Gotthelf Wilhelm Christoph Starke
Gotthelf Wilhelm Christoph Starke (auch: Starcke; * 9. Dezember 1762 in Bernburg; † 27. Oktober 1830 in Ballenstedt) war ein deutscher evangelisch-reformierter Theologe und Pädagoge.
Leben
Der Sohn des Superintendenten und Konsistorialrats Johann Christoph Starke (* 6. August 1726 in Ballenstedt; † 29. November 1771 in Bernburg) und dessen zweiter Frau Henriette Friedericke Sophie, Tochter des Pfarrers in Raguhn Emanuel Lebrecht Böhmer[1], hatte schon in jungen Jahren, durch die Familie geprägt, einen Sinn für Religiosität entwickelt. Den ersten Unterricht erhielt er in der Stadtschule in seiner Geburtsstadt. Mit 13 Jahren ging er an das Gymnasium in Quedlinburg. Schon damals scheinen Neigungen zu belletristischen Arbeiten in ihm erwacht sein, wie mehrere Aufsätze und Gedichte beweisen, die sich in seinem Nachlass fanden. Aus mehreren dieser Jugendarbeiten sprach ein für das Wahre und Schöne empfängliches Gefühl und eine für sein damaliges Alter fast zu ernste Stimmung.
1780 bezog er die Universität Halle, um ein Studium der Theologie zu absolvieren. Während seiner Studienzeit hatte er sich mit metrischen Übersetzungen aus dem Griechischen, Lateinischen und Italienischen beschäftigt, aber auch mit manchen schönwissenschaftlichen Arbeiten. Mit diesen Aktivitäten bildete er seine geistliche Entwicklung und gelangte damit zu jener Eleganz des Ausdrucks, die in seinen späteren schriftstellerischen Arbeiten in Erscheinung treten sollten.
1783 wurde Starke Lehrer an der Stadtschule in Bernburg, zwei Jahre später Konrektor und 1789 Rektor der Anstalt. Sein gründlicher Unterricht, sein rastloser Fleiß wirkte günstig auf die Entwicklung jener Lehranstalt. Die Muße, die ihm seine Berufsgeschäfte gönnten, benutzte er zu schriftstellerischen Arbeiten, größtenteils philologischen Inhalts. Seine dortigen Amtsverhältnisse entsprachen so völlig seiner Neigung, dass er 1797 einen mehrfachen Ruf zum Rektor in Oldenburg und zu einer Predigerstelle in Hamburg ablehnte. Vielmehr wurde ihm 1797 die Stelle eines Oberpredigers in Bernburg angetragen, die er im Folgejahr antrat. 1799 wurde er Pfarrer in Rieder.
1801 führte ihn eine Reise nach Berlin, wo er Friedrich Schleiermacher, Wilhelm Abraham Teller, Friedrich Samuel Gottfried Sack, August Ferdinand Bernhardi, August Wilhelm Schlegel und andere geistreiche Männer persönlich kennenlernte. Auch im späteren Jahren unternahm er zur Stärkung seiner leidenden Gesundheit ähnliche Ausflüge, so unter anderem 1802 nach Wörlitz und Zerbst, wo er mit Johann Christian Sintenis (1756–1829) und im nächsten Jahre nach Braunschweig, wo er mit Johann Joachim Eschenburg und Joachim Heinrich Campe Kontakt schloss. 1804 ging er in Geschäften über Hannover nach Bremen und 1806 nach Leipzig und Dresden.
Die damaligen Kriegsunruhen und die Streifzüge französischer Truppen ließen ihn in Rieder manche Drangsale erfahren. Er schied von seiner dortigen Gemeine, als ihm 1808 der ehrenvolle Ruf- zum Oberhofprediger in Ballenstedt überraschte. Zu jener Zeit litt er an einem gefährlichen Brustübel, das nur mit Mühe durch die Kunst erfahrener Ärzte beseitigt wurde. Willkommene Erheiterung fand er 1810 auf einer Reise nach Gotha. 1817 wurde ihm die ehrenvolle Aufgabe übertragen, die Ehe der Prinzessin Wilhelmine Louise von Anhalt-Bernburg, deren Ausbilder er gewesen war, mit dem Prinzen Friedrich von Preußen zu schließen. Auch an der Erziehung des Erbprinzen Alexander Carl hatte er einen Anteil.
Seit 1822 schien seine bisher im Allgemeinen feste Gesundheit zu wanken. Besonders litt er an heftigem Husten. Eine Badekur stellte ihn wieder her, und mit geringen Ausnahmen befand er sich bis 1827 so wohl, dass er mit gewohnten Arbeitseifer seine Amtsgeschäfte verrichten konnte. Im April des genannten Jahrs traf ihn ein Schlaganfall. Durch angewandte kräftige Mittel erholte er sich wieder, so dass er mehrmals die Kanzel betreten und den Unterricht der Jugend fast ununterbrochen fortsetzen konnte. Jedoch schwanden seine Lebenskräfte mit zunehmendem Alter. Nachdem er im Herbst 1829 in den Ruhestand versetzt worden war, setzte ein erneuter Schlaganfall seinem Leben ein Ende.
