Ingrid Noll
Ingrid Noll (* 29. September 1935 in Shanghai; verheiratete Ingrid Gullatz) ist eine deutsche Schriftstellerin. Sie gilt als eine der erfolgreichsten deutschen Krimi-Autoren der Gegenwart. Ihre Bücher wurden in 27 Sprachen übersetzt.[1]
Leben
Ingrid Noll wuchs zusammen mit drei Geschwistern (zwei Schwestern und einem Bruder[1]) als Tochter eines wohlhabenden deutschen Arztes in Nanjing auf. Dort wurden sie und ihre Geschwister von den Eltern unterrichtet. 1949 floh die Familie mit dem letzten Schiff aus Nanjing[1] nach Deutschland.[2] In Bad Godesberg besuchte Noll bis 1954 ein katholisches Mädchengymnasium.[3] Um Lehrerin werden zu können[1], studierte sie nach dem Abitur an der Universität Bonn Germanistik und Kunstgeschichte, ohne dieses Studium abzuschließen. 1959 heiratete sie den Arzt Peter Gullatz, mit dem sie drei Kinder hat; der Film- und Theaterkomponist Biber Gullatz ist ihr Sohn, der Schauspieler Kai Noll ist ein Neffe. Die Filmwissenschaftlerin Christine Noll Brinckmann ist eine jüngere Schwester. Ihr Mann starb im Jahr 2021.
Vor ihrer Schriftstellerkarriere versorgte Ingrid Noll ihre Kinder und den Haushalt, arbeitete in der Praxis ihres Ehemannes mit, betreute ihre Mutter, die 106 Jahre alt wurde[1], und begann in der wenigen verbliebenen Zeit das Schreiben.[2] Ihr Erstlingsroman Der Hahn ist tot entstand jedoch erst 1991, als die Kinder das Haus verlassen hatten. Er wurde auf Anhieb ein großer Erfolg. Im Mittelpunkt ihrer Romane stehen Frauen verschiedenen Alters, die sich auf unkonventionelle Weise ihrer Ehemänner oder Liebhaber entledigen.
Ingrid Noll lebt in Weinheim. Viele ihrer Kriminalromane spielen im Rhein-Neckar-Raum (Mannheim und Heidelberg).
Auszeichnungen
Die Bonner Polizeipräsidentin U. Brohl-Sowa ernannte Ingrid Noll zur „Ehrenkommissarin“ der Bonner Polizei anlässlich einer Lesung am 2. März 2016.[4]
- 1994 Friedrich-Glauser-Preis der Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur – Das Syndikat für Die Häupter meiner Lieben
- 2002 Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg
- 2005 Glauser-Ehrenpreis der Autorengruppe deutschsprachige Kriminalliteratur – Das Syndikat „für besondere Verdienste einer Person um die deutschsprachige Kriminalliteratur“
Werke
- Der Hahn ist tot. Roman. Diogenes, Zürich 1991, ISBN 3-257-22575-X.
- Die Häupter meiner Lieben. Roman. Diogenes, Zürich 1993, ISBN 3-257-22726-4.
- Die Apothekerin. Roman. Diogenes, Zürich 1994, ISBN 978-3-257-23896-9.
- Der Schweinepascha. In 15 Bildern. Kinderbuch. Diogenes, Zürich 1996, ISBN 3-257-23298-5.
- Kalt ist der Abendhauch. Roman. Diogenes, Zürich 1996, ISBN 3-257-23023-0.
- Der kleine Mord zwischendurch. 52 üble Kurzkrimis, geplant und ausgeführt von Ingrid Noll. Scherz, Bern 1997, ISBN 3-502-10368-2.
- Röslein rot. Roman. Diogenes, Zürich 1998, ISBN 3-257-23151-2. (Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste vom 12. bis zum 18. Oktober und vom 26. Oktober bis zum 1. November 1997)
- Selige Witwen. Roman. Diogenes, Zürich 2001, ISBN 3-257-23341-8.
- Rabenbrüder. Roman. Diogenes, Zürich 2003, ISBN 3-257-23454-6.
- Falsche Zungen. Gesammelte Geschichten. Diogenes, Zürich 2004, ISBN 3-257-23508-9.
- Ladylike. Roman. Diogenes, Zürich 2006, ISBN 978-3-257-05725-6.
- Kuckuckskind. Roman. Diogenes, Zürich 2008, ISBN 978-3-257-24012-2.
- Ehrenwort. Roman. Diogenes, Zürich 2010, ISBN 978-3-257-24095-5.
