Hahnemühle
Die Hahnemühle FineArt GmbH mit Sitz im niedersächsischen Dassel (Ortsteil Relliehausen) ist ein papierherstellendes Unternehmen. Weitere Geschäftsfelder sind Produktion und Vertrieb von Künstlerpapieren für traditionelle Maltechnik sowie Filterpapieren für Industrie und Forschung.[2]
Hahnemühle FineArt GmbH | |
---|---|
Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1584 |
Sitz | Dassel, Deutschland |
Leitung | Jan Wölfle, Geschäftsführer[1] |
Mitarbeiterzahl | > 200 (Dezember 2020) |
Umsatz | > 38 Millionen Euro (2020) |
Branche | Papierindustrie, Hersteller von Künstlerpapieren, FineArt Fotopapieren sowie Life Science Applikation und Filterpapieren |
Website | www.hahnemuehle.com |
Geschichte
Das Unternehmen geht zurück auf die Gründung einer Papiermühle in Relliehausen am Solling im Jahr 1584 durch den Papiermacher Merten Spieß.[3][4] Die Genehmigung dazu erteilte der Landesherr, Herzog Erich II., am 27. Februar 1584.[5] Die Gründung erfolgte an dem Fluss Ilme, der aufgrund der Filterwirkung des Sandsteins im Solling das für hohe Papierqualität entscheidende, besonders weiche und reine Quellwasser bot und bis heute bietet. Der mit Bezug auf die ältere Zeit in der Literatur als Papiermühle Relliehausen oder Dassel bekannte Betrieb, zunächst nur einer von vielen dieser Art zwischen Weser und Leine, konnte sich als einziger von ihnen über die Jahrhunderte erhalten.[6]
Bis ins Jahr 1769 blieb die Fabrik im Besitz der Familie Spieß. Am 30. August 1769 kaufte Johann Jacob Heinrich Andrae aus Petershütte die Papiermühle für 4500 Reichsthaler. Nach dem frühen Tod Andraes übernahm dessen Sohn die Mühle. Am 13. August 1884 erwarb H. J. Heinemann aus Hannover die Papiermühle von Oskar Andrae und begann sofort mit der Errichtung einer neuen Produktionsstätte. Als hierbei unvorhergesehene Schwierigkeiten und Kosten anfielen, sah er sich schließlich genötigt, die Fabrik wieder abzugeben und verkaufte an die Familie Hahne. Seit der Übernahme durch Carl Hahne im Jahr 1886 wird das Unternehmen unter dem heutigen Namen Hahnemühle weitergeführt.
Im Jahr 1902 fusionierte die Hahnemühle mit der Schleicher & Schuell aus Düren, die 1927 alleiniger Besitzer wurde.
Während des Zweiten Weltkriegs fälschten die Papiermacher und Techniker des Unternehmens im Auftrag des Reichssicherheitshauptamts als Teil der Operation Bernhard erfolgreich das Banknotenpapier des Britischen Pfundes.[7]
2004 wurde die Hahnemühle aus dem Verbund Schleicher & Schuell herausgelöst und ist seitdem wieder eigenständig. Sie hat Tochtergesellschaften in den USA, Großbritannien, Frankreich, Shanghai und China.
Produktbereiche
Traditional FineArt
Der Traditional FineArt Bereich umfasst verschiedene Künstlerpapiere – darunter Echt-Bütten Papiere – und technische Zeichenpapiere. Sie alle werden seit 1584 nach alten Rezepturen, aus hochwertigen Rohstoffen und mit reinem Quellwasser in unterschiedlichen Grammaturen und Oberflächenstrukturen hergestellt. Alle Hahnemühle Papiere sind von unabhängigen Instituten als höchst alterungsbeständig zertifiziert und sie sind vegan.
