Gustav Brecht (Wirtschaftsführer)
Heinrich Theodor Gustav Brecht (* 9. Januar 1880 in Lübeck; † 9. Oktober 1965 in Bad Wiessee) war ein deutscher Maschinenbauingenieur und Wirtschaftsführer.
Leben und Wirken
Brecht war Sohn von Walther Brecht (1841–1909), Direktor der Lübeck-Büchener Eisenbahn sowie Mitglied der Lübecker Bürgerschaft, und dessen Ehefrau Regina Erdmuthe Marie (* 9. Juni 1856 in Weissenfels; † 8. März 1928 in Berlin), welche eine Tochter Theodor Weishaupts war. Das Ehepaar hatte am 11. Juni 1876 in Berlin geheiratet und neben Gustav zwei Töchter und zwei weitere Söhne, darunter Arnold.[1]
Brecht besuchte den humanistischen Zweig des Katharineums zu Lübeck und verließ die Schule Ostern 1898 mit dem Abitur (zusammen mit Gustav Radbruch und Hermann Link).[2] Von Oktober 1898 bis Oktober 1900 absolvierte er ein Maschinenbaustudium an der TH Braunschweig. Anschließend diente er als Einjährig-Freiwilliger der Infanterie in Weimar. Ab Oktober 1901 studierte er erneut an der TH Berlin-Charlottenburg. Im Dezember 1903 bestand er die Prüfung für Lokomotivführer bei der Königlich Preußischen Eisenbahn-Direktion Altona.
Im März 1904 legte Brecht in Berlin die erste Hauptprüfung zum Regierungsbauführer ab. Am 17. April desselben Jahres bekam er das Patent und trat in den Beamtendienst ein. Danach wurde er Diplom-Ingenieur an der TH Berlin. Von 1904 bis 1906 durchlief er eine Ausbildung bei der Königlich Preußischen Eisenbahn-Direktion in Essen und bei Siemens-Schuckert in Berlin. Im Mai 1907 bestand er die 2. Staatsprüfung zum Regierungsbaumeister. Er lernte danach in der freien Wirtschaft und bei der Eisenbahn-Direktion Halle. 1912 erhielt er einen Ruf als Hilfsarbeiter in das Ministerium für öffentliche Arbeiten. Hier bearbeitete und vertrat er insbesondere Gesetzesvorlagen für den Preußischen Landtag. Diese standen im Zusammenhang mit der Elektrifizierung der Berliner Stadt- und Vorortbahnen. Beide Häuser des Landtags stimmten den Vorlagen 1913 zu.
Während des Ersten Weltkriegs kämpfte Brecht 1914/15 an der Westfront und kam in Kriegsgefangenschaft. Ab 1918 arbeitete er für das Reichswirtschaftsamt im Fachbereich Energiewirtschaft. Dort wirkte er auch als Geheimer Regierungsrat. Von 1920 bis 1923 hatte er eine Stelle bei der Selbstverwaltungsorganisation der deutschen Kohlewirtschaft, bei Dienstende als stellvertretender Reichskohlenkommissar.
Im Oktober 1924 wechselte Brecht zur Sachlieferungskommission in Paris. Dort beschäftigte er sich mit den Lieferungen der Kohlereparationen. Im Folgejahr wurde er Vorstandsmitglied der Rheinischen AG für Braunkohlebergbau und Brikettfabrikation (RAG). Wenig später übernahm er den Vorstandsvorsitz. Im Zuge der Übernahme der Aktienmehrheit durch die Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerke engagierte sich Brecht dafür, dass die Belange der freien Aktionäre entsprechend berücksichtigt wurden.
Im Jahr 1934 wurde die RAG ein Gründungsmitglied der Braunkohle-Benzin AG (BRABAG). Brecht erstellte den Verteilungsschlüssel der Aktien und war ein führendes Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft.[3] Als einer der maßgeblichen Initiatoren beteiligte er sich an dem Aufbau des Hydrierwerks in Wesseling und der Gründung der Union Rheinische Braunkohlen Kraftstoff AG (UK), wo er 1937 den Aufsichtsratsvorsitz übernahm. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Brecht von den Alliierten wegen der Beschäftigung von Zwangsarbeitern im Hydrierwerk Wesseling für längere Zeit inhaftiert.[4][5] 1947 erfolgte seine Wiederberufung in den Aufsichtsrat der UK. Später war er unter anderem in den Aufsichtsräten der Bayer AG, der Agfa AG und erneut der BRABAG tätig.[6]
Brecht war seit der Eheschließung am 11. April 1912 in Brüssel verheiratet mit Norah Deppe (* 8. April 1888 in Antwerpen; † 19. November 1969 in Bad Wiessee). Das Ehepaar hatte drei Söhne.
Literatur
- Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft – Das Handbuch der Persönlichkeiten in Wort und Bild. Erster Band, Deutscher Wirtschaftsverlag, Berlin 1930, ISBN 3-598-30664-4
- Hedwig Seebacher: Brecht, Gustav. in: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 7. Wachholtz Verlag, Neumünster 1985, S. 30–31.
Einzelnachweise
- Hedwig Seebacher: Brecht, Walther. in: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Band 7. Wachholtz Verlag, Neumünster 1985, S. 32.
- Hermann Genzken: Die Abiturienten des Katharineums zu Lübeck (Gymnasium und Realgymnasium) von Ostern 1807 bis 1907. Borchers, Lübeck 1907 (Digitalisat), Nr. 1071
- Helmut Maier: Gemeinschaftsforschung, Bevollmächtigte und der Wissenstransfer. Die Rolle der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im System kriegsrelevanter Forschung des Nationalsozialismus. Wallstein Verlag, 2007, S. 477.
- Hans-Christoph Seidel: Der Ruhrbergbau im Zweiten Weltkrieg. Zechen, Bergarbeiter, Zwangsarbeiter. Klartext Verlag, 2010, S. 156 und 621.
- Jens Adamski: Zwangsarbeit im Bergwerk. Klartext verlag, 2005, S. 351 f.
- Aus den Unternehmungen, Die Zeit vom 27. März 1952, abgerufen am 18. Juli 2019.