- Über Bord. Roman. Diogenes, Zürich 2012, ISBN 978-3-257-24259-1.
- Hab und Gier. Roman. Diogenes, Zürich 2014, ISBN 978-3-257-24311-6.
- Der Mittagstisch. Roman. Diogenes, Zürich 2015, ISBN 978-3-257-06954-9.
- Halali. Roman. Diogenes, Zürich 2017, ISBN 978-3-257-06996-9.
- Goldschatz. Roman. Diogenes, Zürich 2019, ISBN 978-3-257-07054-5.
- In Liebe Dein Karl. Geschichten und mehr. Diogenes, Zürich 2020, ISBN 978-3-257-07096-5.
- Kein Feuer kann brennen so heiß. Roman. Diogenes, Zürich 2021, ISBN 978-3-257-07115-3.
Verfilmungen
- 1993: Bommels Billigflüge mit Rosemarie Fendel, Dominique Horwitz und Katerina Jacob
- 1997: Die Apothekerin, von Rainer Kaufmann; mit Jürgen Vogel, Richy Müller und Katja Riemann, die für ihre Rolle den Deutschen Filmpreis 1998 gewann
- 1999: Die Häupter meiner Lieben, von Hans-Günther Bücking; mit Christiane Paul, Heike Makatsch und Andrea Eckert
- 2000: Der Hahn ist tot (als TV-Film)
- 2000: Kalt ist der Abendhauch, von Rainer Kaufmann; mit August Diehl und Fritzi Haberlandt, die dafür 2001 den Bayerischen Filmpreis als beste Nachwuchsdarstellerin gewann
Trivia
Am 10. November 2021 wurde der erste Ingrid-Noll-Weg im Beisein der Autorin in Weinheim offiziell eingeweiht. In der Innenstadt können an 13 Stationen Besucher über einen QR-Code mit dem Smartphone der Autorin lauschen, die mit "ganz eigenen Stil und mit einem augenzwinkernd-subtilen Humor"[5] von Ort zu Ort führt. Ein roter Hahn, der an ihr Erstlingswerk Der Hahn ist tot erinnert, ist das Erkennungszeichen des literarischen Lehrpfades, welcher der erste dieser Art in der Region ist. Der Weg ist jederzeit zugänglich.
Literatur
- Helga Arend: Nette alte Dame mit Leiche im Keller. Ingrid Nolls Romane als Unterrichtsthema. In: Frauen auf der Spur. Kriminalautorinnen aus Deutschland, Großbritannien und den USA. Hrsg. von Carmen Birkle, Sabina Matter-Seibel und Patricia Plummer. Stauffenburg, Tübingen 2001, ISBN 3-86057-793-X, S. 273–286.
- Cesare Giacobazzi: Mit Kind, Hund, warmen Decken und Leiche. Die Normalität des Mordes in Ingrid Nolls Kriminalromanen. In: Sandro M. Moraldo (Hrsg.): Mord als kreativer Prozess. Winter, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-5060-6, S. 41–49.
Weblinks
- Literatur von und über Ingrid Noll im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ingrid Noll in der Internet Movie Database (englisch)
- Morden leicht gemacht Die Ingrid-Noll-Bibliographie von Moja Anin (PDF-Datei; 283 kB)
- Autorenseite beim Onlinemagazin Perlentaucher
- Ich habe einen Traum Rezension aus der ZEIT 6/2003
- In meinen Geschichten geht es meistens darum, dass eine Frau das erreicht, was sie erreichen möchte. Videointerview auf beQueen
- Planet Interview: "...und dann hetze ich sie alle aufeinander." – Ausführliches Interview mit Ingrid Noll, 8. Februar 2009
- Bei ihr morden nur die Frauen. Artikel von Christian Jung, dpa, 29. September 2015
- Audiomitschnitt: Ingrid Noll in Lesung und Gespräch zum Nachhören und Herunterladen auf Lesungen.net (1991)
Einzelnachweise
- Stuttgarter Zeitung Nr. 30, 6. Februar 2016, S. V2.
- Julia Rothaas: Neuanfang, Interview, in: Süddeutsche Zeitung, 5. September 2015, S. 58
- Vgl. I. Noll: In Liebe Dein Karl. Zürich 2020. S. 289.
- Ingrid Noll zur Ehrenkommissarin der Bonner Polizei ernannt (Memento des Originals vom 2. April 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Diogenes, abgerufen 3. April 2016
- Ingrid-Noll-Weg – Weinheimer Wege. Abgerufen am 10. Dezember 2021.