Jim Humble
Jim Humble (auch „Bishop James Vern Humble“) (* Dezember 1933 in Mobile, Alabama) ist ein US-amerikanischer Geschäftsmann, angeblicher Wunderheiler, Autor und Verschwörungstheoretiker.
Lebenslauf
Seine Arbeit in der Gesundheitsbranche begann Humble in den 1950er Jahren in einem Bioladen in Los Angeles. Danach ging er für 20 Jahre in die Luft- und Raumfahrtindustrie. Dort habe er die erste computergesteuerte Maschine in den USA angeschlossen, und soll außerdem im Versuchslabor ein Mondfahrzeug repariert haben.
Er behauptet 40 Jahre lang Goldgräber gewesen zu sein. Etwa im Jahr 1990 ging er in die Goldabbau-Industrie bzw. Goldminen. In dieser Zeit habe er fünf Bücher über die Förderung von Gold und die verschiedenen Arten des Goldwaschens geschrieben.
Humble hat laut eigener Aussage über 30 Bücher geschrieben und mehr als 200 erfolgreiche Produkte erfunden. Beispielsweise will er den ersten automatischen Garagentoröffner erfunden haben, einen neuen Hubschrauber und eine alchemistische Methode zur Senkung der Atomstrahlung auf Null. Er beschäftigt sich auch mit solchen okkulten Heilmethoden wie der „animalische Magnetismus“.
Humble war fünfundzwanzig Jahre lang Mitglied der Scientology (ca. 1956–1981).[1] 2010 gründete er die Sekte Genesis II, Church of Health & Healing (Zweite Schöpfung, Kirche für Gesundheit und Heilung) und bezeichnet sich seitdem als „Erzbischof James Vern Humble“. Außerdem behauptet er, einer von fünf außerirdischen, milliardenalten Götter der Andromedagalaxie zu sein.[2] Gemäß Humble habe er eine „Weltraumnavy“ (space navy) gefragt, ob er auf die Erde dürfe, um der Menschheit zu helfen.[2] Allgemein erzählt er viele Geschichten über Aliens, die ihm ein geheimes Wissen implantiert haben sollen.[1]
2016 lebte Humble in Guadalajara in Mexiko, nachdem er zuvor einige Jahre in der Dominikanischen Republik gelebt hatte.[3]
Humble war zweimal verheiratet. Er hat zwei Söhne und eine Tochter. Seine Tochter Paris Humble-Chavez ist aktive Scientologin und verbreitete ein Audio-Buch ihres Vaters über das angebliche Wunderheilmittel MMS.
Initiator von MMS
Humble ersann für eine chlordioxidhaltigen Lösung den Namen Miracle Mineral Supplement (MMS), wodurch es als vermeintliches Wundermittel ausgewiesen wird, das auf Humbles Homepage als angebliches Heilmittel gegen zahlreiche Krankheiten beworben wird.
1996 will er nach eigenen Angaben auf seiner Website als Goldgräber in den tropischen Regenwäldern Südamerikas unterwegs gewesen sein. Im Dschungel von Guyana heilte er angeblich mit einem Wasseraufreinigungsmittel auf Natriumchlorit-Basis einige Männer von Malaria.[4][5] Als seine weiteren Behandlungen verboten wurden, ging er in die USA zurück, wo er mit ätzenden Chlordioxidlösungen experimentierte, die er Mitte der 2000er Jahre als „MMS“ vermarktete: Miracle Mineral Supplement oder Solution – deutsch „Wunder-Mineralergänzung“. Humble weitete das Heilsversprechen später auf alle bekannten Krankheiten aus.
MMS entsteht durch das Vermischen von Natriumchlorit mit Citronensäure. MMS ist also eigentlich Chlordioxid, was auch als Textilbleichmittel eingesetzt wird. Die Chemikalien wirken ätzend, was Erbrechen bis zu schweren Nierenfunktionsstörungen nach sich ziehen kann. 2009 starb die US-Amerikanerin Silvia Fink während ihrer Hochzeitsreise nach der Einnahme eines MMS-Mittels.[6]
Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass es keine einzige wissenschaftliche Studie gibt, die irgendeine positive Wirkung von MMS belegt.[7] Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) warnte 2010 vor MMS und riet allen Anwendern, sofort eine mögliche Behandlung abzubrechen; und Ende Februar 2015 stufte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zwei MMS-Produkte als zulassungspflichtig und bedenklich ein und warnte vor deren Einnahme.[8][9][10] Die Deutsche Apothekerzeitung berichtete über MMS auch in deutschen Online-Medikamenten-Shops. Gleichzeitig beklagte die Publikation, dass die rechtliche Grundlage für Deutschland im Falle von gefährlichen Wundermitteln wie die MMS-Produkte fehle.[11] Die Präparate wurden mittlerweile in vielen weiteren Ländern als gesundheitsschädlich verboten.
Die Bundesregierung der USA reichte 2020 wegen des Vertriebs von MMS eine Strafanzeige gegen Mitglieder einer Familie aus Florida ein, die der in Florida ansässigen Genesis II Church of Health and Healing angehörten,[4] und verurteilten sie 2021 wegen betrügerischem Marketing und Verkaufs von MMS.[12]
Titelverkäufer
In der Dominikanischen Republik bietet Humble MMS-Kurse und den Kauf von Phantasietiteln an. Für einen hohen Dollarbetrag bietet Humble jedem Interessenten an, sich mittels eines Kurses zum „Minister of Health“ ausbilden zu lassen und anschließend hinter seinem Namen „MH“ setzen zu dürfen. Als Mitglied von Humbles Kirche darf ein Interessent zusätzlich vor seinem Namen „Rev“ anfügen: also ein Priester (englisch The Reverend).
