Herold (Verein)
Der heraldische Verein Herold, Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin (Eigenschreibweise HEROLD) ist ein wissenschaftlich-heraldischer und genealogischer Verein mit Sitz auf dem Gelände des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) in Berlin-Dahlem. Er ist heute für die von ihm betreuten Forschungsgebiete die älteste Fachgesellschaft in Europa. Weltweit hat der Verein derzeit ca. 700 Mitglieder. Der Verein widmet sich den Historischen Hilfswissenschaften, insbesondere der Heraldik (Wappenkunde), Genealogie (Familiengeschichtsforschung) und verwandten Wissenschaften wie Sphragistik (Siegelkunde), Phaleristik (Ordenskunde), Numismatik (Münz- und Medaillenkunde) und Prosopographie (Personenkunde), aber auch der mit diesen in Verbindung stehenden Landes- und Ortsgeschichte.
Herold, Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin (Herold) | |
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Rechtsform | eingetragener Verein |
Gründung | 3. November 1869 |
Sitz | Berlin |
Zweck | Historische Hilfswissenschaften[1] |
Vorsitz | Ludwig Biewer |
Mitglieder | ca. 700 |
Website | www.herold-verein.de |
Geschichte
Der Verein wurde am 3. November 1869 gegründet und am 14. August 1882 durch Allerhöchsten Erlass mit den Rechten einer juristischen Person ausgestattet. Heute ist er mit seinen ehrenamtlichen Mitarbeitern als gemeinnützig anerkannt. Damit ist der Verein Herold heute europaweit für die von ihm betreuten Forschungsgebiete die älteste und renommierteste heraldisch-genealogisch wissenschaftliche Fachgesellschaft.
Gründer waren der kurz zuvor aus Hannover nach Berlin versetzte Friedrich Warnecke, der Heraldiker Maximilian Gritzner, Carl Brecht, der Wappenstecher und Hofgraveur Carl Voigt sowie Hugo Freiherr von Linstow, der auch zum ersten Vorsitzenden gewählt wurde.
Als 1934 Achim Gercke bestrebt war, alle genealogischen Vereine Deutschland einem Reichsverein zu unterstellen, wählten die Mitglieder des Herold im Oktober 1934 den Abteilungsleiter im Rasse- und Siedlungshauptamt der SS Kurt Mayer zu ihrem Vorsitzenden. Dieser betrieb dann in Zusammenwirken mit der Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte, Leipzig die Absetzung Gerckes.
Wappen
Der Verein führt ein Wappen mit folgender Blasonierung: „In Schwarz auf goldenem Dreiberg ein Herold mit goldenem Tappert, darauf der schwarze Reichsadler, und silbern-roter an silbernen und roten Ärmeln sowie roten und silbernen Beinlingen sichtbar werdender Unterkleidung, in der Rechten einen goldenen Heroldstab haltend, auf dem Haupte ein rotes Barett mit je einer silbernen und roten Straußenfeder.“[2]
Wirken
Die Forschungsschwerpunkte sind im Rahmen der historischen Hilfswissenschaften insbesondere Heraldik, Genealogie, Siegelkunde, Ordenskunde, Numismatik, Namenkunde und Biographik sowie Landes- und Ortsgeschichte.
Aktivitäten und Dienstleistungen des Vereins sind regelmäßige Versammlungen mit Vorträgen, Unterhaltung einer Spezialbibliothek und eines auf die Historischen Hilfswissenschaften spezialisierten wissenschaftlichen Archivs, wöchentliche Auskunfts- und Beratungstätigkeit der ehrenamtlich tätigen Mitglieder, Beantwortung schriftlicher Anfragen, Beratung zu Fragen der Heraldik und Genealogie, Prüfung vorgelegter Wappenentwürfe auf heraldische und genealogische Richtigkeit und auf Ausschließlichkeit, Führung der Deutschen Wappenrolle, der ältesten und renommiertesten Wappenrolle in Deutschland (in Rechtsnachfolge der alten Heroldsämter), Publikation derselben in unregelmäßig erscheinenden Fortsetzungsbänden, Herausgabe von diversen Zeitschriften und Monographien. Der Herold hat das weltweit umfassendste heraldische Archiv zusammengetragen, das Interessierten zur Verfügung steht.
Bibliothek
Die Spezialbibliothek des Herold umfasst über 30.000 Bände aus den "Herold-Wissenschaften", darunter einen wertvollen Altbestand, eine reiche Sammlung einzelner Familiengeschichten, einen großen Zeitschriftenbestand und viele seltene Werke zur Genealogie, Heraldik, Sphragistik, Phaleristik, Militärgeschichte sowie Orts- und Landeskunde, jeweils auch außerdeutscher Länder. Die Bestände sind in einer online-Datenbank[3] erfasst und im Benutzersaal des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem, Archivstraße 12–14, zu dessen Öffnungszeiten öffentlich benutzbar. Eine Ausleihe außer Haus ist den Mitgliedern des Vereins vorbehalten. Bei einer Benutzung in der Herold-Geschäftsstelle (nur dienstags 16 bis 19 Uhr) kann auch auf eine genealogische Handbibliothek und eingeschränkt auch auf die Dienstbibliothek des Herolds-Ausschusses zurückgegriffen werden. Über Neuerwerbungen wird regelmäßig in der Vierteljahrsschrift und durch jährliche Buchvorstellungsabende berichtet.
