Hrvatske obrambene snage
Die Hrvatske obrambene snage (kroatisch für Kroatische Verteidigungskräfte), kurz HOS, war eine kroatische paramilitärische Organisation zu Beginn des Kroatien- und Bosnienkriegs 1991 bis 1993. Sie kämpfte neben den regulären Verbänden der Kroatischen Armee (HV) und des Kroatischen Verteidigungsrats (HVO). Es handelte sich um die Kampfverbände der neofaschistischen Kroatischen Partei des Rechts (HSP), die an die Traditionslinie der Ustascha anknüpft.
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Führung | |||
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Oberbefehlshaber: | Dobroslav Paraga | ||
Militärischer Befehlshaber: | Ante Paradžik, später Blaž Kraljević | ||
Militärische Führung: | Kroatien: Ante Paradžik Bosnien und Herzegowina: Blaž Kraljević | ||
Sitz des Hauptquartiers: | Kroatien: Zagreb Bosnien: Zenica Herzegowina: Ljubuški | ||
Militärische Stärke | |||
Aktive Soldaten: | Kroatien: 10.000 Bosnien: 5.000 | ||
Wehrpflicht: | Nein | ||
Wehrtauglichkeitsalter: | |||
Geschichte | |||
Gründung: | Kroatien: 25. Juni 1991 Bosnien: Anfang 1992 | ||
Auflösung: | Kroatien: 21. Dezember 1991 Bosnien und Herzegowina: 21. August 1992 de facto 1993 | ||
Höchste Mannstärke: | insgesamt 15.000 |
In den Reihen der HOS kämpften neben Kroaten auch Bosniaken sowie ausländische Kämpfer aus Europa und Übersee. Erklärte Ziele waren die Verteidigung und Eroberung kroatischer Gebiete und die Wiederherstellung eines Großkroatien unter Einbeziehung von Bosnien und Herzegowina.
Geschichte
Entstehung
Im Februar 1990 gründete Dobroslav Paraga die Kroatische Partei des Rechts (HSP) neu. Im Jahr 1991 wurden die HOS als paramilitärischer Flügel der damals faschistischen[1][2] HSP gebildet, deren Politiker Anto Đapić und Dobroslav Paraga HOS-Kommandanten wurden.[3] Die HOS, die ihre Wurzeln unter anderem in den Traditionen der faschistischen Ustascha sahen und deren Erbe antreten wollten, wurden ein Sammelsurium an freiwilligen Kämpfern für die Verteidigung und Eroberung kroatischer Gebiete in Kroatien und Bosnien-Herzegowina, darunter viele ausländische Söldner und Rechtsradikale.[4][5]
Kroatienkrieg
Zu Beginn des Kroatienkrieges und vor der Gründung und Umstrukturierung der Kroatischen Streitkräfte kämpften die HOS an der Seite der Kroatischen Polizei gegen die Jugoslawische Volksarmee, die Armee der Republik Serbische Krajina und serbische Tschetniks. Der militärische Befehlshaber war zu Beginn Ante Paradžik, später Blaž Kraljević. Nach eigenen Angaben verfügte die HOS über 10.000 Kämpfer (die kroatische Regierung sprach von 2000 Kämpfern), organisiert in unterbemannten Bataillonen und der 300 Mann starken Einheit Crna legija (Schwarze Legion) in Vukovar.[6] Dobroslav Paraga wurde im November 1991 von der kroatischen Regierung verhaftet. Die HOS wurden am 21. Dezember 1991[3] von der kroatischen Regierung unter Franjo Tuđman in Kroatien verboten und ihre Kräfte teilweise in die reguläre Kroatische Armee (HV) eingegliedert.
Bekanntheit errangen die HOS für ihre fanatische Tapferkeit in den Kämpfen bei der Belagerung von Dubrovnik und der Schlacht um Vukovar, aber auch durch die rücksichtslose Misshandlung serbischer Zivilisten.