Im weiteren Angebot soll im Rahmen des Kurses „Genesis II Mission to Haiti“ kranke Menschen mit MMS in Haiti behandelt werden. Nach mindestens drei Tagen und der Zahlung eines vierstelligen Dollarbetrages erhalten die Kursabsolventen einen Doktortitel und ein MMS-Zertifikat. Fälschlich wird versprochen, anschließend den Titel „Rev. Dr.“ legal vor dem Namen führen zu dürfen. Besondere Mitglieder sollen Bischöfe der Schein-Kirche Genesis II werden können.
In Deutschland
Das Internetportal Spirit of Health und die gleichnamige Zeitschrift für den deutschsprachigen MMS-Markt werden vom Humble Verlag in Roermond (Niederlande) bedient. Der Verlag organisiert die jährliche Konferenz „Spirit of Health“, auf der das Wunderheilmittel MMS beworben wird.[13]
Zu den wichtigsten Werbern und Vermarktern von MMS in Deutschland gehören der Autor und angebliche Wunderheiler Andreas Ludwig Kalcker, der Verlagschef und Autor Leo Koehof (1958–2019) und der angebliche Wunderheiler Bernd Klein alias Leonard Coldwell. Nach Recherchen des RBB empfahl Kalcker bei einem kostenpflichtigen „Beratungsgespräch“ einer vermeintlichen Darmkrebspatientin eine Hinhaltetaktik, um eine Operation hinauszuzögern und stattdessen die Krankheit mit MMS zu behandeln.[14] Die Staatsanwaltschaft in Argentinien ermittelt gegen Kalcker, nachdem von Vergiftungen und sogar Todesfällen nach Einnahme der Chlorbleiche berichtet wurden.[15]
Veröffentlichungen
- Jim Humble: MMS – Der Durchbruch. Ein einfaches Mineralpräparat wirkt wahre Wunder bei Malaria, Aids und vielen anderen Krankheiten. Kopp Verlag, ISBN 978-3981409871, 210 Seiten.
- Jim Humble: MMS klinisch getestet. Jim Humble Verlag, ISBN 978-9088790720.
Weblinks
- Tom Porter: Parents are making their children drink bleach to 'cure' them of autism, Newsweek, 28. Januar 2018
- Grace Macaskill: Desperate parents forcing kids to drink bleach as autistic children become victims of sick US cult, Daily Mirror, 27. Januar 2018
- Craig Malisow: Here's Why Authorities Want to Stop the Sale of Jim Humble's Miracle Cure, Houston Press, 1. November 2016
- Mai Thi Nguyen-Kim: MMS ist GIFT! Wirklich. auf YouTube, 24. März 2019
- MMS gegen Corona, Krebs & Co.: Die Versprechen der Wunderheiler*innen, STRG_F, 20. Oktober 2020
- Oleg Merkel: Erkrankt an Gesundheit, 22. April 2021
Belege
- Oleg Merkel: Erkrankt an Gesundheit. 3.1. Lebenslauf. Abgerufen am 2. November 2017.
- Science Cops: Akte MMS: Die Lügen vom heilenden Chlor-Bleichmittel. In: WDR/Quarks. 14. Oktober 2021, abgerufen am 1. Januar 2022 (ab 04:50).
- Craig Malisow: Here's Why Authorities Want to Stop the Sale of Jim Humble's Miracle Cure. In: houstonpress.com. 1. November 2016, abgerufen am 21. Mai 2021.
- Ryan Felton: Why Did It Take a Pandemic for the FDA to Crack Down on a Bogus Bleach 'Miracle' Cure?, consumerreports.org, 8. Juli 2020
- Science Cops: Akte MMS: Die Lügen vom heilenden Chlor-Bleichmittel. In: WDR/Quarks. 14. Oktober 2021, abgerufen am 1. Januar 2022 (ab 06:50).
- Hanno Böck: Chlorbleiche soll Wunder bewirken. In: die Tageszeitung. 26. November 2016, abgerufen am 26. Oktober 2016 (2021-04-25).
- Miracle Mineral Supplement (MMS): Erhebliche Gesundheitsgefahr. Abgerufen am 25. April 2021.
- BfR rät von der Einnahme des Produkts „Miracle Mineral Supplement“ („MMS“) ab. 2. Juli 2012, abgerufen am 22. April 2021.
- BfArM warnt vor der Anwendung von „Miracle Mineral Supplement“ als Arzneimittel. (Nicht mehr online verfügbar.) 30. Mai 2014, archiviert vom Original am 25. März 2020; abgerufen am 25. April 2021. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte stuft zwei „Miracle Mineral Supplement“-Produkte als zulassungspflichtig und bedenklich ein. 26. Februar 2015, archiviert vom Original; abgerufen am 25. April 2021.
- Julia Borsch (jb): 5. „Wundermittel“ MMS ist immer noch zu haben – auch in Apotheken. DAZ.online, 11. Februar 2016, abgerufen am 25. April 2021.
- Florida Family Indicted for Selling Toxic Bleach as Fake “Miracle” Cure for Covid-19 and Other Serious Diseases, and for Violating Court Orders, fda.gov, 23. April 2021
- Spirit of Health Kongress 2015. Spirit of Health, abgerufen am 13. November 2016.
- Caroline Walter, Christoph Rosenthal: Ätzende Alternativmedizin – Angebliche Wundermittel gefährden Patienten. TV-Magazin Kontraste des RBB, 5. Juni 2014.
- Sigrid März: Tödlicher Schwindel mit Chlordioxid: Anklage gegen Andreas Kalcker erhoben. In: MedWatch. 9. September 2021, abgerufen am 1. Januar 2022.