Heinrich Weltmann
Heinrich Weltmann (* 27. Januar 1849 in Wildeshausen; † 12. Januar 1921 ebenda) war Zuave der päpstlichen Garde in Rom, ein Kaufmann in den Niederlanden, Belgien und Deutschland sowie Eigentümer des Baudenkmals Villa Belgrano in Boppard am Rhein.
Abstammung und Familie
Heinrich Diederich Bernard Weltmann wurde am 27. Januar 1849 in Wildeshausen als Sohn des Schlossermeisters Johann Conrad Liborius Weltmann und der Elisabeth Dreyer geboren. Sein Vater hatte 1836 das elterliche Anwesen in der Huntestraße in Wildeshausen übernommen und betrieb daneben in einem kleineren Rahmen die Landwirtschaft.[1]
Am 31. Juli 1880 heiratete Weltmann in Brüssel Anna Berta Clara Knagge, (* 18. Juni in 1859 Wildeshausen[2]–7. Februar 1940 Wildeshausen[3]). Ihr Bruder war August Frederick Maria Knagge[4] (15. März 1864 Wiesbaden – 16. Februar 1955 Wildeshausen).
Aus der Ehe sind 13[4] Kinder hervorgegangen, von denen nachstehend folgende näher beschrieben werden:
Ausbildung und erste berufliche Tätigkeit
Weltmann machte zunächst eine Lehre in Wildeshausen und ging schon 1864, also im Alter von 15 Jahren, zu einem Verwandten in die Niederlande und begann seine berufliche Tätigkeit bei der Fa. Bahlmann in deren Niederlassung in Gorcum.[Anm 2]
Zuave in Rom
Im Jahre 1867 trat er in die päpstliche Armee in Rom als Zuave ein. Die päpstlichen Zuaven waren hauptsächlich junge Männer, die unverheiratet und römisch-katholisch waren. Sie dienten dem Kirchenstaat zwischen 1861 und 1870, um ihn gegen die italienischen Nationalisten zu verteidigen. Eine wichtige Schlacht war die von Mentana am 3. November 1867, in der die Garibaldisten von den niederländischen Zuaven besiegt wurden. Schließlich konnten aber die Truppen des Papstes den weitaus zahlreicheren Italienern keinen Widerstand leisten. Im Jahr 1870 war der Kampf verloren.[5] Weltmann hatte es zum Sergeant geschafft. Papst Pius IX. steckte ihm während einer Audienz eine Medaille an die Brust. Im Register der Zuaven ist der Name von Henricus Weltmann aus Wildeshausen aufgeführt.[6]
Textilkaufmann in Belgien, Niederlande und Deutschland
1873 kehrte Weltmann in die Niederlande zurück. Das Deutsche Reich wurde 1871 gegründet. Viele junge deutsche Menschen versuchten der damals eingeführten Wehrpflicht in der Armee zu entgehen, die hauptsächlich von protestantischen preußischen Offizieren beherrscht wurde. Zudem sah sich die katholische Bevölkerung damals einer neuen Welle religiöser Unterdrückung durch den Reichskanzler Bismarck (Kulturkampf) ausgesetzt. Nach drei Jahren Arbeit in Antwerpen in der Textilbranche, viel Arbeit und verlorenen Jobs lernte er den aus Haren (Ems) stammenden Textilkaufmann Stephan Esders (1852-1920) kennen.[7][Anm 3] Von Stefan Esders kam die Idee, ins Textilgeschäft als selbständige Unternehmer einzusteigen. Weltmann hatte kaum Ersparnisse. Esders sah darin kein Problem. Er hatte bereits ein Gebäude im Auge, von dem ein Teil angemietet werden konnte. Auch er hatte praktisch kein Geld, aber beide hatten einen unglaublichen Optimismus. Am 12. September 1877 erfolgte die Gründung eines Textileinzelhandelsgeschäftes in Brüssel unter dem Namen „Esders & Weltmann“. Die Gesellschafter nahmen Kontakt auf mit der Firma Gobert in Verviers[8], die einem Verwandten von Esders gehörte, die auf sechsmonatigen Kredit Stoffrollen und alle Arten von Herrenartikel liefern konnte. Geplant war, die Stoffe meterweise zu verkaufen. Dies gelang aber nicht. Aus Verzweiflung begann man, Herrenhosen in verschiedenen Größen, also Konfektionsware, zu einem Stückpreis von 9,00 BFR herzustellen. Dies war eine richtige Entscheidung, da schon im ersten Jahr der Umsatz 250.000,00 BFR betrug.[7]
Im dritten Jahr des Bestehens wurde für Heinrich Esders, einem Bruder von Stefan Esders, eine Niederlassung in Antwerpen gegründet. Im folgenden Jahr erfolgte die Gründung einer Niederlassung in Hamburg, an der der Schwager von Esders, Hermann Bernard Theodor Dyckhoff, zur Hälfte und die Brüder Stefan und Heinrich Esders sowie Heinrich Weltmann zu je einem Sechstel beteiligt waren.[7]
In der Zwischenzeit war es 1890 geworden und Weltmann gründete in München für seinen Schwager August Knagge dem Sohn des Überseekaufmanns Johannes Knagge aus Wildeshausen eine Filiale zu eröffnen. Als Weltmann aus München zurückkehrte, teilte ihm Stefan Esders, dass dieser zur gleichen Zeit ein großes Gebäude in Brüssel gekauft hatte.[7]
Heinrich Weltmann fand das etwas zu schnell und schlug vor, sich in Berlin selbstständig zu machen. Am 27. März 1890 zog Weltmann nach Berlin. Da er ein florierendes Unternehmen in Brüssel zurückließ und ihm die Unterstützung von Stefan Esders fehlte, musste er dort noch einmal allein ganz von vorne anfangen. 1891 wurde die Fa. „Heinrich Weltmann“ eröffnet.[7]
1900 war das Jahr, in dem Weltmann eine Nachricht von Esders und Dyckhoff (Dijckhoff) erhielt, dass sie gemeinsam ein Kleiderlager in Berlin eröffnen wollten. Weltmann war von dieser Idee nicht begeistert und beschloss, sein Unternehmen zu verkaufen. Deshalb verkaufte Weltmann sein Geschäft an Esders, der es unter der Fa. „Heinrich Weltmann Nachf. Stefan Esders“ fortführte.[7]
Ruhestand in der Villa Belgrano
Am 30. Dezember 1900 verließ Weltmann Berlin in Richtung Boppard am Rhein, wo er inzwischen die Villa Belgrano gekauft hatte. Mit seiner Frau und 13 Kindern ließ er sich im Alter von 52 Jahren in dieser schönen Villa, umgeben von einem herrlichen Park, mit einem Vermögen von drei Millionen Mark, nieder. Die guten Beziehungen zwischen den Familien Weltmann und Esders wurden dadurch nicht gestört, sie blieben noch lange Zeit in Kontakt.[7] Dazu hat beigetragen, dass die Tochter Josefine Leoni den Sohn von Esders, Bernard Esders, geheiratet hatte.