Bosnienkrieg
Nach dem Verbot in Kroatien organisierte der militärische Befehlshaber Blaž Kraljević die HOS in Bosnien-Herzegowina neu. Im Bosnienkrieg waren die HOS mit der Armee der Kroatischen Republik Herceg-Bosna (HVO) und bis 1992 mit der Armee der Republik Bosnien und Herzegowina (ARBiH) verbündet und kämpfte mit diesen gegen die Armee der Republika Srpska und serbische Tschetniks. Im Mai 1992 wurde sie ein offizieller Bestandteil der ARBiH.[6] Die HOS hatten im Bosnienkrieg eine Gesamtstärke von etwa 5000 Mann, wovon der Anteil an muslimischen Bosniaken dabei etwa 30 % betrug.[6] Unter Kraljević widersetzten sich die HOS der Politik der kroatischen Regierung, die „nur“ einen Anschluss der Kroatischen Republik Herceg-Bosna an die Republik Kroatien anstrebte. Kraljević wurde am 9. August 1992 von HVO-Angehörigen (u. a. Soldaten des Kažnjenička bojna) an einem Kontrollposten in Mostar-Kruševo erschossen. Die HOS in Bosnien-Herzegowina wurden am 21. August 1992 aufgelöst und ihre Kräfte teilweise in den HVO oder die ARBiH eingegliedert.[6] Faktisch wurden die HOS jedoch erst 1993 vollständig aufgelöst.
Bekannt wurden die HOS für ihre Kämpfe um die Regionen Bosanski Brod, Konjic, Mostar, Novi Travnik, und Zenica, aber auch für Ausschreitungen an bosnisch-serbischen Zivilisten. Im Jahr 1993 führten die HOS kurzzeitig das Lager Dretelj in der Herzegowina, in dem Serben und Bosniaken gefoltert und ermordet wurden, übergaben die Lagerleitung aber nach kurzer Zeit an den HVO.[7]
Einheiten (Auswahl)
- 1. bojna „Ivan vitez Brdar“ (1. Bataillon „Ivan Ritter Brdar“) – Livno
- 2. bojna „Stojan Vujnović Srbin“ (2. Bataillon „Stojan Vujnović – Der Serbe“) – Domaljevac
- 4. bojna HOS-a (4. Battalion der HOS)
- 6. bojna „Marijan Baotić“ (6. Bataillon „Marijan Baotić“) – Vinkovci
- IX. bojna „Rafael vitez Boban“ (IX. Bataillon „Rafael Ritter Boban“) – Split
- 1. satnija „Ante Paradžik“ (1. Kompanie „Ante Paradžik“) – Jasenovac
- Vukovarska satnija HOS-a (Vukovar-Kompanie der HOS) – Vukovar
- 13. bojna Jure vitez Francetić (13. Bataillon „Jure Ritter Francetić“) – Tomislavgrad
- „Vitezovi“ („Die Ritter“) – Vitez
- 101. bojna „Do Drine“ (101. Bataillon „Zur Drina!“) – Sarajevo
- 19. bojna „Jure vitez Francetić“ (19. Bataillon „Jure Ritter Francetić“) – Gospić
- „Crni Vukovi“ („Schwarze Wölfe“) – Kalesija
- „Žigosani“ („Die Gezeichneten“) – Novi Travnik
- Satnija „Lovac“ (Kompanie „Jäger“) – Ljubuški
- Samostalna satnija osiguranja (Unabhängige Sicherungs-Kompanie) – Zagreb
- Mostarska bojna HOS-a (Mostar-Bataillon der HOS) – Mostar
- Ljubuška satnija HOS-a (Ljubuški-Kompanie der HOS) – Ljubuški
- Zenička satnija HOS-a (Zenica-Kompanie der HOS) – Zenica
- Tuzlanska satnija HOS-a (Tuzla-Kompanie der HOS) – Tuzla
- Čapljinska bojna HOS-a (Čapljina-Bataillon der HOS) – Čapljina
- Kakanjska Satnija HOS-a (Kompanie der HOS Kakanj) – Kakanj
Symbole und Abzeichen (Auswahl)
Die von der HOS verwendeten Namen, Symbole und Abzeichen lassen einen Bezug zur faschistischen Ustascha und zum Unabhängigen Staat Kroatien (NDH) erkennen. So findet sich z. B. auf fast allen Abzeichen das HOS-Motto ZA DOM SPREMNI (Für die Heimat bereit), das auch das Motto der Ustascha war, und der Großbuchstabe U sowie das Kroatische Wappen, beginnend mit einem ersten silbernen (weißen) Feld, wie es auch im NDH Verwendung fand. Auch findet sich häufig die Abkürzung HSP für die Kroatische Partei des Rechts.
