Hauptschalter (Eisenbahn)
Ein Hauptschalter ist bei elektrischen Triebfahrzeugen ein Leistungsschalter, der in der Oberspannungsleitung zwischen Stromabnehmer und bei Wechselstromfahrzeugen dem Transformator bzw. bei Gleichstromfahrzeugen den Elementen der Leistungssteuerung liegt. Mithilfe des Hauptschalters werden die gesamten elektrischen Anlagen des Triebfahrzeugs ein- bzw. ausgeschaltet. Des Weiteren kann der Hauptschalter das Fahrzeug bei der Auslösung einer Schutzeinrichtung selbsttätig ausschalten. Solche Schutzeinrichtungen sind vom Fahrzeugtyp abhängig und können beispielsweise bei Ansprechen des Buchholzschutzes, Erdschluss, Kurzschluss, Überlast, Überspannung bzw. Unterspannung in der Fahrleitung (z. B. vor Schutzstrecken oder niedrigen Fahrleitungen an Unterführungen, aber auch bei Wechsel des Bahnstromsystems an Grenzbahnhöfen und bei Schwungeinfahrten) ansprechen.[1] Der Hauptschalter kann auch durch die Sicherheitsfahrschaltung und andere Zugsicherungssysteme ausgeschaltet werden. Denn bei einigen technisch ausgelösten Notbremsungen wird auch der Hauptschalter ausgeschaltet, um die Antriebsleistung abzuschalten, und nicht nur eine Schnellbremsung eingeleitet.
Bei älteren Triebfahrzeugen, insbesondere solche mit geringer Leistung, wurden teilweise sogenannte Hauptsicherungen anstelle eines Hauptschalters verbaut.
Betrieb
Nicht durchgeschaltete Schutzstrecken und generell Systemtrennstellen dürfen nur mit ausgeschaltetem Hauptschalter befahren werden. Zur Ankündigung solcher Stellen gibt es spezielle Fahrleitungssignale. Diese zeigen dem Triebfahrzeugführer an, wo er den Hauptschalter ausschalten muss bzw. wieder einschalten darf.
Würde man in einen solchen isolierten Abschnitt ohne „Hauptschalter aus“ einfahren, könnte es zu einem Lichtbogen und damit zur Beschädigung des Schienenfahrzeugs kommen, vor allem am Stromabnehmer und am Transformator. Schon das Heben und Senken des Stromabnehmers könnte bei eingeschaltetem Hauptschalter einen großen Lichtbogen erzeugen. Deswegen wird der Stromabnehmer nur mit ausgeschaltetem Hauptschalter angehoben und abgesenkt. Akustisch ist das Betätigen des Hauptschalters sehr gut hörbar: Es ist der dumpfe Knall nach dem Heben bzw. vor dem Senken des Stromabnehmers.
Bauart und Funktion
Der Hauptschalter muss als Leistungsschalter ausgeführt sein, weil er das Triebfahrzeug auch unter Volllast sicher von der Spannungsquelle, also der Oberleitung oder der seitlichen Stromschiene zu trennen hat. Dies erfordert vor allem eine zuverlässige Funkenlöschung, um den entstehenden Lichtbogen zusammenbrechen zu lassen. In der Regel befindet sich der Hauptschalter auf dem Dach oder im Maschinenraum zwischen Oberspannungswandler und dem Transformator. Wobei er oft auch die Funktion der Dachdurchführung übernimmt.
Hauptschalter für die heute üblichen Bahnstromsysteme sind entweder für Schaltung von Wechselstrom oder für Gleichstrom geeignet. Bei Wechselstrom müssen verhältnismäßig hohen Spannungen und geringe Ströme geschaltet werden. Außerdem weist Wechselstrom einen Nulldurchgang auf, wodurch sich der Lichtbogen leichter löschen lässt. Bei Gleichstrom hingegen werden in der Regel verhältnismäßig niedrige Spannungen und hohe Ströme geschaltet. Des Weiteren hat Gleichstrom keinen Nulldurchgang, weshalb Gleichstrom andere Anforderungen an einen Hauptschalter stellt als Wechselstrom. Mehrsystemfahrzeuge, die sowohl in Wechselstrom-, als auch in Gleichstromnetzen fahren, sind deshalb in der Regel mit zwei Hauptschaltern ausgestattet.
Ölschalter
Beim Ölschalter befinden sich die Kontakte in einem luftdichten Kessel, der mit Öl befüllt ist. Bei Betätigung des Ölschalters verdampft durch den Lichtbogen ein Teil des Öles, wodurch der Lichtbogen gelöscht wird. Bei Ölschaltern wird die Hochspannung in der Regel gleichzeitig an mehreren Stellen unterbrochen. Der Ölschalter wird mithilfe eines Druckluftantriebs eingeschaltet und über eine Klinke gegen Federdruck festgehalten. Das Ausschalten erfolgt durch lösen der Klinke, wodurch die Kontakte durch die Federkraft getrennt werden. Da bei dieser Bauart die Gefahr besteht, dass der Hauptschalter explodiert, wurden diese immer auf dem Dach des Triebfahrzeugs angeordnet. Weitere Nachteile sind ihr großer Platzbedarf, die beschränkte Schaltleistung, sowie das hohe Gewicht. Ölschalter wurden bis in die 1930er Jahre oft benutzt und sind heute veraltet.[1][2]
Expansionsschalter
Expansionsschalter sind Einkontakt-Stiftschalter. Der Schaltvorgang findet in der Expansions- bzw. Dampfkammer statt. Diese ist im unteren Teil mit einem wasserhaltigen Löschmittel gefüllt, welches teilweise beim Ausschalten verdampft, was wiederum den Lichtbogen löscht. Expansionsschalter werden durch einen Druckluftantrieb oder per Hand eingeschaltet. Ausgeschaltet werden sie durch Federkraft. Sie wurden bis Mitte der 1940er Jahre bei Neufahrzeugen eingesetzt.[1][2]
Druckluftschalter
Mit steigenden Leistung der Triebfahrzeuge gerieten die vorgenannten Bauarten an ihre Grenzen. Dies führte zur Entwicklung von Druckluftschaltern, welche nicht nur pneumatisch betrieben, sondern auch der entstehende Lichtbogen mit Druckluft weggeblasen wird.[1][2]
Vakuumschalter
Bei modernen Triebfahrzeugen werden häufig Vakuumschalter verwendet. Sie bestehen aus einer Schaltkammer, in der ein Druck von etwa 10−5 Pa herrscht, in der sich zwei zylindrische Druckkontakte befinden. Ein Druckkontakt ist dabei gegenüber dem anderen Druckkontakt verschiebbar. Mithilfe eines Kniehebels wird der verschiebbare Druckkontakt an den festen Druckkontakt gepresst und im eingeschalteten Zustand verriegelt. Angetrieben wird der Kniehebel durch einen Druckluftantrieb. Durch das Vakuum in der Schaltkammer wird die Schaltstrecke wesentlich verkürzt und der Lichtbogen gelöscht.[1]
Einzelnachweise
- Helmut Bendel: Die elektrische Lokomotive: Aufbau, Funktion, neue Technik. 2., bearb. und erg. Auflage. Transpress, Berlin 1994, ISBN 3-344-70844-9.
- GDL (Hrsg.): Handbuch der elektrischen Triebfahrzeuge der Deutschen Bundesbahn. 1. Auflage. Vermögensverwaltung der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer und Anwärter GmbH, Frankfurt am Main 1959.