Gewöhnliche Kratzdistel
Die Gewöhnliche Kratzdistel (Cirsium vulgare (Savi) Ten., Syn.: Cirsium lanceolatum (L.) Scop.), auch Lanzett-Kratzdistel genannt, ist eine Pflanzenart, die zur Unterfamilie der Carduoideae innerhalb der Familie der Korbblütler (Asteraceae) gehört. Sie sieht der Acker-Kratzdistel und der Sumpf-Kratzdistel ähnlich.
Gewöhnliche Kratzdistel | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Gewöhnliche Kratzdistel (Cirsium vulgare) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Cirsium vulgare | ||||||||||||
(Savi) Ten. |
Die Gewöhnliche Kratzdistel ist die Nationalblume Schottlands.
Merkmale
Die Gewöhnliche Kratzdistel ist eine zweijährige Pflanze und erreicht eine Wuchshöhe von 50 bis 350 Zentimetern. Die Laubblätter sind wechselständig, die Blattform ist oval bis lanzettlich. Die Blätter sind doppelt fiederspaltig und am Stängel herablaufend. Die Blattoberseite ist stachelig-steifhaarig, die Unterseite kurzhaarig bis weißfilzig. Alle Fiederabschnitte sind dornig gezähnt und laufen in einem langen gelben Dorn aus.
Die Blütenkörbe haben einen Durchmesser von bis zu 4 Zentimetern. Während der Blüte ist der Korb in der Höhe der Blüten fast doppelt so breit wie der oberste Teil der Korbhülle. Die Korbhülle hat keinen Wollfilz. Die Blüten sind purpurfarben. Blütezeit ist von Juli bis Oktober, die Bestäubung erfolgt durch Insekten. Die Achänenfrüchte haben eine abgeflacht-zylindrische Form. Der Pappus besteht aus langen, federartig behaarten Strahlen.
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 68.[1][2]
Ökologie
Die Gewöhnliche Kratzdistel ist ein zweijähriger Hemikryptophyt mit Wurzelrübe. Die im ersten Jahr gebildete Blattrosette ist sehr regelmäßig aufgebaut.
Im Gegensatz zur Acker-Kratzdistel (Cirsium arvense) ist diese Art eine reine Pollenblume ohne Nektarproduktion. Die Blütezeit erstreckt sich von Juni bis Oktober.
Die Früchte sind 4–5 mg schwere Achänen mit einem hygroskopischen Haarkelch; sie breiten sich durch den Wind aus und haben wegen ihres Gewichts eine Fallgeschwindigkeit von nur 22 cm/s. Es erfolgt auch eine Bearbeitungsausbreitung durch Finken.
Die Fruchtreife erstreckt sich von August bis November.
Als Weideunkraut kann die Gewöhnliche Kratzdistel sehr lästig sein. Goethe, der für seine Zeit auch ein exzellenter Botaniker und Gärtner war, wusste bereits, dass man durch Ausstechen der Rosetten der Distelplage Herr wird. In seiner Italienischen Reise äußert er sich entsprechend abfällig über die italienischen Hirten.
Die Art gehört zu den Nahrungspflanzen der Raupen des Distelfalters (Vanessa cardui), die meist in einem zusammengesponnenen Blatt oder einem Gespinst zwischen Stiel und Blattansatz sitzen.
Die Samen werden vom Stieglitz (Carduelis carduelis) gefressen.
Systematik
Man kann die folgenden Unterarten unterscheiden[3]:
- Cirsium vulgare subsp. crinitum (DC.) Arènes (Syn.: Cirsium crinitum DC.): Sie kommt in Spanien, Frankreich, Italien, Sizilien, Korsika und auf den Balearen vor.[3]
- Cirsium vulgare subsp. silvaticum (Tausch) Arènes: Sie wird bis zu 3,5 m hoch und besitzt wenige straff aufrechte Äste. Die Blätter sind flach, die Unterseiten sind weich und weißfilzig. Man findet sie vor allem an schattigen Standorten wie in Wäldern. Blütezeit ist Juli und August.
