Heinrich Hamann (Polizist)
Heinrich Hamann (* 1. September 1908 in Bordesholm; † 16. April 1993 in Bad-Neuenahr) war ein deutscher Polizist und SS-Hauptsturmführer.
Leben
Der selbständige Kaufmann Heinrich Hamann trat 1931 der NSDAP (Mitgliedsnummer 647.427) und der SS (Mitgliedsnummer 33.531) bei. Über die Hilfspolizei und die SS-Stabswache Hamburg gelangte er zum SD-Hauptamt. Dort leitete er die Registratur. 1937 kam er als Kriminalkommissar-Anwärter (KK-Anwärter) zur Gestapo. Ende 1939 wurde er Leiter des Grenzpolizeikommissariats (GPK) von Neu-Sandez (polnisch Nowy Sącz). Zu dieser Zeit war er SS-Obersturmführer. 1940 bestand er den KK-Lehrgang. Bis Mitte 1943 blieb er in Nowy Sącz/Neu-Sandez. Nach einem kurzen Aufenthalt in Jasło war er seit Herbst 1943 bei der Sicherheitspolizei in Krakau tätig.[1]
Verheiratet mit einer deutschen Frau, die als Schreibkraft bei der Gestapo in Krakau eingesetzt war, begann Hamann eine Beziehung zu einer Gefangenen. Weil sie eine jüdische Polin war, wurde er beim SD wegen Rassenschande denunziert, woraufhin er ihr einen volksdeutschen Ausweis aushändigte und sie als seine Konfidentin ausgab. Dafür wurde sie nach Kriegsende von polnischen Behörden inhaftiert. Anlässlich einer Amnestie wieder freigelassen, emigrierte sie nach Argentinien, wo sie ein Hotel betrieb.[2]
Kriegsverbrechen in Neu-Sandez (Nowy Sacz)
Hamann blieb nach 1945 bis Ende der 1950er Jahre in der Bundesrepublik als Kriegsverbrecher unerkannt. In einem Gerichtsverfahren 1960 bestätigte Hamann am 4. Mai, dass die Bedeutung der Umschreibung Sonderbehandlung in den Befehlen zur Judenvernichtung mit „liquidieren“ gleichzusetzen war.[3] Das Landgericht Bochum verurteilte Heinrich Hamann im Jahre 1966 zu lebenslanger Haft. Mitte der achtziger Jahre wurde er aus dem Gefängnis entlassen.[4] Seit 1985 lebte er in einem Altenheim in Bad Neuenahr und starb dort im April 1993.[5]
Die Ermordung Hunderter Juden, politischer Regimegegner und anderer Unschuldiger unter seinem Kommando ist seitens der Justiz eindeutig bewiesen worden. Gegenstand der Gerichtsverhandlung war die Erschießung von Juden in Neu-Sandez und die Liquidierung des dortigen Ghettos im August 1942. Dabei wurden mindestens 15.000 Juden ins Vernichtungslager Belzec deportiert.
Im Hauptamt der Sicherheitspolizei in Krakau
Heinrich Hamann wird von Jan Karski im Buch Einer gegen den Holocaust als lebensgefährlicher Gegner beschrieben. Jan Karski konnte seine Informationen über den Holocaust in Polen nur deshalb zu den Westmächten bringen, weil er unter äußerst schwierigen Umständen Hamann noch knapp entkam.
Literatur
- E. Thomas Wood, Stanislaw M. Jankowski: Einer gegen den Holocaust: Jan Karski – als Kurier in geheimer Mission. Komet, Köln 2003, ISBN 3-89836-496-8.
- Klaus-Michael Mallmann: Heinrich Hamann, Leiter des Grenzpolizeikommissariats Neu-Sandez. In: Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien. Hgg. Mallmann & Gerhard Paul (Historiker). Reihe: Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, 2. WBG 2004, 2. unv. Aufl. 2005, Sonderausg. WBG 2011 & Primus, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-726-2, S. 104–114.
Weblinks
- Bericht von Rena Anisfeld über die Gräuel Heinrich Hamanns in Neu Sandez (englische Übersetzung aus dem Jiddischen)[6]
Einzelnachweise
- Gerhard Paul: Die Täter der Shoah: fanatische Nationalsozialisten oder ganz normale Deutsche? Wallstein, 2002, ISBN 3-89244-503-6, S. 113,2 (Google Books [abgerufen am 2. Juni 2009]).
- Bård Kartveit: The War Children of the World, Report 2,. 2002, ISBN 82-996703-1-4, S. 86,8. (PDF (Memento vom 26. Januar 2004 im Internet Archive)). The War Children of the World, Report 2, (Memento des Originals vom 26. Januar 2004 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Kogon, Eugen, Langbein, Rückerl u. a. (Hrsg.): Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas. Fischer 4353, Frankfurt 1995, S. 19.
- 75 lat temu region opuścił 'kat Sądecczyzny'. Dokładnie 75 lat temu placówką Gestapo w Nowym Sączu przestał kierować Heinrich Hamann - „kat Sądecczyzny”, odpowiedzialny za śmierć nawet 25 tysięcy osób w regionie. „Sądecki Sztetl” opublikował niedawno nieznane zdjęcia oprawcy, skazanego przez niemiecki sąd na dożywocie, który zmarł w 1993 roku. 15. August 2018, abgerufen am 31. Dezember 2018 (polnisch).
- Klaus-Michael Mallmann: Heinrich Hamann, Leiter des Grenzpolizeikommissariats Neu-Sandez. In: Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien. Hgg. Mallmann & Gerhard Paul. Reihe: Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ludwigsburg der Universität Stuttgart, 2. Auflage, WBG, Darmstadt, 2004, S. 111.
- Raphael Mahler: ספר סאנץ/ Sefer Sanṭs. In: Steven Spielberg digital Yiddish library, no. 13907. National Yiddish Book Cente, Amherst 2001 (jiddisch).