Jaguarundi
Der Jaguarundi (Puma yagouaroundi), auch Wieselkatze genannt, ist eine Katzenart des südlichen Nord-, Zentral- und Südamerikas. Sie ähnelt in der Gestalt entfernt einem Marder. Trotz seines großen Verbreitungsgebietes und seiner relativen Häufigkeit ist der Jaguarundi eine der am wenigsten erforschten Katzen des amerikanischen Doppelkontinents.[1]
Jaguarundi | ||||||||||||
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Jaguarundi, rote Morphe | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Puma yagouaroundi | ||||||||||||
(E. Geoffroy Saint-Hilaire, 1803) |
Merkmale
Jaguarundis sind kurzbeinige, langschwänzige Katzen. Ihre Kopf-Rumpf-Länge beträgt 65 cm, hinzu kommen 45 cm Schwanz. Das Körpergewicht kann bis zu 9,1 kg betragen.[2] Insgesamt hat der Jaguarundi eine im Vergleich zu anderen Katzen einheitliche Fellfarbe. Es gibt zwei Farbvarianten: Die graue Morphe hat ein graues Fell, die rote Morphe ist rotbraun; beide Varianten haben lediglich einige wenige, nur geringfügig auffallende weiße Abzeichen im Gesicht. Die graue Morphe kann zwischen aschgrau bis fast schwarz variieren. Die rotbraune Morphe variiert von hellbraun über olivbraun bis leuchtend kastanienrot.[3] Früher hielt man die Morphen für verschiedene Arten und bezeichnete nur die graue Morphe als Jaguarundi, die rote Morphe aber als Eyra. Beide Morphen kommen zusammen im gleichen Verbreitungsgebiet vor und paaren sich uneingeschränkt untereinander, wonach es in ihrem Wurf wiederum rote und graue Junge gibt.
Das Lautrepertoire von Jaguarundis ist sehr groß und umfasst Schnurren, Knurren, Schreien und ein an Vögel erinnerndes helles Tschirpen. Insgesamt werden für Jaguarundis 13 deutlich unterscheidbare Lautäußerungen beschrieben.[4]
Verbreitungsgebiet und Lebensraum
Der Jaguarundi ist über die Tropen und Subtropen des amerikanischen Doppelkontinents verbreitet. Er kommt vom äußersten Süden des US-amerikanischen Bundesstaates Texas über die Küstenebenen Mexikos und Mittelamerika bis nach Argentinien und Bolivien vor. In Uruguay gilt er seit kurzem als ausgestorben. In Texas ist er sehr selten, das letzte bekannte Exemplar wurde 1986 als Verkehrsopfer gefunden. Sein Vorkommen wird gelegentlich auch für den Südosten Arizonas berichtet, jedoch gibt es aus diesem US-amerikanischen Bundesstaat bereits seit längerem keine bestätigten Sichtungen mehr.[5]
Von Sichtungen des Jaguarundis in Florida wird seit Beginn des 20. Jahrhunderts berichtet. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die Katzen hier eingeführt wurden. Zugeschrieben wird die Einführung einer einzelnen Person, die die Tiere aus Südamerika importierte und diese in der Nähe von Chiefland frei ließ. Die ersten Sichtungen werden aus dem Jahr 1907 berichtet. Weitere Sichtungen gab es im Zeitraum 1930 bis 1950. Der erste offizielle Bericht, dass von einer Anwesenheit von Jaguarundis auszugehen ist, wurde 1942 veröffentlicht. Die Zahl der Sichtungen ist in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts deutlich zurückgegangen, es werden aber immer noch welche berichtet.[6]
Der Jaguarundi bewohnt verschiedene Habitate, vor allem aber lichte Wälder, Buschland und Waldränder. Seltener kommt er in offenem Gelände und im tropischen Regenwald vor. Grundsätzlich scheint der Jaguarundi offeneres Gelände als die sympatrischen Katzenarten Ozelot, Langschwanzkatze, Nördliche und Südliche Tigerkatze zu bewohnen. Wenn auch Jaguarundis gelegentlich in offenem Grasland gesichtet werden, so bevorzugen sie insgesamt jedoch mosaikartige Habitate mit dichter Vegetation und offenen Flächen. Telemetrische Untersuchungen in den 1980er Jahren haben die bis dahin eher anekdotischen Berichte bestätigt, dass Jaguarundis die Nähe von Fließgewässern bevorzugen. Seine Höhenverbreitung reicht vom Meeresniveau bis auf Höhenlagen von 3.200 Metern.[7]
Sozial- und Revierverhalten
Auch wenn Jaguarundis am häufigsten einzeln beobachtet werden, gibt es zahlreiche Beobachtungen von zwei oder mehr Tieren. Es ist dabei nicht sicher, ob es sich um Paare handelt, um ein Weibchen mit bereits fast ausgewachsenen Jungtieren oder um eine andere soziale Einheit. Bei in Gefangenschaft gehaltenen Tieren hat sich erwiesen, dass Jaguarundis zumindest eine gemeinschaftliche Haltung in der Familiengruppe dulden.[8]