Wirken
Der beliebte Kanzelredner seiner Zeit hatte umfangreiche Kenntnisse in den altern Sprachen und in der gelehrten Theologie, obwohl er mehr die praktische Seite dieser Wissenschaft berücksichtigte, wie dies schon aus seinen Bemühungen, eine Vereinigung der evangelischen Glaubensparteien zu bewirken und aus seinen zu diesem Zweck 1820 gehaltenen vier Predigten hervorgeht. Zudem hat er sich als Kirchenlieddichter seiner Zeit einen Namen erworben, die in einige Gesangbücher seiner Zeit Aufnahme fanden, jedoch in späteren Jahren immer mehr aus diesen verschwanden. Außer zahlreichen Beiträgen zu den Fachjournalen seiner Zeit stammen auch einige selbstständige Schriften.
Werke
- Gedichte. Bernburg 1788
- Einige Gedanken über die Uebersetzung griechischer und römischer Dichter; nebst einzelnen Gedichten des Ovid, Mimnermus, Thogonis, Pindar, Baechylides und Simonides. Halle 1790
- Horaz'ens Brief über die Dichtkunst übersetzt. Halle 1791
- Nachtrag zu den Schriften über die fernere Beschäftigung studierender Jünglinge mit den Sprachen und Schriften der Alten. Bernburg 1792
- Gemälde aus dem häuslichen Leben. Berlin 1793–1798 4 Sammlungen, 2. Aufl. Braunschweig 1803 5. Sammlungen, 3. Aufl. Braunschweig 1827
- Ueber einige Gleichnisse des Homer. Bernburg 1793
- Progr. Fabularum paedagogicarum Lib. I-III. Bernburg 1794
- Vermischte Schriften. 1. Sammlung Gedichte und Reden enthaltend. Berlin 1796 (auch unter dem Titel Vermischte Freunde der Unterhaltung. Berlin 1796 (Online))
- Predigten. Berlin 1797
- Progr. Fabularum paedagogicarum per aliquot annos programmatum loco exhibtarum Mantissa. Bernburg 1797
- Vorschlag eines kleinen Hilfsmittels beim Unterricht im Lateinischen und Griechischen. Bernburg 1798
- Kleine Romanbibliothek, in Verbindung mit A. Lafontaine, Mademoiselle Levesque, Sophie Mereau und Karl Reinhard herausgegeben. Göttingen 1799–1801, 2. Jg. (auch unter dem Titel: Romancalender für die J. 1799–1801. Mit Kupfern.)
- Kirchenlieder. Halle 1804
- Lieder für unsere Zeit . . . 1813
- Predigt am Sonntage Palmarum den 11. April 1813: Gott ist den glaubenden Völkern nahe und den Vertrautenden Schutz und Hülfe. Berlin 1813
- Predigt bei der Feier der Kirchenverbesserung. Quedlinburg 1817
- Vier Predigten über die Vereinigung der evangelischen Christen. Quedlinburg 1820
- Predigten nebst einigen anderen Reden in der Schlosskirche zu Ballenstedt gehalten. Stuttgart 1828
Literatur
- Allgemeine deutsche Real-Encyklopädie für die gebildeten Stände. F. A. Brockhaus, Leipzig, 1827, 10. Bd., S. 643, (Online)
- Allgemeines deutsches Conversations-Lexicon für die gebildeten eines jeden Standes. Gebrüder Reichenbach, Leipzig, 1840, 2. Aufl. Bd. 9, S. 893, (Online)
- Georg Christoph Hamberger, Johann Georg Meusel: Das gelehrte Teutschland, oder Lexikon der jetzt lebenden teutschen Schriftsteller. Meyerische Buchhandlung, Lemgo, 1798, 7. Bd., S. 617, (Online);1803, Bd. 10, S. 702, (Online); 1811, Bd. 15, S. 524, (Online); 1825, Bd. 20, S. 583, (Online);
- Heinrich Doering: Die gelehrten Theologen Deutschlands im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert. Verlag Johann Karl Gottfried Wagner, 1835, Neustadt an der Orla, Bd. 4, S. 317, (Online)
- l. u.: Starke, Gotthelf Wilhelm Christoph. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 448.
Weblinks
- Gotthelf Wilhelm Christoph Starke im Internet Archive
- Bildnis in der ÖNB
Einzelnachweise
- Herrmann Graf: Anhaltinisches Pfarrerbuch – Die evangelischen Pfarrer seit der Reformation. Dessau, 1996, S. 437