Josef von Arimathäa
Josef von Arimathäa oder Joseph von Arimathia war, nach allen vier kanonischen Evangelien, ein reicher Jude und wahrscheinlich ein Mitglied des Sanhedrins, des altjüdischen Gerichts in Jerusalem. Arimathäa ist der gräzisierte Name seines Herkunftsorts Ramathaim.
Weitere bekannte Namensformen sind:
- Joseph d’Abarimacie/Abarmacie im Perlesvaus
- Joseph von Armathia bei Johannis Glastoniensis
- Joseph de Berimathie bei Robert de Boron
Vita
Bibel
Josef wurde zum Jünger Jesu. Aus Furcht vor seinen Mitbürgern hielt er dies geheim (Joh 19,38 ). Nach der Kreuzigung Jesu bat er laut Bericht des Neuen Testaments den römischen Statthalter Pontius Pilatus um den Körper, um ihn in sein eigentlich für sich selbst bestimmtes Felsengrab zu legen (Mt 27,57–60 ; Mk 15,43–46 ; Lk 23,50–54 ; Joh 19,38–42 ).
Josef hatte bereits vorsorglich ein eigenes Grab für sich ausgesucht. Es lag in der Nähe der Kreuzigungsstätte Golgota, hier wurde Jesus beigesetzt, von wo er, dem Bibelbericht zufolge, als Erlöser am dritten Tag nach seinem Tod auferstand.
Überlieferung
Nach einer Legende sammelte Josef von Arimathäa bei der Kreuzigung das Blut Christi in einem Kelch. Das Blut stammte der Legende zufolge aus der Seitenwunde, die der römische Hauptmann Longinus Jesus mit der Heiligen Lanze zugefügt hatte. Dazu verwendete Josef den Kelch vom letzten Abendmahl.
Die apokryphen Acta Pilati (5. Jahrhundert) schreiben die Geschichte des Josef von Arimathäa fort. Als der Leichnam Jesu nach der Auferstehung aus dem Grab verschwunden war, wurde Josef von Arimathäa verhaftet, des Raubes des Leichnams beschuldigt und zu 40 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Kerker erschien ihm Christus, übergab ihm den Kelch des Abendmahls Jesu und bestimmte Josef von Arimathäa zum Hüter. Der heilige Josef soll nur wegen der Kraft des Kelches den Kerker überlebt haben. Jeden Tag kam eine Taube und legte ein Stück Brot darauf.
Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis soll der greise Josef seiner Heimat den Rücken gekehrt haben. Danach soll Josef (oder sein Schwager Bron mit seinem Sohn Alan) den Gral nach England gebracht und dort eine Kapelle in Glastonbury in Somerset, errichtet haben. Diese brannte 1184 ab und wurde durch den Bau der Abtei von Glastonbury ersetzt. Heinrich VIII. zerstörte diese Abtei im Jahre 1539, weshalb von ihr nur noch Ruinen erhalten sind.
Die Gralslegende berichtet außerdem, dass Josef von Arimathäa bei seiner Ankunft in Glastonbury seinen Wanderstab in die Erde gesteckt habe. Dieser trieb aus und es wuchs ein Dornbusch daraus. Jahrhundertelang soll der in der kleinen Kirche zweimal im Jahr, zur Weihnachts- und zur Osterzeit, geblüht haben. Traditionell wird der Glastonbury Thorn für den aus dem Stab des heiligen Josef von Arimathäa gewachsenen Dornbusch angesehen. Dass der Busch zweimal im Jahr blüht, ist für Weißdornbüsche sehr ungewöhnlich.
Nach einer anderen Legende soll Josef den Gral am Fuße des Glastonbury Tor vergraben haben. An dieser Stelle sei dann die eisenhaltige Quelle Chalice Well („Quelle des Kelches“) entstanden; die rötliche Farbe des Wassers wird mit dem Blut Christi in Verbindung gebracht. Der Kelch wurde in zahlreichen Legenden als Heiliger Gral zum Gegenstand der Suche vieler Ritter. In einer dieser Überlieferungen ist es Galahad vergönnt, den Gral zu schauen, den ihm in einer Erscheinung der heilige Josef von Arimathäa überreichte.
Grab
Der Überlieferung zufolge befindet sich das Grab des hl. Josef von Arimathäa in Jerusalem in der westlichen Apsis der Rotunde der Grabeskirche.
Familie
Die Schwester von Josef, Veronica, mulier Veronica war nach Robert de Boron die Mutter des Fischerkönigs.
Verehrung und Rezeption
Gedenktag
- katholisch: 31. August
- evangelisch: 31. Juli (Lutheran Church – Missouri Synod)
- orthodox: 31. Juli, dritter Sonntag der Osterzeit (Sonntag der Myrrheträger)
- armenisch: 25. Oktober, 9. April; liturgische Feier am 6. Montag nach dem Kreuzerhöhungssonntag; 16. Oktober (Übertragung der Reliquien von Akko/Ptolemais nach Jerusalem)
Ikonographie und Bildende Kunst
Die Kreuzabnahme, von der die Evangelien nur sehr knapp berichten, ist innerhalb der Bildenden Kunst immer wieder aufgegriffen worden. Schon die frühe mittelalterliche Buchmalerei kennt viele Beispiele. Häufig ist auf diesen Darstellungen gezeigt, wie die Nägel, mit denen Christus ans Kreuz geschlagen war, schon entfernt sind und er herabsinkt in die Arme des ihn auffangenden Josef von Arimathia. Diese Darstellungen zeigen häufig eine Dreifigurenkomposition bestehend aus Christus, Josef von Arimathia und Nikodemus. Byzantinische Tafelbilder zeigen auch Maria und den Apostel Johannes während dieser Szene. Eine der beeindruckendsten Darstellungen einer Kreuzabnahme ist die von Rogier van der Weyden aus der Zeit um 1435. Auf diesem Mittelteil eines Triptychons zeigt die Kreuzabnahme den bärtigen Josef von Arimathia, wie er den Leichnam Christi in einem weißen Tuch umfangen hält.
Film und Literatur
Zefirellis Film Jesus von Nazareth orientiert sich an der biblischen Rolle Josef von Arimathäas. In den Filmen The Gathering und The Da Vinci Code – Sakrileg wird auf die Legende von der Errichtung der ersten Kirche in England durch Josef von Arimathäa Bezug genommen. Im Film Die Passion Christi von Mel Gibson agiert Josef von Arimathäa als Fürsprecher Jesu Christi im Sanhedrin. Weiter wird Josef von Arimathäa im Film Indiana Jones und der letzte Kreuzzug als erster Eigentümer des Grals erwähnt, ebenso im Monty-Python-Film Die Ritter der Kokosnuß.
In der Kurzgeschichte Der Meister von Oscar Wilde begegnet Josef von Arimäthäa einem Jüngling, der dieselben Werke wie Jesus getan hat und nun darunter leidet, nicht wie dieser gekreuzigt worden zu sein.
Weblinks
Literatur
- Dick Harrison: Verräter, Hure, Gralshüter: Judas Iskariot, Maria Magdalena, Pontius Pilatus, Josef von Arimathä – Geschichten und Legenden. Patmos-Verlag, 2007, ISBN 978-3491725157
- William A. Nitze: Glastonbury and the Holy Grail. In: Modern Philology. Bd. 1, Nr. 2, 1903, ISSN 0026-8232, S. 247–257.