Digital FineArt
Die Hahnemühle ist der Erfinder der digitalen Künstlerpapiere für Fotografien und Kunstreproduktionen.[2] Die Papiermanufaktur bietet mit der Digital FineArt Collection und der Hahnemühle Photo Linie ein hochwertiges und breites Produktsortiment. Je nach Anwendung stehen verschiedene Inkjet-Papiere bereit, die unterschiedliche Qualitätsanforderungen und künstlerische Ansprüche erfüllen.[8][9]
Die Digital FineArt Collection garantiert mit Ihrer Kombination aus hochreinen Künstlerpapieren, charakteristischen Oberflächenstrukturen und verschiedenen Inkjet-Beschichtungen außerordentliche Druckergebnisse mit brillanten Farben, tiefem Schwarz, bester Kontrast- und Detailwiedergabe sowie bestechender Bildtiefe. Mit einer Alterungsbeständigkeit von mehr als 100 Jahren sind die Inkjet-Medien der Digital FineArt Collection bestens geeignet für FineArt-Anwendungen wie hochwertige FineArt-Drucke, Editionen, langfristige Ausstellungen und Kunstsammlungen.[10]
Hahnemühle Photo füllt die Lücke zur Digital FineArt Collection und bietet ein kompaktes Grundsortiment an universellen Standard-Inkjet-Papieren für den täglichen Gebrauch. Im Vergleich zur Digital FineArt Collection verfügen die Hahnemühle Photo Medien über eine nicht texturierte Papierbasis aus Zellulose bzw. ein Polyethylen beschichtetes Trägermaterial, welche mit einer für die Fotoanwendung optimierten Inkjet-Beschichtung versehen sind. Die vergleichsweise geringe Dicke sowie die glatten Oberflächen sorgen für eine leichte Bedruckbarkeit und Verarbeitung. Mit einer überzeugenden Druckqualität und einer Alterungsbeständigkeit von bis zu 30 Jahren liefern die Papiere der Hahnemühle Photo Linie beste Ergebnisse beim täglichen Arbeiten und eignen sich für Fotoanwendungen wie Foto- und Posterdrucke sowie Fotobücher.[10]
Fine Notes
Schreibaccessoires der neuen Produktlinie FineNotes sind eine Reminiszenz an die Historie der Hahnemühle und die Schreibkultur. Extravagante Schreibgeräte in limitierter Zahl werden mit einer Nickel-Palladium-Legierung veredelt und zitieren zum Beispiel Muster historischer Schöpfsiebe. Ferner gehören elegante Premium-Notizbücher mit feinstem Wasserzeichen-Papier zur FineNotes Kollektion für edle Schreiberlebnisse.[11]
Filtration & Life Science
Hahnemühle produziert seit mehr als 130 Jahren Filtrierpapiere von höchster Qualität. In der Vergangenheit wurden die Papiere unter dem Namen Schleicher & Schuell konfektioniert und weltweit vermarktet. Nach dem Verkauf von Schleicher & Schuell (2004) ist Hahnemühle ein unabhängiger Produzent und Lieferant für technische Papiere sowie Life Science Medien.[12]
Hahnemühle entwickelt und produziert Spezialpapiere aus mehr als 150 verschiedenen Papiersorten aus Linters, Zellstoffen und Glasfasern, unter anderem für Branchen wie Medizintechnik und Diagnostik, die Lebensmittelindustrie oder die chemische und pharmazeutische Industrie.
Mit der Lieferung von Trägermedien für Covid-19-Schnelltests avancierte Hahnemühle zu einem systemrelevanten Unternehmen. Neuartige, stark verbesserte Filtermedien für Masken aller Art, die antiviral und antiallergen wirken, erweitern das Sortiment der Life Science Applikationen.[13]
Umweltinitiative
Bereits 1965 stellte Hahnemühle als erste Papiermanufaktur ausschließlich vegane Künstlerpapiere her und verzichtet seitdem auf tierische Leime oder andere tierische Bestandteile in ihren Papieren. Außerdem deckt die Papierfabrik den gesamten Strombedarf, welcher für die Produktion der Papiere benutzt wird, durch Wind-, Wasser-, und Solarenergie.
Im Jahr 2008 führte die Hahnemühle die Papiersorte Bamboo in ihren Produktlinien Digital FineArt und bei den traditionellen Künstlerpapieren ein. Die Bamboo-Papiere werden aus Zellstoffen von schnellwachsendem Bambusgras hergestellt. In den letzten Jahren entstand um dieses Produkt eine ganze Produktlinie: die „Natural Line“. Dazu gehören Papiere aus weiteren nachhaltigen Zellstoffen wie Hanf oder Agave. Ein wesentlicher umweltschonender Faktor der ausgewählten Pflanzen ist, dass sie keine Pestizide und wenig Wasser zum Wachsen benötigen oder aus Pflanzenresten bzw. Ernteabfällen bestehen.[14][15]
Mit der Einführung der nachhaltigen Papiere im Jahr 2008 gründet die Hahnemühle ihre „Green Rooster“ Initiative. Damit unterstützt das Unternehmen regionale, nationale und internationale Umweltschutz- und Umweltbildungsprogramme. Diese Projekte werden aus einem Teil des Umsatzes der „Natural Line“ finanziert. Bisher wurden Projekte wie „Prints for Wildlife“, „Tierbeobachtung im Leinepolder“, „AufBÄUMEN gegen den Klimawandel“ und viele mehr unterstützt.[16]
