Gertraudenhospital (Berlin)
Das ehemalige Gertraudenhospital (auch Gertraudten-Hospital) in der Wartenburgstraße 1 Ecke Großbeerenstraße im Berliner Ortsteil Kreuzberg ist ein denkmalgeschützter Backsteinbau mit mehreren Flügeln und einem parkähnlichen Vorgarten aus den 1870er Jahren. Ursprünglich um 1406 als Hospital für mittellose kranke Bürger in Berlin-Mitte angelegt, kam das 1872 nach Kreuzberg verlegte Haus 1945 unter die Verwaltung des Krankenhauses Am Urban. Nach seinem Verkauf zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde es unter Wahrung der denkmalpflegerischen Gesichtspunkte vom Berliner Architekturbüro Stephan Höhne in einen Wohnpark mit 103 Eigentumswohnungen und zwei Gewerbeeinheiten umgebaut.
Gertraudenhospital (Berlin) | ||
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Trägerschaft | Vivantes | |
Ort | Berlin-Kreuzberg | |
Bundesland | Berlin | |
Staat | Deutschland | |
Koordinaten | 52° 29′ 45″ N, 13° 22′ 59″ O | |
Fachgebiete | Allgemeinmedizin | |
Zugehörigkeit | Krankenhaus Am Urban bis 2001 | |
Gründung | 1870er | |
Auflösung | 2002 | |
Website | keine | |
Lage | ||
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St. Gertrauden-Stift und Spittelmarkt
In der historischen Cöllnischen Feldmark baute das St.-Gertrauden-Stift um 1400 vor dem Gertraudentor der Berliner Stadtmauer am später so benannten Spittelmarkt ein Haus mit einer Kapelle für adlige Jungfrauen, das später als Hospital für mittellose und kranke Bürger Verwendung fand. Aus der Kapelle ging die Spittelkirche hervor. Der schnelle Straßenausbau Berlins in der Gründerzeit ließ dem Stift keinen Raum, sodass das Gertrauden-Hospital samt seiner Kapelle im Jahr 1872 in die heutige Kreuzberger Wartenburgstraße verlegt wurde. Die wertvollsten Ausstattungsstücke der Spittelkirche, die 1881 abgerissen wurde, kamen in die neue Kreuzberger Hospital-Kapelle.
Die Namen Spittelmarkt und Spittelkirche sind vom Gertrauden-Hospital abgeleitet (Hospital = ‚Spital‘ = ‚Spittel‘). Die Namenswahl Gertraude wiederum erinnert an die Ur-Ur-Großtante von Karl dem Großen Geretrudis, die heilige Gertrud, die um 650 als Äbtissin im wallonischen Kloster Nivelles lebte und als Schutzpatronin der Krankenhäuser und Gärtner, der Armen und Witwen, der Pilger, Gefangenen und Reisenden gilt.
Das ursprüngliche Hospital war um 1650 sehr baufällig, wurde abgerissen und bis 1655 neu aufgebaut.[1] Im Zusammenhang mit der raschen Erweiterung von Berlin wurden in den 1810er Jahren Pläne für einen Totalumbau des Spittelmarktes veröffentlicht. Die darauf und in der Umgebung stehenden Gebäude mussten dafür abgerissen werden, darunter das Hospital, das 1872 niedergelegt war.[2]
Neubau in Kreuzberg ab den 1870er Jahren
Den Hospitalneubau an einer völlig neuen Stelle besorgte der Architekt Friedrich Koch auf dem 8500 m² großen Grundstück. In einem ersten Abschnitt zwischen 1871 und 1873 kam es zur Errichtung des Hauptgebäudes mit drei Flügeln und einem parkähnlichen Vorgarten, der seit den 1990er Jahren als Gartendenkmal geschützt ist. Im zweiten Bauabschnitt 1883 und 1884 legte Koch hinter dem Zentralhaus zwei langgestreckte, rechtwinklig aufeinander stehende Flügel an. Die 100 Räume von jeweils etwa 17 m² Grundfläche boten 144 alten Frauen Unterkunft. Neben der Wohnung erhielten sie eine monatliche Geldzuwendung, freie Heizung und unentgeltliche medizinische Versorgung. Das Hauptgebäude nahm auch die erforderlichen Verwaltungs- und Gemeinschaftsräume auf, darunter im ersten Obergeschoss die durch zwei Geschosse reichende Kapelle.
