für die methodisch unterschiedlichen Zugänge keine gemeinsame Terminologie entwickelt, auf deren Grundlage Fachbegriffe einheitlich verwendet werden. Insbesondere wird der Ausdruck Körperbild in unterschiedlicher Form zur Beschreibung einer Vielzahl von leibbezogenen Phänomen mit verschiedener Bedeutung verwendet – teilweise als Oberbegriff, aber auch in der Beschreibung unterschiedlicher Teilaspekte der Leiberfahrung.
Da sich hieraus nicht unerhebliche Probleme in der definitorischen Abgrenzung zu anderen gebräuchlichen Begriffen wie etwa denen von Körperschema, Körperempfinden, Körpergefühl oder Körper-Ich und weiteren Fachbegriffen ergeben, wurde für den deutschen Sprachraum Anfang der 2000er Jahre ein Vorschlag zur terminologischen Einordnung der verschiedenen Teilaspekte des Körpererlebens erarbeitet. Demnach werden unter dem als Körperbild bezeichneten Begriff die kognitiv bestimmten, den Körper betreffenden mehrdimensionalen Erfahrungs- und Bewertungsaspekte zusammengefasst. Diese Aspekte sind abhängig von sozialen sowie kulturellen Einflüssen und vornehmlich über zwischenmenschliche und biographische Faktoren zu erfassen. Für den Aspekt der Einstellungen und Bewertungen ist außerdem der jeweilige kulturelle Kontext mit den spezifischen körperbezogenen sozialen Umgangsformen und normativen Determinanten wesentlich. Dieses „Körperbild“ (body image) ist somit – anders als es beispielsweise in der psychodynamischen Theorie gesehen wird – mehr als ein bloßes ‚Imago des Körpers‘ oder eine blanke ‚phantasmatische Repräsentation‘, sondern das Ergebnis aller kognitiv-evaluativen Einflüsse auf das Gesamtkörpererleben. Der Definition nach sind dies jene körperbezogenen Kognitionen, die als formales Wissen, Phantasien, Gedanken, Einstellungen, Haltungen, Bewertungen oder Bedeutungszuschreibungen den Körper betreffen. Hiervon unterschieden wird ein „Körper-Ich“ (body ego), das neben leiblicher Identität und Integrität mitsamt Kohärenz, Demarkation und Bestimmtheit der Körpergrenzen auch die Koordination von Zweckbewegungen in Handlungssituationen umfasst. Daneben werden körperbezogene Perzeptionen und Emotionen gesondert gefasst mit den – ebenfalls an englischsprachige Literatur eng angelehnten – Begriffen von „Körperschema“ (body schema) und „Körperperzept“ (body percept) beziehungsweise von „Körper-Kathexis“ (body cathexis).[3]
Literatur
- Frank Röhricht u. a.: Konsensuspapier zur terminologischen Abgrenzung von Teilaspekten des Körpererlebens in Forschung und Praxis. In: Psychotherapie Psychosomatik Medizinische Psychologie. 3. Januar 2005, S. 183–190. PMID 15800812, doi:10.1055/s-2004-834551 (online).
Einzelnachweise
- S. Freud: Das Ich und das Es im Projekt Gutenberg.
- Henry Head, Gordon Holmes: Sensory disturbances from cerebral lesions. In: Brain. Nr. 34, 1911, S. 102–254.
- Vgl. Konsensuspapier zur terminologischen Abgrenzung auf ResearchGate.