Johann Andreas Schubert
Johann Andreas Schubert (* 19. März 1808 in Wernesgrün; † 6. Oktober 1870 in Dresden) war ein deutscher Ingenieurwissenschaftler, Unternehmer, Professor für Maschinenbau und Bauingenieurwesen und Direktor der Technischen Bildungsanstalt Dresden. Er ist der Schöpfer der Göltzschtalbrücke.
Leben
Schubert, Sohn eines Tagelöhners, wuchs bei Pflegeeltern in Leipzig auf. Pflegevater war der Leipziger Polizeipräsident Ludwig Ehrenfried von Rackel. Deshalb begann er seine Schulausbildung an der Thomasschule zu Leipzig, die er nach dem Tod des Pflegevaters an der Garnisonsschule Festung Königstein und im Freimaurerinstitut Dresden-Friedrichstadt fortsetzte.
Ab 1824 studierte er Bauwesen (Baumeister, Architektur) an der Bauschule der Akademie der bildenden Künste zu Dresden. Während seines Studiums lernte er als Volontär in der Werkstatt des Ingenieurs und Inspektors des Mathematisch-Physikalischen Salons Rudolf Sigismund Blochmann die handwerkliche Seite des Maschinenbaus kennen.
1828 erhielt er im Alter von 20 Jahren eine Anstellung als Lehrer für Buchhaltung und zweiter Lehrer für Mathematik an der gerade gegründeten „Königlich-Technischen Bildungsanstalt Dresden“, der Vorgängerin der TU Dresden mit Sitz im Brühlschen Gartenpavillon. 1832 wurde Schubert zum Professor berufen. Seine Lehrfächer waren nun auch der Maschinenbau und der Eisenbahnbau. Sein Wissen auf diesem Gebiet erweiterte insbesondere eine Englandreise 1834. Er war der erste Lehrer der mathematischen und technischen Wissenschaften an der Technischen Bildungsanstalt Dresden und zugleich Lehrer der mathematischen Wissenschaften an der Bauschule der Akademie der bildenden Künste zu Dresden.
1836 erfolgte die Gründung der Maschinenbau-Anstalt Übigau, deren technischer Direktor und Vorsitzender des Direktoriums Schubert wurde. Im gleichen Jahr war er Mitbegründer der Sächsischen Elbe-Dampfschifffahrts-Gesellschaft. Im Jahr 1837 wurde in Übigau die Königin Maria fertiggestellt, zu dieser Zeit das erste Dampfschiff auf der Oberelbe; ein Jahr später folgte der Dampfer Prinz Albert. Beide Dampfschiffe waren Konstruktionen Schuberts. Bei der Eröffnung der ersten deutschen Fern-Eisenbahnstrecke zwischen Leipzig und Dresden am 8. April 1839 fuhr Schubert mit der von ihm 1837 bis 1839 konstruierten, ersten funktionstüchtigen in Deutschland entwickelten und gebauten Dampflokomotive „Saxonia“ hinter dem offiziellen Zug her – dieser wurde von zwei englischen Loks angetrieben. Der wirtschaftliche Erfolg stellte sich für ihn nicht ein. 1839 kündigte Schubert seinen Vertrag beim Actien-Maschinenbau-Verein und wurde wieder Hochschullehrer.
Aber auch hier erwarteten ihn Probleme. Bei der Berufung des Direktors der Bildungsanstalt 1843 wurde ihm der Berliner August Seebeck vorgezogen. Nach dessen Tod 1849 wurde Schubert kommissarischer Direktor, aber schon 1850 durch Julius Ambrosius Hülße ersetzt. Von 1850 an vollzog Schubert einen Lehrgebietswechsel hin zum Bauingenieurwesen, namentlich zum Straßen-, Eisenbahn- und Brückenbau. 1851 wurde er Vorstand der Bauingenieurabteilung der Schule.
Besondere Verdienste erwarb sich Schubert beim Bau der Elstertal- und der Göltzschtalbrücke. Für letztere war ein Wettbewerb ausgeschrieben worden. Von den 81 eingegangenen Vorschlägen konnte keiner die statische Sicherheit nachweisen. Schubert war Leiter der Prüfungskommission. Er entwarf daraufhin unter Berücksichtigung seiner Erfahrungen mit statischen Berechnungen selbst eine Lösungsmöglichkeit und verwendete dabei auch einzelne Anregungen aus den eingegangenen Vorschlägen. Seine Berechnung erfolgte auf der Grundlage der neuen, mathematisch begründeten Stützlinientheorie. Damit wurde die Brücke die erste statisch berechnete der Welt. Sie ist mit über 26 Millionen Ziegelsteinen auch die größte Ziegelsteinbrücke der Welt.