Über das Revierverhalten gibt es nur wenige Daten, die zum Teil widersprüchlich sind. In Belize wurden zwei Männchen mittels Radiotelemetrie beobachtet, die zwei sehr große Reviere von 88 beziehungsweise 100 Quadratkilometer durchstreiften. Damit wären die Reviere deutlich größer als die männlicher Jaguare, die in derselben Region leben. Das Revier der Weibchen in Belize war lediglich 20 Quadratkilometer groß. In Mexiko waren die Reviere sowohl von Männchen als auch Weibchen erheblich kleiner und entsprachen 8,9 Quadratkilometer für die Männchen und 8,3 für die Weibchen. Unabhängig vom Geschlecht durchstreiften die Katzen in Belize ihr Revier und legten dabei täglich durchschnittlich 6,6 Kilometer zurück. Sie kehrten dabei nicht an ihren Ausgangspunkt zurück.[9]
Nahrung und Nahrungserwerb
Jaguarundis jagen sowohl während der Nacht als auch während des Tages; die bis jetzt an dieser Tierart durchgeführten Studien haben gezeigt, dass der Jaguarundi jedoch überwiegend tagaktiv ist. In einer in Belize durchgeführten Studie dieser Katze begannen die Jaguarundis kurz vor Einbruch der Morgendämmerung aktiv zu werden. Ihre Aktivitätsphase erstreckte sich ohne größere Unterbrechungen bis zum Sonnenuntergang, der hier um 18 Uhr einsetzte. Der Schwerpunkt der Jagdaktivitäten erfolgte um 11 Uhr morgens. Bei Untersuchungen in Mexiko wurde dieses Ergebnis bestätigt: 85 Prozent der Aktivitäten des Jaguarundi fanden während des Tages statt.[10]
Der Jaguarundi ist überwiegend ein Bodenjäger, auch wenn er geschickt klettern kann und auf Ästen sicher balanciert. Die Tiere können bis zu zwei Meter in die Höhe springen, um beispielsweise nach auffliegenden Vögeln zu schlagen. Sie sind außerdem in der Lage, sich auf ihren Hinterbeinen aufzurichten und sich dabei nur mit Hilfe ihres Schwanzes abzustützen.[11]
Der Jaguarundi jagt Nagetiere, Kaninchen, Vögel und Reptilien. Es wird davon ausgegangen, dass der größte Teil der Beutetiere weniger als ein Kilogramm wiegt. Die wenigen Untersuchungen in Belize, Venezuela und Brasilien unterstützen diese Auffassung. In Belize waren Baumwollratten die wichtigsten Beutetiere, daneben stellten Vögel und Opossums wesentliche Beutetiere dar. Auch Blätter und Früchte fanden sich bei durchgeführten Kotuntersuchungen. In Venezuela wurde der Mageninhalt von zwanzig überfahrenen Jaguarundis untersucht. Auch hier war die wichtigste Nahrungsquelle Säugetiere, danach Vögel und Reptilien. In mehr als der Hälfte der Mägen fand sich außerdem Gras. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der Jaguarundi ein opportunistischer Jäger ist, d. h. er nutzt überwiegend die Beutetiere, die häufig vorkommen und die er vergleichbar einfach ergreifen kann. In dieses Bild passt auch, dass Jaguarundis beim Fressen von Fischen beobachtet wurden, die in einem austrocknenden Teich gefangen waren.[12]
Fortpflanzung
Es ist bislang nicht sicher, ob Jaguarundis ganzjährig Nachwuchs zeugen können, oder ob es zwei jährliche Fortpflanzungszeiten gibt oder (im Norden ihres Verbreitungsgebietes) eine, die dann in den Herbst fällt. An in Gefangenschaft gehaltenen Tieren hat man festgestellt, dass der Östrus des Weibchens lediglich drei bis fünf Tage kurz ist und dass der Sexualzyklus etwa 53 Tage dauert. Empfängnisbereite Weibchen lassen eine Verhaltensänderung erkennen: Sie wälzen sich häufig auf dem Boden ("rollen") und hinterlassen häufiger Urinmarkierungen. Die eigentliche Kopulation endet mit dem katzentypischen Nackenbiss.[13]
Die Tragzeit beträgt 70 bis 75 Tage. Der Wurf kann zwischen einem und vier Jungtieren umfassen, in Gefangenschaft sind zwei Jungtiere die Regel. Die Weibchen bieten den Jungtieren das erste Mal feste Nahrung an, wenn die Jungen etwa drei Wochen alt sind. Die Jungtiere spielen zunächst nur mit der Nahrung und kauen darauf herum. Gewöhnlich wird die herangetragene Nahrung vom Muttertier gefressen. Erst im Alter von sechs Wochen nehmen die Jungtiere feste Nahrung auf.
