Globuli
Globuli (Plural, Lateinisch für „Kügelchen“; Singular: Globulus) oder Streukügelchen sind eine in der „Alternativmedizin“ verwendete pharmazeutische Formulierung. Sie kommen beispielsweise bei homöopathischen Arzneimitteln, in der Bach-Blütentherapie oder bei Schüßler-Salzen zum Einsatz. Globulus bezeichnet hierbei ausschließlich die Kugelform, die aus unterschiedlichen Kohlenhydraten bestehen kann. Für eine Wirksamkeit der Globuli, die über den Placebo-Effekt hinaus reicht, existieren keine wissenschaftlichen Belege.
Zusammensetzung und Aufbau
Trägerstoff (nach HAB 2006) und damit meist die einzige Substanz in homöopathischen Globuli ist Saccharose (Haushaltszucker), es gibt aber auch mehlhaltige Globuli nach Samuel Hahnemanns Rezeptur sowie aus dem Zuckeraustauschstoff Xylit. Der Ausgangsstoff, der die charakteristischen Eigenschaften der Globuli definiert, ist überwiegend pflanzlichen Ursprungs. Es werden aber auch Gifte, Mineralien und tierische Bestandteile verarbeitet.[1]
Globuli gibt es in unterschiedlichen Größen, der Zucker hat eine weiße bis gelbliche Farbe. Hahnemann machte die Größe seiner Globuli von der Potenzierungsart abhängig, daher schreibt das Homöopathische Arzneibuch (HAB 2006) für die Herstellung von D- und C-Potenzen „Größe 3“ vor (Vorschrift 10 HAB), dies sind etwa 110 bis 130 Kügelchen pro Gramm Zucker mit einem Durchmesser von 1,8 bis 2,5 mm. LM-Potenzen werden mit Globuli „Größe 1“ hergestellt, das sind laut Vorschrift 17 HAB etwa 500 Kügelchen pro Gramm Zucker mit einem Durchmesser von 1,0 bis 1,6 mm.
Medizinische Wirksamkeit
Globuli werden vielfach in der Homöopathie verwendet, die auf dem Ähnlichkeitsprinzip (lat. similia similibus curentur) basiert. Dieses wurde von Samuel Hahnemann verfasst. Es besagt, dass ein Mittel die Krankheiten heilt, die ähnliche Symptome beim Kranken hervorrufen.[2]
Für homöopathische Mittel nahezu aller Verdünnungsstufen (in der Homöopathie „Potenzen“ genannt) existieren keine wissenschaftlichen Belege einer Wirksamkeit. Soweit sie aufgrund der starken Verdünnung keinen Wirkstoff enthalten, handelt es sich um Scheinmedikamente, die Placebo-Effekte auslösen können.[3][4] Siehe dazu auch Kritik an der Homöopathie.
Homöopathika geringerer Verdünnung von „Urtinkturen“ bis zu „Potenzen“ von „D4“ enthalten Wirkstoff und können daher zu allergischen Reaktionen und zu Vergiftungserscheinungen führen.[5][6] Die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) warnte wiederholt und zuletzt im September 2016 vor sogenannten Teething Tablets und Teething Gels, homöopathischen Präparaten niedriger Verdünnung, die aus Schwarzer Tollkirsche (Atropa belladonna) hergestellt werden und bei Kleinkindern die Schmerzen beim Zahnen erträglich machen sollen.[7] Seit ihrer Warnung im Jahr 2010 erreichten die Behörde mehr als 400 Berichte über Atropin-Vergiftungen nach Anwendung derartiger Produkte, darunter auch 10 Todesfälle.[8] Laboruntersuchungen fanden in verschiedenen Produkten der Teething Tablets Belladonna-Konzentrationen, die weit über dem deklarierten Gehalt lagen. Zum Schutz der Konsumenten wurde der Hersteller aufgefordert, die betroffenen Produkte zurückzurufen.[9] Ein Nachweis, dass die „Urtinkturen“, in welcher Verdünnung („Potenzierung“) auch immer, in dem beabsichtigten Sinne wirksam seien, existiert nicht.
In der Schweiz wurde 2019 ein Fall einer chronischen Arsenvergiftung mit D6-Globuli bekannt.[10]
Trivia
Wegen des allenfalls spurenweise vorhandenen Wirkstoffes werden sie mitunter ironisch auch als „Glaubuli“ bezeichnet, um darauf hinzuweisen, dass man an die Wirkung glauben muss.
Literatur
- Norbert Schmacke (Hrsg.), Der Glaube an die Globuli. Die Verheißungen der Homöopathie. Suhrkamp, Berlin 2015, ISBN 978-3-518-46639-1
Weblinks
Einzelnachweise
- Herstellung von Globuli | Inhaltsstoffe & Verarbeitung. In: Globuli. Abgerufen am 16. April 2021 (deutsch).
- Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie. In: Globuli. Abgerufen am 16. April 2021 (deutsch).
- Edzard Ernst: The truth about homeopathy. (PDF; 55 kB) In: Br J Clin Pharmacol., 2008 Feb, 65(2), S. 163–164. Epub 2007 Sep 13, PMID 17875194.
- H. H. Frey, W. Löscher: Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin. Enke Verlag, Stuttgart, ISBN 978-3-432-26941-2. Kapitel „Homöopathie“.
- Sven Siebenand: Homöopathie: Vergiftungen möglich. In: Pharmazeutische Zeitung online, 29. November 2012.
- P. Posadzki, A. Alotaibi, E. Ernst: Adverse effects of homeopathy: a systematic review of published case reports and case series In: International Journal of Clinical Practice. Online veröffentlicht am 20. November 2012.
- FDA warns against the use of homeopathic teething tablets and gels In: FDA News Release. 30. September 2016.
- Susan Scutti: Throw out homeopathic teething tablets with belladonna, FDA says In: CNN. 27. Januar 2017.
- FDA confirms elevated levels of belladonna in certain homeopathic teething products In: FDA News Release. 27. Januar 2017.
- A curious association of chronic homeopathic arsenic ingestion with nonspecific symptoms in a Swiss teenager