Archiv
Das Archiv des Herold verfügt neben den Vereinsakten (u. a. den zahlreichen biographischen Unterlagen der Matrikelakten) über wertvolle archivalische Sammlungen und Nachlässe. Unter den genealogischen Sammlungen finden sich z. B. die Sammlungen Bardeleben, La Roche, Lassahn-Spruth, Lindner, Maltitz[4] und Zitzewitz. Für die Heraldik ist vor allem die 1882 begonnene Wappenbilderkartei zu nennen, die mit 150.000 Nachweisen bedeutendste nach Wappenbildern geordnete heraldische Sammlung. Hinzu kommen Siegelsammlungen, die große ordenskundliche Sammlung Klietmann und das Korbsche Bildarchiv[5] mit etwa 24.000 Negativen vorwiegend von Porträts namhafter Persönlichkeiten des 16. bis 18. Jahrhunderts.
Publikationen
Zu den vom Herold herausgegebenen Publikationen zählen das Herold-Jahrbuch (1972–74 und seit 1996) und seit 1959 die „Vierteljahrsschrift für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften“ Der Herold (mit verschiedenen Vorgängerpublikationen, darunter 1870–1934 die Monatsschrift Der deutsche Herold sowie 1873–1889 die Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie bzw. 1890–1931 die Vierteljahrsschrift für Wappen-, Siegel- und Familienkunde)
Deutsche Wappenrolle
In der vom Herold geführten Deutschen Wappenrolle (DWR) werden auf Antrag und nach Prüfung in heraldischer, genealogischer und juristischer Hinsicht deutsche bürgerliche und adlige Wappen, altüberkommene und neugestiftete, gebührenpflichtig registriert. Über die Eintragung wird eine Urkunde mit Abbildung des Wappens ausgestellt. Die Veröffentlichung erfolgt in der vom Herold herausgegebenen Buchreihe "Deutsche Wappenrolle".
Deutsche Ortswappenrolle
In der vom Herold geführten Deutschen Ortswappenrolle (DOWR) werden seit 2011 auf Antrag und nach Prüfung in heraldischer, genealogischer und juristischer Hinsicht deutsche Wappen von kommunalrechtlich nicht selbständigen Ortschaften, Ortsteilen bzw. Stadtteilen, altüberkommene und neugestiftete, gebührenpflichtig registriert. Über die Eintragung wird eine Urkunde mit Abbildung des Wappens ausgestellt.[6]
Bardeleben-Medaille
Für besondere Verdienste um den Verein Herold und die von ihm gepflegten Wissenschaften verleiht der Herold als seine höchste Auszeichnung die 1909 gestiftete Bardeleben-Medaille.[7]
Vorsitzende des Herold
Nr. | von | bis | Name |
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1 | 3. November 1869 | 7. Dezember 1870 | Hugo Freiherr von Linstow (1821–1899) |
2 | 7. Dezember 1870 | 2. Mai 1871 | Carl Chlodwig Freiherr von Reitzenstein (1823–1874) |
3 | 6. Juni 1871 | 3. November 1873 | Hermann Graf von Hoverden (1819–1900) |
4 | 3. November 1873 | 27. Dezember 1877 | Gustav Freiherr von La Roche (1810–1877) |
5 | 8. Januar 1878 | 19. März 1886 | Julius Graf von Oeynhausen (1843–1886) |
6 | 1. Februar 1887 | 2. Juli 1895 | Otto Freiherr von und zu Aufseß (1825–1903) |
7 | 3. Dezember 1895 | 7. Dezember 1897 | Heinrich Freiherr von Ledebur (1832–1912) |
8 | 7. Dezember 1897 | 7. Juli 1898 | Julius von Ising (1832–1898) |
9 | 6. Dezember 1898 | 4. Dezember 1923 | Carl von Bardeleben (1840–1928) |
10 | 4. Dezember 1923 | 5. Mai 1933 | Stephan Kekule von Stradonitz (1863–1933) |
11 | 16. Mai 1933 | 20. Februar 1934 | Albert von Gröning (1867–1951) |
12 | 20. Februar 1934 | 30. September 1934 | Rudolf Gießler (1867–1944) |
13 | 16. Oktober 1934 | 31. März 1935 | Kurt Mayer (1903–1945) |
14 | 16. April 1935 | 3. März 1949 | Gustav Wehner (1877–1958) |
15 | 3. März 1949 | 8. Mai 1952 | Hermann Voget (1887–1954) |
16 | 8. Mai 1952 | 1. Juli 1954 | Heinz Hugo (1906–1992) (1. Amtszeit) |
17 | 1. Juli 1954 | 5. Juni 1958 | Herbert Spruth (1900–1972) |