In Gefangenschaft gehaltene Jaguarundis haben ein Lebensalter von mehr als zehn Jahren erreicht.
Systematik
Die Art wurde als Felis yagouaroundi von Étienne Geoffroy Saint-Hilaire erstbeschrieben. Er bezog sich dabei, neben Museumsmaterial in Paris, auf die Beschreibung des „Yagouaroundi“ durch Félix de Azara in seinen Voyages dans l’Amerique Méridionale depuis 1781 jusqu’à 1801, der den Namen von den indianischen Einwohnern Paraguays übernommen hatte. Die Beschreibung als Felis yagouarondi 1809 durch Bernard Germain Lacépède ist taxonomisch ungültig (nomen invalidum). Es existieren zahlreiche weitere Synonyme, darunter Felix eyra (auch F. eira), der sich auf die ebenfalls von de Azara geschilderte rote Farbform der Art bezieht.[14][15]
Die systematische Einordnung des Jaguarundi ist schwierig. Zu seinen Besonderheiten gehört, dass er wie die Altweltkatzen 38 Chromosomen hat, während die anderen südamerikanischen Kleinkatzen über 36 Chromosomen verfügen.[16] Ingrid Weigel stellte die Art 1961 in die (monotypische) Gattung Herpailurus, viele andere Autoren hingegen stellen sie mit dem Puma in die gleichnamige Gattung. Molekulargenetische Untersuchungen aus den Jahren 2000 und 2006 bestätigten die enge Verwandtschaft zum Puma,[17][18] in einer Untersuchung von 2010[19] ergab sich allerdings keine nähere Verwandtschaft. Somit ist diese Frage noch nicht abschließend geklärt.
Literatur
- Don E. Wilson, DeeAnn M. Reeder (Hrsg.): Mammal Species of the World. A taxonomic and geographic Reference. Johns Hopkins University Press, Baltimore MD 2005, ISBN 0-8018-8221-4.
- Mel Sunquist und Fiona Sunquist: Wild Cats of the World. The University of Chicago Press, Chicago 2002, ISBN 0-226-77999-8
Weblinks
- Artenprofil Jaguarundi; IUCN/SSC Cat Specialist Group in Englisch
- Herpailurus yagouaroundi in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2012.2. Eingestellt von: Caso, A., Lopez-Gonzalez, C., Payan, E., Eizirik, E., de Oliveira, T., Leite-Pitman, R., Kelly, M. & Valderrama, C., 2008. Abgerufen am 20. April 2013.
Einzelbelege
- Sunquist, S. 114
- Jaguarundi (Felis yagouaroundi tolteca) (PDF; 41 kB) United States Fish and Wildlife Service. Abgerufen am 1. Januar 2009.
- Sunquist, S. 114
- Sunquist, S. 116
- Sunquist, S. 114
- Daniel Simberloff, Don C. Schmitz, and Tom C. Brown: Strangers in Paradise: Impact and Management of Nonindigenous Species in Florida. Island Press, 1997, ISBN 1559634308, S. 172–173 (Abgerufen am 11. August 2010).
- Sunquist, S. 115
- Sunquist, S. 115 und S. 116
- Sunquist, S. 116
- Sunquist, S. 115
- Sunquist, S. 115
- Sunquist, S. 115
- Sunquist, S. 116
- A. M. Husson: The Mammals of Suriname. Zoölogische Monographieën van het Rijksmuseum van Natuurlijke Historie. Brill, Leiden, S. 323 ff.
- Don E. Wilso & DeeAnn M. Reeder: Mammal Species of the World: A Taxonomic and Geographic Reference. Vol. 12. JHU Press, 2005 Vorschau bei Google Books
- Sunquist, S. 114.
- M. Culver, Johnson, W.E., Pecon-Slattery, J., O'Brein, S.J.: Genomic Ancestry of the American Puma Archiviert vom Original am 16. Juni 2007. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF) In: Oxford University Press (Hrsg.): Journal of Heredity. 91, Nr. 3, 2000, S. 186–97. doi:10.1093/jhered/91.3.186. PMID 10833043.
- Warren E. Johnson, Eduardo Eizirik, Jill Pecon-Slattery, William J. Murphy, Agostinho Antunes, Emma Teeling, Stephen J. O’Brien: The Late Miocene Radiation of Modern Felidae: A Genetic Assessment. Science Vol. 311 (2006), S. 73–77.
- Ingi Agnarsson, Matjaz Kuntner, Laura J. May-Collado: Dogs, cats, and kin: A molecular species-level phylogeny of Carnivora. Molecular Phylogenetics and Evolution 54 (2010), S. 726–745. doi:10.1016/j.ympev.2009.10.033