- Cirsium vulgare subsp. vulgare: Sie wird nur etwa 1,5 m hoch, ist dafür aber reich verzweigt. Die Blätter sind kraus, die Unterseiten sind kurz behaart. Sie wächst in südlichen Regionen und blüht bis in den Oktober hinein.
Vorkommen
Das Verbreitungsgebiet der Gewöhnlichen Kratzdistel umfasst Europa, Nordafrika, die gemäßigten Zonen Asiens und Pakistan. In Nord- und Südamerika, im übrigen Afrika, auf den Kanaren, Azoren und auf Reunion, in Australien, Neuseeland, in Neukaledonien, in Israel, im Jemen und auf Hawaii ist sie ein Neophyt.[4] Man findet die Gewöhnliche Kratzdistel häufig in staudenreichen Unkrautgesellschaften, an Wegen, Schuttplätzen, Ufern und in Waldschlägen. Sie ist eine in Mitteleuropa indigene Art. Sie bevorzugt mäßig trockene bis frische, nährstoffreiche, humose, lockere Lehmböden.[1] Nach Ellenberg ist sie eine Lichtpflanze, ein Mäßigwärmezeiger, ein Frischezeiger, ein Schwachsäure- bis Schwachbasezeiger, ein ausgesprochener Stickstoffzeiger und eine Charakterart der Klasse Ruderaler Beifuß- und Distelgesellschaften (Artemisietea vulgaris). Sie hat ihren Schwerpunkt in Gesellschaften der Ordnung Onopordetalia.[1]
In den Allgäuer Alpen steigt sie im Kleinwalsertal auf der Mittleren Spitalalpe bei Baad bis zu 1520 m Meereshöhe auf.[5]
Krankheiten
Die Gewöhnliche Kratzdistel wird vom Rostpilz Puccinia cnici var. cnici befallen.[6]
Trivialnamen
Für die Gewöhnliche Kratzdistel bestehen bzw. bestanden auch die weiteren deutschsprachigen Trivialnamen: Moordistel (Göttingen) und Sperdistel (Schlesien).[7]
Literatur
- Siegmund Seybold (Hrsg.): Schmeil-Fitschen interaktiv. CD-ROM, Version 1.1. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2002, ISBN 3-494-01327-6.
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5.
- Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht (= UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Band 8104). 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1996, ISBN 3-8252-8104-3.
- Margot Spohn, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? Die Enzyklopädie: über 1000 Blütenpflanzen Mitteleuropas. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10326-9.
- Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
Einzelnachweise
- Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 965.
- Tropicos.
- Werner Greuter (2006+): Compositae (pro parte majore). – In: W. Greuter & E. von Raab-Straube (Hrsg.): Compositae. Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity. Datenblatt Cirsium vulgare In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
- Cirsium vulgare im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 14. Juni 2016.
- Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 639.
- Peter Zwetko: Die Rostpilze Österreichs. Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil, Heft 1: Uredinales. S. 26. online (PDF; 1,8 MB)
- Georg August Pritzel, Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen. Neuer Beitrag zum deutschen Sprachschatze. Philipp Cohen, Hannover 1882, Seite 101. (online).
Weblinks
- Cirsium vulgare (Savi) Ten., Lanzett-Kratzdistel. FloraWeb.de
- Gewöhnliche Kratzdistel. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
- Steckbrief und Verbreitungskarte für Bayern. In: Botanischer Informationsknoten Bayerns.
- Cirsium vulgare (Savi) Ten. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 14. Juni 2016.
- Die Verbreitung auf der Nordhalbkugel nach Hultén
- Thomas Meyer: Kratzdistel Datenblatt mit Bestimmungsschlüssel und Fotos bei Flora-de: Flora von Deutschland (alter Name der Webseite: Blumen in Schwaben)