Insulinom
Das Insulinom ist ein seltener, meist gutartiger neuroendokriner Tumor aus endokrinen Zellen (Langerhans-Inseln) des Pankreas, in dem vermehrt Insulin produziert wird und der sich durch wiederkehrende Unterzuckerungen bemerkbar macht. Meist handelt es sich um ein Adenom. Ca. 50 % der Insulinome produzieren zusätzlich zum Insulin noch andere gastrointestinale Hormone.
Klassifikation nach ICD-10 | |
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D13.7 | Gutartige Neubildung: Endokriner Drüsenanteil des Pankreas |
C25.4 | Bösartige Neubildung: Endokriner Drüsenanteil des Pankreas |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Vorkommen
Das Insulinom ist der häufigste hormonaktive Tumor der Bauchspeicheldrüse mit einer Überproduktion von Insulin bzw. Proinsulin.
Der in 90 % gutartige Tumor tritt bei Frauen etwa doppelt so häufig auf wie bei Männern. Die Inzidenz liegt bei 2–4:1.000.000 pro Jahr.[1] Das Altersmaximum liegt bei etwa 50 Jahren. Es kann aber jedes Lebensalter betroffen sein.
Veterinärmedizin
Insulinome sind die häufigsten Tumoren beim Frettchen. Dort treten sie in einer Häufigkeit von 10 bis 20 % auf.
Pathologie
Histologisch handelt es sich um eine Insulin produzierende neuroendokrine Neoplasie der B-Zellen der Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse in Form des Inselzelladenoms. In circa 10 % der Fälle liegt ein Adenokarzinom vor, und es lassen sich dann meist Lebermetastasen nachweisen.
Symptome
Es kommt wiederholt zur Unterzuckerung, die sich durch Heißhungerattacken, Bewusstseinsstörungen, Schwindelanfälle, Krampfanfälle, Schweißausbrüche und Gewichtszunahme (durch die Heißhungerattacken) bemerkbar macht. Unbehandelt können die rezidivierenden Hypoglykämien zu ZNS-Schäden führen.
Typisch ist die Whipple-Trias:
- Nachweis einer Hypoglykämie (Blutzucker < 45 mg/dl; < 2,5 mmol/l)
- Gleichzeitiges Bestehen von Unterzuckerungszeichen
- Rasche Beseitigung der Symptome nach Kohlenhydrataufnahme
Diagnostik
- Blutzuckermessungen
- wiederholt erniedrigte Blutzuckerwerte um 40 mg/dl (= 2,2 mmol/l)
- insbesondere nach längerem Fasten oder körperlicher Anstrengung
- verlängerter oraler Glukosetoleranztest und anschließender 72h Hungerversuch mit regelmäßiger Blutzuckermessung
- erhöhte Insulinproduktion[2]
- die Insulinkonzentration im Blut liegt relativ zur Blutzuckerhöhe durch eine ungebremste Insulinausschüttung zu hoch
- durch die erhöhte Insulinproduktion ist auch das C-Peptid erhöht, welches sich im Serum nachweisen lässt
- Ultraschall der Bauchspeicheldrüse
- Kontrastmittel-Ultraschall der Bauchspeicheldrüse: als neuroendokriner Tumor ist das Insulinom zumeist stark perfundiert und reichert in der früharteriellen Phase vermehrt Kontrastverstärker an.
- Endosonographie: gegenwärtiger Goldstandard
- CT der Bauchspeicheldrüse
- Kernspintomographie der Bauchspeicheldrüse
- PET/CT bei Verwendung des Tracers F-18-DOPA.[3]
- Exendin-4 SPECT/CT: Bei diesem relativ neuen Verfahren wird der sogenannte "Glucagon-like peptide-1 receptor" (GLP-1-Rezeptor) mit Hilfe von radioaktivem Indium (111In-DTPA-exendin-4) markiert.[4][5] In einer neueren Studie konnten mit diesem Verfahren 95 Prozent der Insulinome lokalisiert werden.[6][7][8]
- Intraarterieller Kalziumstimulationstest: Bei diesem Test wird Kalziumgluconat schrittweise im Rahmen einer Angiographie in die pankreasversorgenden Gefäße (Arteria gastroduodenalis, Arteria mesenterica superior und Arteria splenica) injiziert und nach 30, 60 und 120 Sekunden eine Blutentnahme aus der rechten Vena hepatica durchgeführt und daraus die Insulinspiegel bestimmt. Ein Insulinom lässt sich durch einen Anstieg des Insulins im Lebervenenblut über das zweifache des Basisinsulinwertes beweisen. Gleichzeitig lässt sich mit diesem Test das Versorgungsgebiet des Insulinoms eingrenzen. Dies unterstützt bei einer Pankreasresektion neben einer intraoperativen Sonographie den Palpationsbefund des Chirurgen.[9]
Differentialdiagnose
- Die Hypoglycaemia factitia, das gewollte Herbeiführen einer Unterzuckerung, stellt eine wichtige Differentialdiagnose bei allen Hypoglykämien dar, die bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern auftreten.
- Hypoglykämien können im Rahmen einer Therapie des Diabetes mellitus durch blutzuckersenkende Medikamente auftreten.
Therapie
Behandlung der Wahl ist eine operative Entfernung des Tumors, vorher kann mit Diazoxid oder Lanreotid/Octreotid eine medikamentöse Hemmung der Insulinsekretion versucht werden. Auch eine zytostatische Behandlung mit Streptozotocin kommt in Frage.
Weblinks
- Histologie auf PathoPic
- Makroskopisches Bild auf PathoPic
- Informationsangebot zu Insulinoma
- Sonografischer Fallbericht eines Insulinoms
Einzelnachweise
- Insulinom (Lehrtext der Uni Heidelberg)
- medizin.uni-koeln.de Institut für Klinische Chemie des Universitätsklinikums Köln - Letzte Aktualisierung: 28. April 2010.
- Fluorine-18-L-Dihydroxyphenylalanine (18F-DOPA) Positron Emission Tomography as a Tool to Localize an Insulinoma or β-Cell Hyperplasia in Adult Patients
- Glucagon-like Peptide 1–Receptor Scans to Localize Occult Insulinomas. In: N Engl J Med. 2008; 359, S. 766–768, August 14, 2008, doi:10.1056/NEJMc0802045
- Glucagon-Like Peptide-1 Receptor Imaging for Localization of Insulinomas
- A. Sowa-Staszczak u. a.: Glucagon-like peptide-1 receptor imaging with [Lys40(Ahx-HYNIC- 99mTc/EDDA)NH2]-exendin-4 for the detection of insulinoma. In: European journal of nuclear medicine and molecular imaging. Band 40, Nummer 4, April 2013, S. 524–531, ISSN 1619-7089. doi:10.1007/s00259-012-2299-1. PMID 23224740. PMC 3590421 (freier Volltext).
- Glucagon-like peptide-1 receptor imaging for the localisation of insulinomas: a prospective multicentre imaging study. In: The Lancet Diabetes & Endocrinology. Volume 1, Issue 2, S. 115–122, October 2013.
- Bauchspeicheldrüse: Neues Verfahren erkennt Tumore besser, Mitteilung des PSI vom 29. Juli 2013.
- P. L. Pereira u. a. Insulinoma and islet cell hyperplasia: value of the calcium intraarterial stimulation test when findings of other preoperative studies are negative. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. In: Radiology March. 1998, 206, S. 703–709.