Jochen Distelmeyer
Jochen Distelmeyer (* 24. Juli 1967 in Bielefeld) ist ein deutscher Musiker. Besondere Bekanntheit erwarb er als Kopf der Band Blumfeld.
Karriere
Aufgewachsen ist Distelmeyer in Brake (Bielefeld), er ist der ältere Bruder des Filmkritikers Jan Distelmeyer. 1986 las er in einem Artikel der Spex erstmals über die Szene um das Bad Salzufler Label Fast Weltweit und schloss sich ihr 1987 an. Mit seiner Band Die Bienenjäger veröffentlichte er dort erstmals Beiträge auf Cassetten-Samplern.[2] 1988 absolvierte er seinen Zivildienst in Hamburg,[3] wo er 1990 mit Andre Rattay (Schlagzeug) und Eike Bohlken (Bass) die Band Blumfeld gründete, bei der er nicht nur sang und Gitarre spielte, sondern auch den Großteil der Songs textete. 1991 erschien die erste Single „Ghettowelt“ auf Alfred Hilsbergs Label ZickZack, die sogleich im Spex Single des Monats – und etwas später auch des Jahres – wurde.[4][5]
Im selben Jahr nahm die Band die LP Ich-Maschine auf, die euphorische Reaktionen bei der Presse hervorrief. Als Reaktion auf die Pogrome gegen Ausländer in Rostock-Lichtenhagen und Mölln Ende 1992 drängte Jochen Distelmeyer im Hamburger Freundeskreis auf politische Aktion.[6] Nachdem auch Die Goldenen Zitronen bei einer Tour durch Ostdeutschland angegriffen worden waren, wurde der Hamburger „Wohlfahrtsausschuss“ als Initiative gegen Neofaschismus gegründet.[7][8]
Zu dieser Zeit erschien das zweite Album L'État et moi, das von der Kritik hochgelobt wurde und den endgültigen Durchbruch Blumfelds bedeutete. Wurde auf Ich-Maschine noch „unglückliches persönliches Bewusstsein .. ausgestellt und dekonstruiert“, gab es hier „ein konkretes Gegenüber, mit dem sich das Ich auseinandersetzt […]: Staat, Geld, gesellschaftliche und persönliche Strukturen“[9]. Die von Distelmeyer verfassten Texte lösten eine langjährige, auch akademische Exegese aus und wurden von Schriftstellern wie Durs Grünbein rezipiert[10].
Vor dem letzten Blumfeld-Album Verbotene Früchte (2006) wurde Distelmeyer Vater eines Sohnes.[11] Nach der Auflösung von Blumfeld 2007 begann er eine Solokarriere. 2009 erschien sein erstes Soloalbum Heavy, zu dem Distelmeyer wieder auf Tour ging. Als erste Single erschien Lass uns Liebe sein, gefolgt von der EP Regen.[12]
2015 veröffentlichte Distelmeyer den Roman Otis, der von der Literaturkritik überwiegend negativ aufgenommen wurde.[13][14][15] Laut Heinz Strunk hatte sich Distelmeyer einem Lektorat verweigert.[16]
2016 erschien Distelmeyers zweites Soloalbum Songs from the Bottom, Vol. 1, auf dem sich ausschließlich englischsprachige Coverversionen befinden.[17]
Diskografie
Alben
- Heavy (2009)
- Einfach so – live (Livealbum, 2010)
- Songs from the Bottom, Vol. 1 (2016)
- Coming Home (2019) (von J.D. zusammengestellte Compilation anderer Künstler)
Singles
- Lass uns Liebe sein (2009)
- Regen EP (2010)
Sonstige Veröffentlichungen
- 1988: V.A.: Fast Weltweit präsentiert: Jetzt!... Die Sterne... Der Fremde... Die Bienenjäger... Die Time Twisters... Bernadette Hengst (Der „Rote“ Cassetten-Sampler Nr. 1), Fast Weltweit
- 1988: V.A.: Fast Weltweit präsentiert: Jetzt!... Die Sterne... Der Fremde... Die Bienenjäger... Die Time Twisters... Bernadette Hengst (Der „Blaue“ Cassetten-Sampler Nr. 2), Fast Weltweit
Quellen
- Chartquellen: Deutschland / Österreich
- Die Bienenjäger bei discogs
- Walter Gödden: Do it yourself! In: Stadt.Land.Pop – Popmusik zwischen westfälischer Provinz und Hamburger Schule, Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Bd. 34, 2008, S. 112–131, ISBN 978-3-89528-708-4.
- Spex-Artikel zur Single des Monats (Memento des Originals vom 12. August 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Artikel in der indiepedia zur Ich-Maschine
- Björn Fischer: Die Lyrik der späten Hamburger Schule (1992–1999), 2007, S. 12, ISBN 3-638-86695-5.
- Wohlfahrtsausschüsse (Hg.): Etwas Besseres als die Nation – Texte und Materialien zur Abwehr des gegenrevolutionären Übels, Edition ID-Archiv, 1994, ISBN 3-89408-038-8.
- Grothe, Nicole: InnenStadtAktion, Kunst oder Politik?, S. 124 (Google books, abgerufen am 18. Juli 2009)
- Walter Gödden: Eine Geschichte mit Blumfeld In: Stadt.Land.Pop – Popmusik zwischen westfälischer Provinz und Hamburger Schule, Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Bd. 34, 2008, S. 229–245, ISBN 978-3-89528-708-4.
- Stadt.Land.Pop- - Das Projekt In: Stadt.Land.Pop – Popmusik zwischen westfälischer Provinz und Hamburger Schule, Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen, Bd. 34, 2008, S. 12, ISBN 978-3-89528-708-4.
- Dandyhaftes Genuschel. Abgerufen am 25. April 2019.
- Diskographie bei Discogs
- Jan Wiele: Antiken-Carpaccio mit Seelensalat, in: FAZ, 31. Januar 2015, S. 12.
- Zusammenfassung der Kritik bei Perlentaucher
- Das Trommeln der Ahnungslosen in: Die Zeit Online.
- Frederic Schwilden: Wenn man Heinz Strunk beim Sichärgern zuschaut. Abgerufen am 25. April 2019.
- jochendistelmeyer.de, Album-Unterseite, abgerufen am 5. Januar 2016.
Weblinks
- Offizielle Website
- Eintrag bei indiepedia.de
- Interview zu Heavy bei youtube.de
- Jochen Distelmeyer bei Discogs
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Jochen Distelmeyer bei perlentaucher.de