Ipke Starke
Ipke Starke (* 1965 in Leipzig) ist ein deutscher Komponist und Hochschullehrer.
Leben
Ipke Starke ist der Sohn des Sexualwissenschaftlers Kurt Starke und der Soziologin Uta Starke. Er wuchs in Leipzig auf und studierte von 1986 bis 1991 an der Hochschule für Musik Leipzig Komposition bei Siegfried Thiele und Friedrich Schenker sowie Klavier bei Karl-Heinz Pick. Postgraduale Studien in Paris ab 1991 schlossen sich an, zunächst im Doktorandenseminar des IRCAM, dann bei Alain Bancquart und Emmanuel Nunes am Pariser Konservatorium in den Fächern Komposition und Elektroakustische Musik. Ab 1996 war er Assistent für computergestützte Komposition am IRCAM, wo er eng mit dem französischen Komponisten Eric Daubresse zusammenarbeitete, u. a. an Lichtung II für Ensemble und Live-Elektronik (1995/96) von Nunes[1] und Winterlieder III von Chaya Czernowin.[2]
2000 folgte er einem Ruf an die Hochschule für Musik und Theater Leipzig, wo er eine Professur für Tonsatz, die Methodik des musiktheoretischen Unterrichts und Elektroakustische Musik innehat. Von 2003 bis 2018 leitete er die Fachrichtung Komposition/Tonsatz[3] und seit 2021 ist er Prodekan der Fakultät III.[4]
Seit 2016 ist Starke Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Elektroakustische Musik DEGEM.[5]
Starke ist Vater eines Sohnes (* 2001).
Kompositorisches Werk
Charakteristisch für Starkes kompositorisches Schaffen sind Stücke mit ungewöhnlichen Besetzungen, beispielsweise L'état für 6 Violoncelli und 6 Kontrabässe, Couplet - Als Motiv nannte der Täter seine schlechte finanzielle Situation[6] für Sopran, Oboe und Violine oder Batterie[7] für Schlagzeugsextett. Bezüge zur Musik Hanns Eislers sind nicht selten, so in Marsch & Idylle für Violine solo oder den Tonband-Kompositionen Flurstück,[8] Die unsichtbare Front,[9] saturation / Sättigung[10] sowie schon in frühen Liedern nach Texten von Elke Erb, Volker Braun und Anna Achmatova.[11] Er komponierte eine Studie[12] und Ergangenes & Gegenfahrt[13] für großes Orchester.
Stücke mit Live-Elektronik machen einen großen Teil von Starkes Werk aus, darunter I always work alone - für Arnold Schwarzenegger für Violoncello und Live-Elektronik.[14] Seit 1989 arbeitet er immer wieder medienübergreifend mit Bildenden Künstlern zusammen, es entstanden klangliche Arbeiten mit Video und Installationen, darunter Fragment, eine Kooperation mit Ute Richter (Schaubühne Lindenfels, 2014).[15][16] In dem "Lied der Arbeit/Song of Labour (Morse Code)", einem Fragment von Fragment, werden die Turneraufmärsche in Wien 1923 und 1929 visuell und klanglich reflektiert.[17]
Seit 2003 übernimmt Starke regelmäßig die Klangregie für Konzerte der von Steffen Schleiermacher gegründeten Avantgarde-Konzertreihe musica nova des Leipziger Gewandhauses[18] und für den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). In diesem Kontext wurden u. a. Pierre Boulez' Anthèmes und Philippe Manourys Le temps, mode d'emploi realisiert. Wichtig ist Starke die enge Zusammenarbeit mit den Musikern während des Entstehungsprozesses seiner Kompositionen. Mit dem Sänger Matthias Goerne, Les Percussions de Strasbourg, der Akkordeonistin Eva Zöllner und der Flötistin Irmela Boßler[19] ergaben sich intensive Kooperationen, insbesondere bei Musik mit Live-Elektronik, wobei Starke entgegen einem virtuosen Gestus mit seiner Klangregie zu klanglichen Neuorientierungen im Raum gelangt. 2017 gründete er an der HMT Leipzig Speakers Corner, eine Konzertreihe für Elektroakustische Musik.
Werke (Auswahl)
- Marsch & Idylle für Violine solo (1992)
- Batterie für Schlagzeugsextett (1994)
- Flurstück, fixed media (akusmatisch) (1995)
- L’état für 6 Violoncelli und 6 Kontrabässe (1995)
- COUPLET – Als Motiv nannte der Täter seine schlechte finanzielle Situation für Sopran, Oboe, Violine (1995)
- L‘état, Version für Tonband (1995)
- Die unsichtbare Front, Klanginstallation Technische Sammlungen Dresden (1997)
- cliquez-ici / hier klicken, Installation mit Ute Richter (1998)[20][21]
- Restrisiko I, Tonband, Videoprojektion (1999/2010)[22]
- Restrisiko II, Tonband (1999/2010)
- I always work alone – für Arnold Schwarzenegger, Violoncello und Live-Elektronik (2003)[23]
- Interviews, Flöte und Live-Elektronik (2008)[24]
- Fragment – Das Kapital ist so viel wert, wie es Elend produzieren kann für Akkordeon, Spielmannszug, marching-band, Performance, Musiktheater, Live-Elektronik, Zuspiel. Konzertante Version für Akkordeon und Live-Elektronik, optional mit Videozuspiel (2014)[25]
- La précarité est aujourd'hui partout für Flöte und Klavier (2016)
- Caché, fixed media (2017)[26]
- status deleted, 8-Kanal fixed media (2018, in progress)[27]
Publikationen
- Die unsichtbare Front. In: The Thing Between, Ausstellungskatalog, (Internationales Kunstprojekt in den Technischen Sammlungen Dresden) 1997, S. 120–125.