1859 hatte Schubert das Ritterkreuz des Sächsischen Verdienstordens erhalten. Im Jahr 1869 schied er aus dem Hochschuldienst aus und wurde zum Regierungsrat ernannt.
Schubert war zweimal verheiratet. Seiner ersten Ehe mit Laura Florentine, geb. Dennhardt (1809–1851), entstammten ein Sohn und eine Tochter, der zweiten mit Sophie, geb. Eben (1825–1900), vier Töchter. Am 6. Oktober 1870 verstarb er in Dresden. Sein Grab befindet sich auf dem Inneren Matthäusfriedhof in der Friedrichstraße.
Ehrungen
- Zu seinen Ehren trägt ein Gebäude der TU Dresden in der Dresdner Südvorstadt den Namen Andreas-Schubert-Bau.
- Aus Anlass seines 200. Geburtstags veranstaltete die TU Dresden im Juli 2008 eine akademische Festveranstaltung und einen öffentlichen Schubert-Tag.[1]
- Sowohl 1985 als auch 2008 erschienen Briefmarken zu Ehren Schuberts bzw. seiner Leistung.
- An seinem Geburtshaus in Wernesgrün erinnert eine Gedenktafel an ihn.[2]
Varia
- „Brücken-Vater“ Johann Andreas Schubert war bei Sachsens Regierenden in Ungnade gefallen: Er wurde zur Einweihung der Göltzschtalbrücke am 15. Juli 1851 nicht eingeladen, seine Verdienste an dem Bauwerk verschwiegen. Grund dafür war Schuberts öffentliche Unterstützung 1848 für die französischen Februar-Revolutionäre. Mit dem Ende des Aufstands wurde er von allen seinen Aufgaben entbunden. Erst 1958 wurde er rehabilitiert.[3]
Werke
- Handbuch der Mechanik für Praktiker, oder: Die Grundlehren der Mechanik auf die Konstruktion der Maschinen und auf die Baukunst bezogen, Arnoldische Buchhandlung Dresden, 1832;
- Elemente der Maschinenlehre: Vom Materiale der Maschinentheile und deren Construction [ ... ], 2 Bde., 1842/44, Reprint Nabu Press 2011, ISBN 978-1-270-83299-7
- Theorie der Konstruktion steinerner Bogenbrücken, 2 Bde., 1847/48;
- Beitrag zur Berichtigung der Theorie der Turbinen, 1850, Reprint Nabu Press 2011, ISBN 978-1-179-84695-8
Literatur
- Arthur Weichold: Johann Andreas Schubert. Lebensbild eines bedeutenden Hochschullehrers und Ingenieurs aus der Zeit der industriellen Revolution, Leipzig Urania 1961
- Thomas Hänseroth, Klaus Mauersberger: Schubert, Andreas. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 606 f. (Digitalisat).
- Manfred Bachmann (Hrsg.): Prof. Johann Andreas Schubert – Wissenschaftler und Konstrukteur. In: Kleine Chronik großer Meister – Erzgebirger, auf die wir stolz sind. Teil 1, Druckerei und Verlag Mike Rockstroh, Aue 2000, S. 43–46
- Klaus Mauersberger: Schubert und Reuleaux – ein verpasster Paradigmenwechsel? – Zum 200. Geburtstag von Johann Andreas Schubert (1808–1870). In: Stahlbau 77. Jg. (2008), H. 12, S. 880–892.
- Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium, Berlin: Ernst & Sohn 2018, S. 68f., S. 79, S. 466 und S. 997, ISBN 978-3-433-03229-9.
- Klaus Mauersberger: Johann Andreas Schubert − Ein Lehrer für die Praxis. Hrsg.: Landesverein Sächsischer Heimatschutz e.V.:. Mitteilungen des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e.V. 1/2015, 2015, ISSN 0941-1151 (S. 26–32).
Weblinks
- Klaus Mauersberger: Schubert, Johann Andreas. In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie.
- Wolfgang Knape: Der Erbauer der Göltzschtalbrücke auf Deutschlandradio Kultur
Einzelnachweise
- TU Dresden: 200. Geburtstag von Andreas Schubert (Memento vom 14. März 2010 im Internet Archive)
- Foto in der Deutschen Fotothek
- Antje Ullrich: Vor 175 Jahren begann der Bau der Göltzschtalbrücke – Auf diesen Koloss zählt man noch heute, S. 12–13 in: Morgenpost am Sonntag Dresden, 13. Juni 2021; Quelle: Vorlage