Hedda Vernon
Hedda Vernon (geboren als Berta Hedwig Lang am 20. Oktober 1889 in Straßburg[1]; † 10. August 1961 in München[2]) war eine deutsche Schauspielerin der Stummfilmzeit und einer der ersten Stars des frühen deutschen Kinos.
Wirken
Vernon hatte wohl vor ihrem ersten Kontakt zur Kinobranche nicht als Schauspielerin gearbeitet. 1912 wurde sie von der Deutschen Bioscop erstmals als Schauspielerin verpflichtet. Ihr Leinwanddebüt gab sie 1912 im Stummfilm Die Papierspur unter der Regie von Emil Albes. Noch im selben Jahr gelang ihr mit dem Melodram Die rote Jule ihr Durchbruch. In Der Kinematograph war zu lesen: "Der Verfasser des Stückes, Herr Alfred Leopold, hat das Experiment gewagt, für die Titelrolle keine Berufsschauspielerin zu nehmen, sondern ein mitten im Leben stehendes, modernes Weib. Schon nach den ersten Proben zeigte es sich, dass diese Darstellerin eine geradezu phänomenale Begabung für realistisch dazustellende Filmpartieen [sic!] besitzt. Die Interpretation der roten Jule ist derart glänzend gelungen, dass Frau Heddy Moest, so heißt die junge Dame, die aus einer der besten Familien Cölns stammt, und auf Anraten des Herrn Leopold, der auch ihr Impresario ist, den Sprung auf die Projektionswand gewagt hat, sofort von einer großen Filmfabrik mit einer hohen Gage engagiert worden ist."[3] Schon im folgenden Jahr 1913 spielte sie bei der Vitascope unter der Regie von Harry Piel im ersten und zweiten Teil des Stummfilms Menschen und Masken mit. Weitere Filme unter der Regie von Piel, aber auch Zusammenarbeiten mit Max Obal, folgten bis 1914.
Vernon erkannte früh die Möglichkeiten des neuen Mediums Film. Um 1914 gründete sie in Berlin die Produktionsfirma Hedda Vernon Film und produzierte eigene Filme für ihre Hedda-Vernon-Serie, darunter 1914 Selbstgerichtet oder Die gelbe Fratze und 1916 Hedda Vernons Bühnensketch. Im Jahr 1914 war sie Darstellerin in einigen Filmen für Paul Davidsons PAGU, darunter 1914 in Richard Oswalds Das eiserne Kreuz.
Sie wurde von der Eiko-Film unter Vertrag genommen und arbeitete bis zum Ende des Ersten Weltkriegs hauptsächlich unter der Regie ihres Ehemannes Hubert Moest, der 1919 seine eigene Produktionsfirma Moest Film GmbH gründete. Für die Moest-Filme Die roten Schuhe (1917) und Das Todesgeheimnis (1918) verfasste Vernon zudem das Drehbuch.
In den 1920er-Jahren ließ das Interesse an Vernon nach. Sie arbeitete von 1920 bis 1921 mit Harry Piel in der Filmreihe Der Reiter ohne Kopf zusammen, wurde jedoch zunehmend in Nebenrollen besetzt. Der letzte bekannte Film Vernons Zwischen zwei Frauen kam 1925 in die Kinos. Insgesamt wirkte Vernon zwischen 1912 und 1925 in mehr als 60 Stummfilmen mit.
Identität
Die Identität von Vernon war bislang nicht eindeutig geklärt.
Zeitgenössische und spätere Quellen bezeichnen sie als in Straßburg als Tochter eines preußischen Offiziers geborene[4] Ehefrau von Hubert Moest[5][6] oder nennen Hedwig Moest als ihren bürgerlichen Namen[7]. Moest war zwischen 7. Februar 1908 und 27. Juni 1919 mit Berta Hedwig Lang (* 20. Oktober 1889 in Straßburg[8]) verheiratet.[9] Nach der Scheidung von Moest heiratete Lang 1920 den Nationalökonomen Günther Gradenwitz[10] (1896–1933)[11]. In der Heiratsurkunde ist als Ehefrau die Schauspielerin Berta Hedwig Moest geb. Lang eingetragen.