Die Hahnemühle wurde kürzlich für alle ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen und ihr umweltbewusstes Handeln nach der ISO 14001-Richtlinie für Umweltmanagement zertifiziert.[17]
Kalenderwettbewerb
Die Hahnemühle legt jährlich einen exklusiven Kunst-Kalender auf. Bis zum Jahr 2008 sind diese Kalender mit Kunstwerken eines Künstlers oder Kunstateliers gestaltet worden. Seit 2008 entstehen die Kalender in einem international ausgeschriebenen Malwettbewerb. Von einer Jury werden alljährlich die Kunstwerke der einzelnen Monate bestimmt. Seit 2014 ist der Wettbewerb für alle Mal- und Zeichentechniken offen, bis dahin war die Teilnahme auf Aquarelle begrenzt. Das Thema des Wettbewerbs wird von Kunstfreunden immer mit Spannung erwartet und die Teilnehmerzahl sowie die Zahl der eingereichten Kunstwerke steigt stetig. Der Kalender-Malwettbewerb 2017 unter dem Motto „Tiere“ konnte einen Teilnehmer-Rekord verzeichnen. Mehr als 2600 Bilder von über 1100 Künstlern aus aller Welt wurden eingereicht.[18]
Jahr | Thema |
---|---|
2023 | Colours of the Earth - Farben der Erde - |
2022 | Joy and Happiness - Freude und Glück - |
2021 | Beauties of Nature |
2020 | In action |
2019 | Rot |
2018 | Maritim |
2017 | Tiere |
2016 | Natur in der Stadt |
2015 | Kontraste |
2014 | Musik |
2013 | Kulinarisches |
2012 | Watercolour abstrakt |
2011 | Wasser, Wind & Wellen |
2010 | Garten & Alleen |
2009 | Stillleben |
2008 | Stadt Land Fluss |
Literatur
- Wolfgang Hein, Wilhelm Willemer: Neutral geleimte Papiere für wertvolle Objekte. In: Dauerhaftigkeit von Papier: Vorträge des 4. Internationalen graphischen Restauratorentages, veranstaltet von der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der Archiv-, Bibliotheks- und Graphikrestauratoren (IADA)in Zusammenarbeit mit der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen und dem Niedersächsischen Staatsarchiv Bückeburg 1979. (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie. Sonderheft 31). Klostermann, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-465-01448-0, S. 91–99.
- Eberhard Tacke: Urkundliche Beiträge zur Geschichte der Papiermühle Relliehausen während der Zeit der Papiermacherfamilie Spieß 1584–1789. In: Jahresbericht des Vereins für Geschichte und Altertümer der Stadt Einbeck und Umgebung. Band 21, 1953/54, S. 48–56.
- 425 Jahre Hahnemühle 1584–2009.
- Klaus Pohlmann: Fest auf Papier gebaut. In: Niedersächsische Wirtschaft. Mai 2008, S. 12–13.
Weblinks
Einzelnachweise
- Unternehmensprofil Hahnemühle FineArt GmbH auf www.hahnemuehle.com, Stand 2020.
- Florian Langenscheidt, Bernd Venohr (Hrsg.): Lexikon der deutschen Weltmarktführer. Die Königsklasse deutscher Unternehmen in Wort und Bild. Deutsche Standards Editionen, Köln 2010, ISBN 978-3-86936-221-2.
- Erich Plümer: Die Papiermacher der Papiermühle zu Dassel (Kreis Einbeck). In: Norddeutsche Familienkunde. Nr. 6, 1952, S. 135–137.
- Hans Pusen: Die Büttenpapiermacher des Sollings. In: Stuttgarter Illustrierte. 1932, S. 1150–1151.
- Wisso Weiß: Zeittafel zur Papiergeschichte. 1983, S. 109.
- O. Elsner: Der Papier-Fabrikant. Band 30, 1932, S. 136.
- Günter Hoffmann, MoneyMuseum: Die grösste Geldfälscheraktion der Geschichte (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive)
- Jens Brüggemann: Modelfotografie: Profiwissen Beauty-, Fashion- und Erotik-Fotografie. 2013, S. 115.
- Michael Freeman: Schwarzweiß-Fotografie: Ihr Weg zu überzeugenden Bildern. 2010, S. 196.
- FineArt Inkjet- und Fotopapiere: Hahnemühle FineArt. Abgerufen am 2. Juni 2021.
- FineNotes: Hahnemühle FineArt. Abgerufen am 2. Juni 2021.
- Edith Oberhumer: In situ. In: Gabriela Krist, Martina Griesser-Stermscheg (Hrsg.): Konservierungswissenschaften und Restaurierung heute: von Objekten, Gemälden, Textilien und Steinen. 2010, S. 159.
- Klaus Pohlmann: Unternehmen gegen Corona (1) Hahnemühle: Papier gegen das Virus. In: nw-ihk.de. 3. April 2020, abgerufen am 2. Juni 2021 (deutsch).
- Bamboo: Hahnemühle FineArt. Abgerufen am 22. Dezember 2020.
- Natural Line: Hahnemühle FineArt. Abgerufen am 22. Dezember 2020.
- Engagement - Green Rooster: Hahnemühle FineArt. Abgerufen am 22. Dezember 2020.
- Hahnemühles nachhaltige und verantwortungsvolle Papierproduktion. In: Hahnemühle Blog. 20. Januar 2022, abgerufen am 10. Februar 2022 (deutsch).
- Hahnemühle Kalender Malwettbewerb: Hahnemühle FineArt. Abgerufen am 2. Juni 2021.