Julius Heinrich Friedrich Wurmbach jr.
Julius Heinrich Friedrich Wurmbach jr. (* 19. Mai 1860 in Lohe, heute zu Hilchenbach, Siegerland; † Oktober 1926 in Berlin-Dahlem) war ein deutscher Fabrikant und Kommunalpolitiker in Frankfurt am Main.
Eltern
Sein Vater war Julius Wurmbach, königlich preußischer Kommerzienrat und Fabrikant und seine Mutter Charlotte Meinhard (* 3. Januar 1839 in Siegen; † 1. Mai 1878 in Bockenheim).
Wurmbachs Vater war bereits von 1861 bis 1871 an der Nieverner Hütte bei Bad Ems mit großem Eigenkapital beteiligt und auch dort im Management mit tätig. 1871 verkaufte er seine Beteiligung. 1872 gründete er die Eisengießerei, Ofen- und Herdfabrik Julius Wurmbach in Bockenheim, ab 1895 eingemeindet und damit Stadtteil von Frankfurt am Main. Die Stubenöfen werden heute antiquarisch gehandelt. Die Fabrik lieferte auch schwere Pfannen und Kessel für chemische Fabriken. Später firmierte sie als Bockenheimer Eisengießerei und Maschinenfabrik GmbH, Solmsstraße 83.
Privates
Am 22. Mai 1909 heiratete er im Alter von 49 Jahren in Berlin die 13 Jahre jüngere Witwe Wally Ernestine Clare Mügelin (* 7. Juli 1873 in Posen, verwitwete Oberlt. Pfitzner).
In Schmargendorf, im Südwesten Berlins, ließ er sich 1912 vom Berliner Architekten Richard Walter in der Pücklerstraße 14 (⊙ ) die Villa Wurmbach im Reformstil der damaligen Zeit, inspiriert von der britischen Landhausarchitektur, errichten.
Der Erste Weltkrieg und die Deutsche Inflation 1914 bis 1923 führten bei seinem ererbten Unternehmen in Frankfurt-Bockenheim und damit auch bei ihm zu großen wirtschaftlichen Verlusten. Im Oktober 1926 erschoss Wurmbach in seiner Villa zunächst einen nahen Verwandten und beging danach in wirtschaftlicher Not Suizid.[1]
Die folgenden Besitzer waren der jüdische Kunstperlenproduzent Hugo Heymann (1881–1938), der 1933 kurz nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten die Villa weit unter Wert an den NS-affinen Verleger Waldemar Gerber (1888–1968) verkaufte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wohnte hier der AEG-Manager Hans Constantin Boden, den in dieser Villa unter anderem Konrad Adenauer mehrfach besuchte. 1962 veranlasste Adenauer den Kauf der Villa Wurmbach durch die Bundesrepublik als Gästehaus, das dann vorwiegend den Bundeskanzlern bei ihren Berliner Aufenthalten als Unterkunft diente.
1998 erfolgte eine millionenteuere Renovierung der Villa Wurmbach. Von 1999 bis 2001 war sie Wohnsitz des Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Seit 2004 war sie Wohnsitz der Bundespräsidenten Horst Köhler, Christian Wulff, Joachim Gauck und Frank-Walter Steinmeier.[2][3][4][5]
Berufliche Entwicklung
Wurmbach übernahm die väterliche Firma Ofen- und Herdfabrik Julius Wurmbach in Bockenheim und war 1908 mit seinen rund 190 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber.
Die Bockenheimer Sozialdemokraten bezeichneten 1906 vor der anliegenden Kommunalwahl ihren Gegenkandidaten Wurmbach als „Repräsentanten des alten Reichstums“ in Bockenheim sowie als „Mischmasch-Kandidaten“. Besonders kritisierten sie Wurmbach, dass er ungenügende Löhne zahle, keine Interessenvertretung der Arbeiter in seinem Betrieb dulde, auf einer Arbeitszeit von zehn Stunden täglich bestehe und verantwortlich für die miserablen sanitären Verhältnisse in seinem Betrieb sei.
Literatur
- Hell aus dem dunklen Vergangenen: Bockenheimer Sozialdemokraten 1863-1933, Stüblig, Rainer, dipa-Verlag, 1985, ISBN 3-7638-0417-X
- Wurmbach Julius, Vizebürgermeister, 1831-1901; ISG Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main, Sammlung Personalgeschichte, S2
Weblinks
- Julius Wurmbach und die Nieverner Hütte
- Denkschrift des Vorstands des Vereins für Handel und Industrie, u. a. von J.Wurmbach jr. 1895 (PDF; 899 kB)
- Gusseisenofen von Wurmbach
- Straßenansicht der Villa Wurmbach in der Pücklerstraße 14
- Das dunkle Erbe der Präsidentenvilla in der Pücklerstraße 14
- Streit um Historie der Präsidentenvilla Wurmbach in der Pücklerstraße 14
Einzelnachweise
- Liechtensteiner Nachrichten Nr. 87, 13. Jahrgang, 27. Oktober 1926. Link (4. Spalte mittig, siehe "Ausland")
- Franziska von Mutius: Köhler zieht in Dienstvilla des Bundeskanzlers (Villa von Julius Wurmbach jr. in Berlin, Pücklerstraße). In: Die Welt, 1. Juni 2004
- Eva Schweitzer: Gerhard Schröder wohnt nicht mehr im Hotel „Four Seasons“, sondern an der Pücklerstraße in Dahlem (Villa von Julius Wurmbach jr. in Berlin-Dahlem). In: Der Tagesspiegel, 13. September 1999
- Der neue Bundespräsident zieht nach Dahlem. In: Berliner Zeitung, 10. März 2004
- Dienstvilla des Bundespräsidenten in Berlin-Dahlem, www.bundespraesident.de