- mit Renate Richter: Kunst als Kommunikationsform. Der Leipziger Komponist und Lehrer Ipke Starke. Interview mit Ipke Starke und Musik von Ipke Starke, Tonaufnahme, Reihe Atelier neue Musik 2006, OCLC-Nummer 315304657
- Mitwirkung: Dreiklang, Sekundarstufe II – Östliche Bundesländer und Berlin/11.–13. Schuljahr, Schülerbuch und Hörbeispiele. Schülerbuch. Volk und Wissen, Berlin 2016, ISBN 978-3-06-081582-1, DNB 1078027382
- Mitwirkung: Dreiklang, SEK II - Musikbuch für den Unterricht in der Oberstufe. Hörbeispiele. Cornelsen, Berlin 2017, ISBN 978-3-06-081584-5, DNB 1081091398
Diskografie
- Elektronische und mechanische Musik von Conlon Nancarrow und György Ligeti, Reihe Musica Nova, 2 CD, OCLC-Nummer 698787029, Rundfunkmitschnitt: Deutschlandradio Kultur, 5. Mai 2008
Literatur
- Andreas Lehmann: Von ernsten Sachen und wahren Freuden. (Porträt Ipke Starke). In: Sonntag. Die kulturpolitische Wochenzeitung, 42. Jg., Nr. 48, Berlin 1988, S. 8
- Renate Richter: Kunst als Kommunikationsform. Der Leipziger Komponist Ipke Starke. In: MusikTexte 117, Köln 2008, S. 19–24
Weblinks
- Werke von und über Ipke Starke in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- Ipke Starke auf der Website der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig
- Ipke Starke auf der Website des Zentrums für Kunst und Medien
- Eva Zöllner, Homepage mit Material zu Fragment, pdf von Richter/Starke (2014)
- Ipke Starke auf der Website der Internationalen Dokumentation Elektroakustischer Musik EMDoku
Einzelnachweise
- Lichtung II, Emmanuel Nunes. In: http://brahms.ircam.fr/. Abgerufen am 11. Mai 2021 (englisch).
- Schott Music: Shifting Gravity / Wintersongs III. Abgerufen am 11. Mai 2021.
- Hochschule für Musik und Theater Leipzig: Ipke Starke. Abgerufen am 11. Mai 2021.
- Hochschule für Musik und Theater Leipzig: Fakultät III, Abschnitt Dekanat. Abgerufen am 21. Dezember 2021.
- Deutsche Gesellschaft für Elektronische Musik e. V.: Impressum. Abgerufen am 11. Mai 2021.
- Nachweis im WorldCat
- Nachweis der Uraufführung 1994 in Dresden im Archiv der Percussions de Strasbourg, dort eingetragen unter dem Namen des Komponisten. Abgerufen am 21. Juli 2021.
- Produktionsdaten dazu auf EMDoku (Internationale Dokumentation Elektroakustischer Musik)
- Produktionsdaten dazu auf EMDoku (Internationale Dokumentation Elektroakustischer Musik)
- Produktionsdaten dazu auf EMDoku (Internationale Dokumentation Elektroakustischer Musik)
- Nachweis im WorldCat. Im Bestand der Bibliothek der HMT Leipzig
- Nachweis im WorldCat. Im Bestand der Bibliothek der HMT Leipzig
- Nachweis im WorldCat. Im Bestand der Bibliothek der HMT Leipzig
- Ipke Starke | Resonanzen. Festival fuer HOERKUNST, Leipzig 2010. Abgerufen am 23. Mai 2021.
- Trailer von Fragment auf YouTube
- Choral für Akkordeon und Live-Elektronik aus Fragment III, gespielt von Eva Zöllner, auf soundcloud
- "Lied der Arbeit/Song of Labour" aus Fragment auf YouTube
- musica nova. In: gewandhausorchester.de. Abgerufen am 21. Juli 2021.
- Konzertprogramm der Reihe Resonanzen 2010 im Ballsaal der Schaubühne Lindenfels Leipzig, Interpretin u. a. Irmela Boßler
- Produktionsdaten dazu auf EMDoku (Internationale Dokumentation Elektroakustischer Musik)
- Einführungstext von Ipke Starke zu hier klicken auf der Homepage von Ute Richter. Abgerufen am 6. Juni 2021.
- Einführungstext von Ipke Starke zu Restrisiko auf der Homepage von Ute Richter. Abgerufen am 5. Juni 2021.
- Klaus Ritzkowski, "0,2 Promille Zuschauer bei echter Hardcore-Avantgarde mit Werken von Karlheinz Stockhausen, Luigi Nono und Ipke Starke", Bericht über die Uraufführung von I always work alone, in: Leipzig-Almanach vom 22. Januar 2003
- Produktionsdaten dazu auf EMDoku (Internationale Dokumentation Elektroakustischer Musik)
- Ipke Starke | Resonanzen Leipzig 2014. Abgerufen am 11. Mai 2021.
- Produktionsdaten dazu auf EMDoku (Internationale Dokumentation Elektroakustischer Musik)
- Programm eines Konzerts in Danzig vom 5. Dezember 2019. Abgerufen am 23. Mai 2021 (polnisch).