Neuere Berichte vertreten auf der Basis einer früheren Version des Wikipedia-Artikels und verschiedener Hinweise die Hypothese, dass es sich bei Vernon um Hedwig Klara Kemp (* 27. Oktober 1888 in Rummelsburg[12][13]; † 10. August 1961 in München) gehandelt habe. Diese sei nie mit Moest verheiratet gewesen. Sie soll 1912 bis 1914 mit einem Arzt aus Kolberg verheiratet gewesen sein, ab 1917 mit dem Schauspieler und Schriftsteller Ernst Hofmann, später mit dem Industriejuristen Walther Waldschmidt († 1932), einem Herrn Polidoro sowie dem Golflehrer Anjo Lacinik. Sie soll zuletzt im Kanton Luzern gelebt haben.[14]
Andere Quellen nennen ohne Auflösung des Pseudonyms den 20. Oktober 1886 als Geburtsdatum.[15]
Filmografie
- 1912: Die Papierspur
- 1912: Die rote Jule
- 1913: Der Kampf um das Erbe
- 1913: Die kleine Residenz
- 1913: Der Thronfolger
- 1913: Eine Nacht im Mädchenpensionat
- 1913: Die Millionenmine
- 1913: Alt-Heidelberg, Du feine …
- 1913: Frou-Frou. Memoiren einer Prima-Ballerina
- 1913: Menschen und Masken
- 1914: Ich räche Dich
- 1914: Die Toten leben
- 1914: Selbstgerichtet oder Die Gelbe Fratze (auch Produktion)
- 1914: Die Ehe auf Kündigung
- 1914: Die braune Bestie
- 1914: Das eiserne Kreuz
- 1914: Die Perle
- 1914: Die Schleuse
- 1915: Die Bettelprinzessin
- 1915: Maria Niemand und ihre zwölf Väter
- 1915: Doch die Liebe fand den Weg
- 1915: Die Heiratsfalle
- 1915: Zofia
- 1915: Zofenstreiche
- 1916: Das Wunder der Nacht
- 1916: Das Opfer der Wera Wogg
- 1916: Maskenspiel der Nacht
- 1916: Hedda Vernon’s Bühnensketch (auch Produktion)
- 1916: Hedda im Bade
- 1916: Hans im Glück
- 1916: Das Bild der Ahnfrau
- 1916: Der Weg zum Reichtum
- 1916: Seine kokette Frau
- 1916: Suzannens Tugend
- 1917: Die Verworfenen
- 1917: Die Narbe am Knie
- 1917: Die fremde Frau
- 1917: Noemi, die blonde Jüdin
- 1917: Die roten Schuhe (auch Drehbuch)
- 1918: Puppchen
- 1918: Der Peitschenhieb
- 1918: Fesseln
- 1918: … der Übel größtes aber ist die Schuld
- 1918: Mouchy
- 1918: Das Todesgeheimnis (auch Drehbuch)
- 1918: Wo ein Wille, ist ein Weg
- 1919: Der Tod des andern
- 1919: Der Hampelmann
- 1919: Taumel
- 1919: Das große Wagnis
- 1919: Die Hexe von Norderoog
- 1919: Galeotto, der große Kuppler
- 1919: Die Erbin
- 1919: Alles verkehrt
- 1919: Jugendliebe
- 1919: Blondes Gift
- 1919: Seine Beichte
- 1919: Ut mine Stromtid
- 1920: Maita
- 1920: Das Frauenhaus von Brescia
- 1920: Der Schieberkönig
- 1920: Manolescus Memoiren
- 1920: Der Verächter des Todes
- 1920: Zu Hilfe!
- 1920: Lady Godiva
- 1921: Das Zimmer mit den sieben Türen, Teil 1: Der Schatz des Inka
- 1921: Die keusche Sünderin
- 1921: Jim Corwey ist tot
- 1921: Der Reiter ohne Kopf, drei Teile (Die Todesfalle, Die geheimnisvolle Macht, Harry Piels schwerster Sieg)
- 1921: Die Jungfrau vom Kynast
- 1922: Das fränkische Lied
- 1923: Die Sonne von St. Moritz
- 1923: Die närrische Wette des Lord Aldini
- 1923: Die Frau aus dem Orient
- 1925: Zwischen zwei Frauen
Weblinks
- Hedda Vernon in der Internet Movie Database (englisch)
- Hedda Vernon bei filmportal.de
Einzelnachweise
- Quellen: Heiratsurkunden Nr. 35 vom 7. Feb 1908, Standesamt Trier und Nr. 1228 vom 16. Oktober 1920, Standesamt Berlin-Charlottenburg, Landesarchiv Berlin. Quelle: ancestry.com
- Sterbedatum und -ort auf filmportal.de, abgerufen am 20. Oktober 2021
- Hedda Vernon in Der Kinematograph - Düsseldorf Nr. 310, 1912
- Über Filmsterne. In: Neues Grazer Tagblatt, 21. Jänner 1923, S. 12 (online bei ANNO).
- Wie sie wirklich heißen. In: Prager Tagblatt, 21. November 1920, S. 5 (online bei ANNO).
- Wolfgang Fischer: Von Asta Nielsen bis Sonja Ziemann, Eigenverlag 1958, S. 21
- Wie sie sich nennen und – wie sie heißen!.: Mein Film. Illustrierte Film- und Kinorundschau, Jahrgang 1926, S. 10 (online bei ANNO).
- Geburtenbuch Strassburg, Nr. 3030/1889 (Faksimile); der Vater wird als Zahlmeisteraspirant (ein Offiziersrang) bezeichnet.
- Heiratsregister Trier-Stadt, Nr. 35/1908 (Faksimile auf Ancestry, kostenpflichtig).
- Landesarchiv Berlin, Heiratsregister Standesamt Charlottenburg I, Nr. 1228/1920 (Faksimile auf Ancestry, kostenpflichtig)
- Sterberegister Frankfurt IV, Nr. 329/1933 (Faksimile auf Ancestry, kostenpflichtig)
- Quelle: Heiratsurkunde Nr. 281 vom 10. September 1917, Landesarchiv Berlin.
- Hedwig (Hedda) Kemp, verehelichte Hofmann in den Akten der Reichskulturkammer/Reichsschrifttumskammer
- Rainer Dick: Abgetauchte Stummfilm-Diva: Hedda Vernon war ein gefeierter Star, dann verschwand sie. Wohin? In: Die Rheinpfalz. 10. Oktober 2020, abgerufen am 26. Dezember 2020.
- Hedda Vernon bei filmportal.de, abgerufen am 26. Dezember 2020.