Nach dem Ersten Weltkrieg zog die Familie nach Wildeshausen, wo Weltmann im Alter von 72 Jahren verstarb. Seine Ehefrau verzog zu einer Cousine nach Münster und verstarb dort 20 Jahre später.[4]
Anmerkungen
- Bernard Maria Esders war nach einem Unfall in einer Textilfabrik gelähmt. Mit seinem Vater Stefan Esders, dem Partner von Weltmann hatte er eine Pilgerfahrt nach Lourdes unternommen und versprochen, für die Heilung seines Sohnes in Wien aus Dankbarkeit für die Muttergottes Maria eine Kirche zu bauen. Sein Sohn Bernard ist weitgehend gesund geworden, heiratete in Wien Josefine Weltmann, die Tochter von Heinrich Weltmann und hatte mit ihr die drei Kinder Stefan, Bertha und Maria. Am 15. September gedenkt die Pfarre Kaasgrabenkirche in Wien der Schmerzen Mariens. Dieser Kalendertag ist auch zufällig der Todestag des Stifters dieser Kirche, Stefan Esders, der am 15. September 1920 in Wien gestorben ist. Er ist in der Krypta begraben. (Janina Osses Frei, So begann alles am Kaasgraben, in „Roter Faden“, Ausgabe, Zeitschrift des Absolventenverbandes Döbling in Wien, 31-2013, S. 24, )
- Es handelt sich offensichtlich um die Fa. Bahlmann & Compagnie in Amsterdam. Am 14. Mai 1821 hatte der aus Dinklage stammende 20-jährige Bernardus Johannes Josephus Franciscus Bahlmann am Nieuwendijk in Amsterdam ein Geschäft mit „Baumwoll-, Woll- und Seidenwaren aller Art zu Festpreisen“ eröffnet und betrieb dieses Geschäft in mehreren Niederlassungen, vergl.: 1821 Textielmagnaat Bahlmann Auch der aus Wildeshausen stammende Johannes Knagge, der spätere Schwiegervater von Weltmann, hatte in den 30er Jahren bei Bahlmann als Prokurist gearbeitet. Knagge, der im Jahre 1852 nach seiner Rückkehr aus Java die Villa Knagge in Wildeshausen errichtet hattem mag den Kontakt mit Bahlmann vermittelt haben.
- Im Staatsarchiv in Rotterdam befindet sich das umfangreiche Archiv der inzwischen aufgelösten Fa. Esders (914 Archief van Esders' Kledingmagazijnen Rotterdam N.V.digital), das auch Unterlagen enthält, die sich mit Heinrich Weltmann und seiner Tochter Josefine Esders-Weltmann ("Geschiedenis van de families Esders en Weltmann") befassen. Bemerkenswert ist, dass die Tochter schon den Doppelnamen „Esders-Weltmann“ geführt hat.
Einzelnachweise
- Udo Krauthausen: Ahnenliste der Familie Cremer aus Dortmund (PDF; 22 MB), auf lwl.org
- Geburtseintrag im Kirchenbuch der kath. Kirchengemeinde in Wildeshausen
- Sterbeeintrag im Kirchenbuch der kath. Kirchengemeinde in Wildeshausen (Wegen Schutzfrist noch nicht veröffentlicht). Hinweis beim Geburtseintrag
- August Knagge, (1864-1955), Lebensweg des Johannes Lambertus Joseph Knagge aus Wildeshausen, S. 294 ff Oldenburgische Familienkunde, Feb. 1976 Heft 1, S. 284 ff
- Website des Stichting Nederlands Zouavenmuseum in der Gemeinde Oudenbosch, digital
- Website des Stichting Nederlands Zouavenmuseum, digital
- Guill de Valk: Esders' Kledingmagazijnen Rotterdam NV 1894-1958. In: Rotterdams Jaarboekje. Rotterdam 2003, S. 151–161., abgerufen am 31. Januar 2022,digital
- Rotterdams jaarboekje. (1923). Niederlande: W. L. & J. Brusse, S. 152, snippet-Ansicht