18 | 5. Juni 1958 | 4. Februar 1960 | Heinz Hugo (1906–1992) (2. Amtszeit) |
19 | 4. Februar 1960 | 28. März 1961 | Kurt-Gerhard Klietmann (1910–1990) |
20 | 28. März 1961 | 15. Dezember 1962 | Richard R. Kuhns (Notvorstand) |
21 | 15. Dezember 1962 | 9. Januar 1969 | Rudolf Stöwesand (1892–1969) |
22 | 9. Januar 1969 | 11. Januar 1972 | Heinz Hugo (1906–1992) (3. Amtszeit) |
23 | 11. Januar 1972 | 25. Januar 1975 | Erich R. Berger (1912–1990) |
24 | 25. Januar 1975 | 2. Februar 1985 | Herbert Helbig (1910–1987) |
25 | 2. Februar 1985 | 6. Februar 1988 | Karl-Christoph Graf von Rothkirch-Trach (1920–2006) |
26 | 6. Februar 1988 | 3. Februar 1990 | Friedrich Ebel (1944–2005) |
27 | 3. Februar 1990 | 11. Februar 1995 | Knut Schulz (* 1937) |
28 | 11. Februar 1995 | 11. Februar 2006 | Heinrich Freiherr von Lersner (1930–2014) |
29 | 11. Februar 2006 | 3. März 2012 | Bernhart Jähnig (* 1941) |
30 | 3. März 2012 | 15. Februar 2015 | Martin Richau |
31 | 28. Februar 2015 | 29. November 2021 | Bernhart Jähnig (* 1941) |
32 | 29. November 2021 | Ludwig Biewer (* 1949) |
Schriften
- Vierteljahrsschrift für Heraldik, Sphragistik und Genealogie. Heymanns, Berlin [1.1873 – 17.1889] Digitalisat
Literatur
- Ulrich Bornitz: 3. November 1869: Der Herold wird gegründet. In: Berlinische Monatsschrift (Luisenstädtischer Bildungsverein). Heft 11, 1999, ISSN 0944-5560, S. 81–83 (luise-berlin.de).
- Eckart Henning: Der „doppelte“ Herold. Ottfried Neubecker und Jürgen Arndt – ein Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte der deutschen Heraldik. In: Herold-Jahrbuch, Neue Folge, Band 15, 2010, S. 7–22.
- Heinz Hugo: Der Herold zu Berlin. Hundert Jahre deutschen Vereinslebens für Heraldik und Genealogie. In: Archiv für Sippenforschung. Band 35, 1969, S. 197–202.
- Dieter Müller-Bruns: Überlegungen zu Grundzügen des sogenannten Wappenrechts. In: Lorenz Friedrich Beck, Regina Rousavy, Bernhart Jähnig (Hrsg.): Wappen heute – Zukunft der Heraldik? Eine Historische Hilfswissenschaft zwischen Kunst und Wissenschaft (= Herold-Studien. Band 9). C. A. Starke, Limburg a. d. Lahn 2014. S. 33–46. (= Beiträge der gemeinsamen Tagung der Fachgruppe Historische Hilfswissenschaften des Herold und des Herolds-Ausschusses für die Deutsche Wappenrolle am 24. April 2009 im Archiv der Max-Planck-Gesellschaft).
- Verzeichnis der Mitglieder des Vereins Herold zu Berlin 1904. Festgestellt am 18. Mai 1904. C. A. Starke, Görlitz o. J. (1904). (Digitalisat)
Weblinks
- Webseite des Vereins Herold
- Herold auf GenWiki
- Deutsche Wappenrolle im Heraldik-Wiki
Einzelnachweise
- genealogienetz.de (Unterseite der Vereinshomepage http://www.herold-verein.de/)
- Satzung des Vereins Herold § 2 Vereinswappen (Memento vom 20. September 2013 im Internet Archive)
- Link zum OPAC der Herold-Bibliothek.
- Johann Karl von Schroeder: Die genealogische Sammlung Maltitz. In: Der Herold. Vierteljahrsschrift für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften. Neue Folge, Band 8, Heft 9, 1977, S. 188–190.
Frank Lehmann: Genealogische Sammlungen am Beispiel der Sammlung Emil von Maltitz. In: Der Herold. Vierteljahrsschrift für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften. Neue Folge, Band 17, 1992, Heft 4, S. 538–541. - Werner Heegewaldt: Das KORB'sche Bildarchiv im Verein Herold. In: Der Herold. Vierteljahrsschrift für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften. Neue Folge, Band 12, Heft 8, 1988, S. 226 f.
- Deutsche Ortswappenrolle im Heraldik-Wiki
- Werner Heegewaldt: Die Bardeleben-Medaille und ihre Träger. Zur Geschichte einer wissenschaftlichen Auszeichnung. In: Festschrift zum 125jährigen Bestehen des Herold zu Berlin. Berlin 1994, S. 349–374.