Herz-Jesu-Feuer
Das Herz-Jesu-Feuer ist ein in Tirol im 18. Jahrhundert entstandener Feuerbrauch, der heute noch in allen Teilen des Landes (Nord-, Ost-, Süd- und Welschtirol bzw. Trentino und außerdem in den drei ladinischen Gemeinden Col, Fodom/Buchenstein und Cortina d’Ampëz/Ampezzo) gepflegt wird und mit der Herz-Jesu-Verehrung zusammenhängt.[1] Der Brauch, im Juni Feuer zu entzünden, geht auf frühere Sonnwend- bzw. Johannisfeuer zurück, welche in Erinnerung an das „Herz-Jesu-Gelöbnis“ von 1796 umgedeutet wurden.
Historischer Hintergrund
Im Frühjahr 1796 traf der Krieg gegen Napoleon das Land Tirol vollkommen überraschend und dementsprechend unvorbereitet. Das Land blieb während der Jahre, als der Kaiser gegen die Franzosen in Belgien und Norditalien kämpfte, vollkommen unberührt. Die Tiroler verfügten nämlich über das Privileg, das Kaiser Maximilian I. im 16. Jahrhundert im „Landlibell“ festsetzte, weder an Kriegen außerhalb des Landes teilnehmen zu müssen, noch diese Kriege finanziell zu unterstützen. Im Gegenzug mussten die Tiroler dafür aber die Verteidigung ihres Landes selbst übernehmen. Diese Tatsache war der Regierung in Wien allerdings immer ein Dorn im Auge, weshalb Kaiser Joseph II. sowohl die jährlichen Übungen der Bevölkerung als auch die Volksbewaffnung vernachlässigte.
Das Land Tirol wurde im April 1796 in Kriegsbereitschaft versetzt. Dies bedeutete, dass alle waffentauglichen Männer militärisch geschult wurden. Schon nach drei Wochen wurde ein 7.000 Mann starkes Heer in die südlichen Grenzen geschickt. Vom 30. Mai bis 1. Juli desselben Jahres trat der kleinere, 24 Mitglieder umfassende, Ausschuss[2] der Tiroler Landstände in Bozen zusammen, um über die Situation zu beraten. Es war die Idee des Pfarrers von Wildermieming, Anton Paufler, die der Stamser Abt Sebastian Stöckl aufgriff und dem Tiroler Landtag vorschlug, das Land dem „Heiligsten Herzen Jesu“ anzuvertrauen und so göttlichen Beistand zu erhalten. Dieser Vorschlag wurde von den Ausschussmitgliedern einstimmig angenommen. Man achtete besonders darauf, dass dieser feierliche Schwur das ganze Land betraf, um damit ein einigendes Band zu schaffen. Dies hatte zur Folge, dass der Landsturm einen bis dahin noch nie erlebten Zulauf an Freiwilligen erlebte. Als daraufhin Tiroler Truppen die Franzosen überraschend besiegten, wurde der Herz-Jesu-Sonntag zum hohen Feiertag.
Bezug zu den Herz-Jesu-Feuern
Damals gab es nicht viele Möglichkeiten mit entfernten Landsleuten zu kommunizieren. Aus diesem Grund wurden an bestimmten Gipfeln Signalfeuer entzündet, um damit den Landsturm einzuberufen. Diese Bergfeuer hatten aber auch etwas Überirdisches an sich, sodass sie anlässlich der feierlichen Begehung des Herz-Jesu-Festtages entzündet wurden. Somit traten die Herz-Jesu-Feuer gegenüber den bis zu diesem Zeitpunkt üblichen Sonnwendfeuern immer mehr in den Vordergrund.
Heute
Diese Tradition wird heute noch gepflegt und der Landesbund mit dem Herzen Jesu jedes Jahr erneuert. Die Feuer werden oft in Form von Herzen, Kreuzen oder den Zeichen Christi („INRI“ oder „IHS“) angeordnet. Entfacht werden sie entweder am Samstag oder Sonntag nach dem Herz-Jesu-Fest, da dieses Fest in Tirol am Sonntag nach dem eigentlichen Festtag am Freitag gefeiert wird. Aus dem religiösen Gedanken von 1848 (Erneuerung des Gelöbnisses) ist heute ein Brauchtum geworden, das auch touristisch vermarktet wird.
Die Herz-Jesu-Feuer werden jedes Jahr abends am 3. Samstag oder Sonntag nach Pfingsten entzündet.
Am Herz-Jesu-Festtag 1961 sprengten Aktivisten des BAS im Rahmen der sogenannten Feuernacht 37 Strommasten in Südtirol. Ziel der Attentäter war es, die Welt auf die Südtirolfrage aufmerksam zu machen.
Kuriosum
Am Herz-Jesu-Sonntag im Jahr 1920 ereignete sich ein bemerkenswerter Vorfall: Es war das Jahr, in dem die Bergfeuer zum ersten Mal nach Ende des Ersten Weltkriegs nunmehr im Königreich Italien entzündet wurden. Da die Armeeführung diesen Brauch nicht kannte und an einen beginnenden Volksaufstand glaubte, wurden sämtliche in Bozen stationierte italienische Truppen in Alarmbereitschaft versetzt.
Waldbrand
Am Samstagabend des 9. Juni 2018 steckten Gruppen Fackeln auf Holzstielen in einen steilen Berghang oberhalb Sautens, Ötztal, Tirol. Am Herz-Jesu-Sonntag, 10. Juni löschten dort Feuerwehren mit Unterstützung eines Hubschraubers den daraus entstandenen Brand, der 500 m² Waldboden betraf.[3]
Einzelnachweise
- Martin Senoner: Die Bedeutung der Herz-Jesu-Verehrung in der Pastoral der Kirche Südtirols (Diplomarbeit), Brixen 1996, S. 45
- Heinz Wieser: Herz-Jesu-Gelöbnis, erschienen in: Osttiroler Bote, Ausgabe vom 14. Juni 2007
- Bergfeuerfackeln lösten Waldbrand aus orf.at, 11. Juni 2018, abgerufen 11. Juni 2018.
Weblinks
- Herz-Jesu-Sonntag - Feuer auf Südtirols Bergen auf brauchtumsseiten.de von Sara Ladurner
- Samstag nach dem Herz-Jesu-Fest (Memento vom 24. Juni 2006 im Internet Archive) auf boehmpflege-landeck.at (aus Brigitte Teutsch, Günther Haas: Tiroler Brauchtum rund ums Jahr. Kompass-Verlag, 1995)
- Jahresfeuer. Herz-Jesu-Feuer (Memento vom 9. Februar 2007 im Internet Archive) – Informationen zum Herz-Jesu-Fest in Tirol bei der Universität Innsbruck
- Wochen-Chronik. Der Herz-Jesu-Sonntag gieng auch hier feierlich vorüber, Pusterthaler Bote Nr. 26, 30. Juni 1876, S. 101
- Aufrufe zur Herz-Jesufeier. Aufruf zur Bergbeleuchtung, Bozner Nachrichten Nr. 111, 16. Mai 1896, S. 3
- Das Herz-Jesu-Fest, Andreas Hofer Wochenblatt Nr. 25, 18. Juni 1896, S. 294–297
- Das Herz-Jesu-Fest, Andreas Hofer Wochenblatt Nr. 26, 25. Juni 1896, S. 310–316
- Bergfeuer am Herz Jesu-Fest 21. Juni, Dolomiten Nr. 72, 17. Juni 1936, S. 2
- Hermann Mang: Lodernde Bergfeuer, Dolomiten Nr. 17, 9. Juni 1945, S. 3