Flagge und allgemeine Abzeichen
- Flagge der HOS
- Christliche Angehörige (silberner Rand, Offiziere: goldener Rand)
- Muslimische Angehörige (grüner Rand, Offiziere: goldener Rand)
- Angehörige in Bosnien und Herzegowina
- Blaž Kraljević (Militärischer Befehlshaber)
Abzeichen von Einheiten
- 1. Bataillon „Rafael vitez Boban“
- 1. Bataillon „Ivan vitez Brdar“ (Livno)
- 4. Brigade des 9. Bataillon „Rafael vitez Boban“ (Split)
- 114. Brigade des 9. Bataillons „Rafael vitez Boban“ (Split)
- 13. Bataillon „Jure vitez Francetić“ (Tomislavgrad)
- 2. Kompanie des 13. Bataillons „Jure vitez Francetić“
- Kompanie „Lovac“ (Ljubuški)
- „Vitezovi“ (Vitez)
- „Žigosani“ (Novi Travnik)
- 2. Bataillon „Stojan Vujnović Srbin“ (Domaljevac)
Persönlichkeiten
- Jean-Michel Nicollier (1966–1991), französischer Freiwilliger
Einordnung
Die HOS wählte bei ihrer Aufstellung im Jahr 1991 bewusst die Traditionslinie zur Ustaša-Bewegung. Räume von Einheiten der HOS waren mit dem Photo des Ustašaführers Ante Pavelić geschmückt.[2]
Im Herbst 2016 wurde in Jasenovac, dem Ort, an dem sich ein Konzentrationslager befand, eine Gedenktafel für die gefallenen Angehörigen der HOS aus dem Krieg 1991–1995 angebracht. Auf der Gedenktafel wurde der Ustaša-Gruß „Für die Heimat bereit“ (ZDS) als Bestandteil des HOS-Emblems eingemeißelt. Viele Vereinigungen der HOS-Angehörigen, behaupteten, dass der Gruß im Emblem der HOS auf der Tafel nichts mit dem Ustaša-Staat gemein hat. Der Vorgang löste 20 Jahre nach dem Krieg einen Diskurs über die faschistischen Bezüge der HOS aus.[2]
Literatur
- Damir Markuš: "58" : HOS u obrani Vukovara i Bogdanovaca [„58“ : Die HOS bei der Verteidigung von Vukovar und Bogdanovac]. Principium dizajn, Zagreb 2015, ISBN 978-953-58542-2-7.
Weblinks
- Erich Wiedemann: Keine Uniform zum drin sterben. In: Der Spiegel. Nr. 47, 1991, S. 207–209 (online – 18. November 1991).
- Walter Mayr: Das hier ist altes Ustascha-Land. In: Der Spiegel. Nr. 31, 1992, S. 117–120 (online – 27. Juli 1992).
- Clemens Höges: Und morgen schon tot. Neonazis, Abenteurer und Verrückte im kroatischen Heer. In: Der Spiegel. Nr. 39, 1992, S. 235–246 (online – 21. September 1992).
- Ein Morden wie in Sarajevo. Spiegel-Interview mit dem kroatischen Nationalisten Dobroslav Paraga. In: Der Spiegel. Nr. 39, 1992, S. 246–248 (online – 21. September 1992).
Einzelnachweise
- Misha Glenny: The Fall of Yugoslavia. Penguin Group, London 1996, S. 195.
- Friedrich Ebert Stiftung Zagreb (2018): Blickpunkt Kroatien. Vergangenheitsbewältigung ohne Konsensus: aktuelle Kontroversen über die kroatische Geschichte des 20. Jahrhunderts. Seite 4f
- Dr. Nigel Thomas, Krunoslav Mikulan: The Yugoslav Wars (1). Slovenia & Croatia (1991–95). Osprey Publishing Ltd., Oxford 2006, ISBN 1-84176-963-0, S. 30.
- Andreas Diesel, Dieter Gerten: Looking For Europe – Neo-Folk und Hintergründe. 2007, S. 92.
- Uwe Backes, Patrick Moreau: The Extreme Right in Europe. 2011, S. 266.
- Dr. Nigel Thomas, Krunoslav Mikulan: The Yugoslav Wars (2). Bosnia, Kosovo and Macedonia (1992–2001). Osprey Publishing Ltd., Oxford 2006, ISBN 978-1-84176-964-6, S. 21.
- Prison Camps: Čapljina (Memento vom 20. Oktober 2013 im Internet Archive), University of the West of England, Bristol