Gerade so wie bei den burgähnlichen Erweiterungen des Moabiter Sudhauses, die nach seinen Planungen ein Jahr zuvor, 1871, vollendet worden waren, verwandte Koch auch hier als stilbildendes architektonisches Element langgestreckte gelbe Backsteinfassaden. Am Hauptgebäude lockern Figurenfriese, schmale Lisenen und hohe Rundbogenfenster die Fronten auf. Die Seitenteile schließen zur Wartenburgstraße mit apsisartigen Vorbauten (Exedra), die mit verzierten Säulen, Ornamenten und weiteren Figurenfriesen geschmückt sind. Im Architektonischen Skizzenbuch, Jahrgang 1886, sind verschiedene architektonische Elemente im Detail festgehalten, etwa Friese der Exedra, Treppengeländer oder kunstvolle Dachaufbauten (siehe Abbildung unten rechts). Im Jahr 1910 nahm der Stadtbauinspektor Fritz Haack Umbauten und kleinere Erweiterungen vor.
Im vorderen Gartenbereich pflanzten die Landschaftsarchitekten einen Trompetenbaum (Catalpa bignonioides), dessen weit ausladende Äste sich aufgrund seines hohen Alters im 21. Jahrhundert zur Erde neigen. Der dekorative Blütenbaum steht als Naturdenkmal unter besonderem Schutz.
- Gesamtplan, unten Wartenburgstraße, rechts Großbeerenstraße
- Trompetenbaum (Catalpa bignonioides), Blüten
- Dachaufbauten, 1886
- Detail Bogen Exedra, 1886
Teil des Urban-Krankenhauses, seit 2005 Wohnpark
Die beiden Weltkriege verursachten an dem Gebäudekomplex nur kleinere Schäden. Am 28. April 1945 übernahm das Krankenhaus Am Urban das Hospital unter dem Namen Krankenhaus am Kreuzberg und machte es 1971 als Haus für Chroniker zu einem Betriebsteil. Das Hospital verlor dabei endgültig seinen eigenständigen Namen.
Die Nutzung als Pflegewohnheim währte bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Im Jahr 2002 verkaufte die hochverschuldete Berliner Krankenhaus-Gesellschaft Vivantes, inzwischen Betreiberin des Urban-Krankenhauses, den Gebäudekomplex an die Kölner Immobiliengesellschaft Vivacon AG. Diese zahlte angeblich für den zuletzt leerstehenden Gebäudekomplex einen Kaufpreis im „einstelligen Millionenbereich“.[3]
Literatur
- Vivacon baut leer stehendes Berliner Krankenhaus zu Wohnpark um. (Memento vom 1. Dezember 2016 im Internet Archive) In: Die Welt, 20. März 2003 (Anm.: Die Angabe über 130 Wohneinheiten ist falsch, vor Ort findet sich der Hinweis auf 103 Einheiten)
Weblinks
Einzelnachweise
- Johann Heinrich Haumannen: Kurtze Beschreibung der S. Gertrautenkirche in Berlin. 1710.
- Spittelmarkt. In: Berliner Adreßbuch, 1910, II, S. 578 (Unmittelbar unter dem Namen Spittelmarkt gibt es den Hinweis auf den Abriss des Gertraudenhospitals und der Spittelkirche.).
- Vivacon baut leer stehendes Berliner Krankenhaus zu Wohnpark um. (Memento vom 1. Dezember 2016 im Internet Archive) In: Die Welt, 20. März 2003