Geschmacksangabe (Wein)
Die Geschmacksangaben, auch Geschmacksgrade oder Süßegrade genannt, sind in der Europäischen Union in der Verordnung (EU) 2019/33 einheitlich geregelt, werden in den Ländern aber unterschiedlich bezeichnet. Beim Wein ist die Angabe auf dem Etikett nicht vorgeschrieben. In Deutschland ist sie bei trockenen Weinen üblich, während die Angaben halbtrocken, lieblich und süß selten auf den Etiketten zu finden sind, da sie die Vermarktung negativ beeinflussen können. Bei Schaumwein ist die Geschmacksangabe auf dem Etikett vorgeschrieben.
Die sensorische, subjektive Geschmackswahrnehmung unterliegt biologischen Schwankungen und hängt bei Weinen und Schaumweinen von mehreren Faktoren ab. Sie ist nicht identisch mit den jeweils messbaren Analysewerten ihrer Inhaltsstoffe.[1] So können beispielsweise Weine mit relativ niedrigem Restzuckergehalt bei niedrigem Säuregehalt als „süß“ wahrgenommen werden und Weine mit hohem Säure- und hohem Restzuckergehalt „trocken“ schmecken. Auch Alkohol und Glycerin können im Wein zu einer süßen Geschmackswahrnehmung führen, obwohl der Wein analytisch „trocken“ ist. Auch die Reife eines Weins beeinflusst die Geschmackswahrnehmung, da geschmacksprägende Moleküle (Säuren, Gesamtzucker) zu Molekülkomplexen polymerisiert werden und dadurch sensorisch anders wahrgenommen werden. So schmecken beispielsweise reife edelsüße Weine (Eisweine, Beerenauslesen etc.) weniger süß als in ihrer Jugend. Umgekehrt können wiederum alte, trockene Rotweine durch hohe Extraktwerte und die Reife ihrer Tannine als „süßlich“ wahrgenommen werden.
Geschmacksangaben bei Weinen
Eine Abweichung von 1 g/l ist zulässig.[2]
Weitere verwendete Begriffe
- Mild: Weine mit einem Restzuckergehalt über 45 g/l. In der Weinansprache wird „mild“ für Weine mit niedrigem Säuregehalt bzw. auch für „süße“ Weine verwendet, bei denen die Säure in den Hintergrund tritt.
- Feinherb: „Halbtrockene“ Weine an der oberen Grenze zu „trocken“ werden in Deutschland auf den Wein-Etiketten auch als „feinherb“ bezeichnet. Bis zu einem von Moselwinzern angestrebten Gerichtsentscheid[3] galt das Verbotsprinzip; es besagte, dass auf Etiketten keine Angaben gemacht werden durften, die im Gesetz nicht vorgesehen sind. Dies wurde mit der Bezeichnung „feinherb“ gekippt. Das Gericht konnte keinen Verstoß gegen das Irreführungsverbot des Art. 48 Verordnung (EG) Nr. 1493/1999[4] sowie des Art. 6 Verordnung (EG) Nr. 753/2002[5] erkennen, da mit „feinherb“ im Gegensatz zu den gesetzlich definierten Begriffen keine gesicherte Verbrauchererwartung verbunden sei.
Nicht zu verwechselnder Begriff
Edelsüß: Weine aus besonders hochwertigen Trauben werden als Prädikatswein oder „edelsüß“ bezeichnet, da die geernteten Trauben einen hohen Zuckergehalt aufweisen (-> Grad Oechsle, Eiswein). „Edelsüße“ bezieht sich somit auf den Traubenmost, während die Geschmacksangaben den fertigen Wein beschreiben.
Geschmacksangaben bei Schaumweinen
Bei Schaumweinen wird die Empfindung des Geschmacks süß durch die Kohlensäure abgeschwächt. Daher werden auch andere Grenzen des Gesamtzuckergehalts angewendet. Eine Abweichung von 3 g/l ist zulässig.[6]
Siehe auch
Einzelnachweise
- Eva Derndorfer: Weinsensorik. Von der Wissenschaft zur Praxis. Österreichischer Agrarverlag, Wien 2009, ISBN 978-3-7040-2348-3, S. 26–28.
- Verordnung (EU) 2019/33 der Kommission vom 17. Oktober 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Anträge auf Schutz von Ursprungsbezeichnungen, geografischen Angaben und traditionellen Begriffen im Weinsektor, das Einspruchsverfahren, Einschränkungen der Verwendung, Änderungen der Produktspezifikationen, die Löschung des Schutzes sowie die Kennzeichnung und Aufmachung, siehe Artikel 52 sowie Anhang III Teil B.
- VG Trier, Urteil vom 6. Februar 2001 – 2 K 1453/00.TR, OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29. Januar 2002 – 7 A 10731/01.OVG, BVerwG 3. Senat, Beschluss vom 27. März 2003 – 3 B 62/02
- Verordnung (EG) Nr. 1493/99 des Rates vom 17. Mai 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Wein. In: Amtsblatt. L 179 vom 14. Juli 1999.
- Verordnung (EG) Nr. 753/2002 der Kommission vom 29. April 2002 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1493/1999 des Rates hinsichtlich der Beschreibung, der Bezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter Weinbauerzeugnisse. In: Amtsblatt. Nr. L 118 vom 4. Mai 2002.
- Verordnung (EU) 2019/33 der Kommission vom 17. Oktober 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Anträge auf Schutz von Ursprungsbezeichnungen, geografischen Angaben und traditionellen Begriffen im Weinsektor, das Einspruchsverfahren, Einschränkungen der Verwendung, Änderungen der Produktspezifikationen, die Löschung des Schutzes sowie die Kennzeichnung und Aufmachung, siehe Artikel 47 sowie Anhang III Teil A.