Gepatschferner
Der Gepatschferner (italienisch Vedretta della Croda) ist nach der Pasterze der zweitgrößte Gletscher Österreichs.[5] Der Name leitet sich vom romanischen compaccio ab, was so viel bedeutet wie „karges Feld“.
Gepatschferner | ||
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Nährgebiet des Gepatschferners mit Brandenburger Haus, vorn die Eisscheide zum Kesselwandferner (2006) | ||
Lage | Tirol (Österreich), Südtirol (Italien) | |
Gebirge | Ötztaler Alpen, Weißkamm | |
Typ | Talgletscher | |
Länge | 7,8 km (2011)[1][2] | |
Fläche | 16,6 km² (2006)[3] | |
Exposition | Nährgebiet Nordost, Zehrgebiet Nord | |
Höhenbereich | 3510 m – 2100 m (2006)[3] | |
Eisdicke | ⌀ 71 m (1987)[4] | |
Eisvolumen | 1,44 ± 0,014 km³ (2006)[3] | |
Koordinaten | 46° 50′ 0″ N, 10° 45′ 0″ O | |
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Entwässerung | Hauptsächlich: Gepatschbach → Gepatschspeicher → Faggenbach → Inn; Weiterhin: Langtauferer Ferner, Weißseeferner |
Lage
Der Gepatschferner liegt südlich oberhalb des Kaunertals in Tirol in den Ötztaler Alpen, ca. 1500 Höhenmeter über dem Talschluss. Sein Nährgebiet wird eingegrenzt im Nordwesten von der 3526 Meter hohen Weißseespitze und im Südosten von den drei Hintereisspitzen (ca. 3450 m). Dazwischen verlaufen die Langtauferer Eiswände, über die ein kleiner Teil des Gletschers nach Südwesten Richtung Langtauferer Tal ins italienische Südtirol hinüberreicht und in einem früher mächtigen, heute kleinen Eisbruch zum Langtauferer Ferner abfließt.[3] Die kaum erkennbare Grenze zum Kesselwandferner im Osten ist das völlig von Eis bedeckte Kesselwandjoch, das eine sogenannte Eisscheide darstellt. Zudem besteht eine Verbindung zum Weißseeferner: Zwischen der Weißseespitze und deren nordöstlichem Vorgipfel, dem Zahn, bricht das Plateau der Gepatschferners zum nordwestlich liegenden Weißseeferner ab.[3]
Ausdehnung
Zusammen mit dem Kesselwandferner bildet der Gepatschferner mit 18 km² die größte zusammenhängende Gletscherfläche Österreichs.[6] Der Hauptstrom des Gepatschferners bewegt sich zunächst auf etwa 6 km in nördlicher Richtung, dann auf 3 km in einer 90° Biegung nach Westen. Den Gletscherabfluss in ungefähr 2080 m Höhe bildet der Gepatschbach, der in einen Stausee, den Gepatschspeicher, mündet. Die maximale Mächtigkeit der Gletscherzunge betrug 1996 noch 250 m.
Gletscherstand und Rückgang durch den Klimawandel
Abgesehen von mittelalterlichen Vorstößen hatte der Gepatschferner 1850 seinen Höchststand. Dieses Jahr markiert das Ende der sogenannten Kleinen Eiszeit. 1920, 1922 und 1977–1988 gab es zwar kurzzeitig weitere Vorstöße zum Teil über 70 m, aber seit 1850 kann von einem allgemeinen Rückgang um 50 %, wie bei den meisten anderen Ostalpengletschern, gesprochen werden. Seit mehreren Jahren ist der Gepatschferner der am schnellsten rückläufige Gletscher in Österreich, 2014/15 betrug der Rückgang 121,5 m[7], in der Saison 2016/2017 waren es 125,0 m.[8]
Besonders deutlich wird der starke Rückgang des Gletschers auch bei den Problemen des Skigebiets: Aufgrund des Gletscherrückgangs kann seit dem Jahr 2000 kein Sommerskibetrieb mehr stattfinden und das erst 1980 eröffnete Ganzjahresskigebiet wird seitdem Anfang Juni, zu Pfingsten, geschlossen. In 2004 musste der Wiesejaggl-Doppelsessellift abgebaut werden, weil der Bodenabstand durch die Abschmelzung des Gletschers zu hoch wurde. Schon in den Neunzigerjahren musste die Talstation des Weißseefernerschlepplifts mehrmals aufgrund der zurückgehenden Gletscherzunge korrigiert werden. Schließlich mussten die mittlerweile zwei Weißsee-Schlepplifte 2019 durch die fast stützenlose Falginjoch-Gondelbahn gänzlich ersetzt werden, weil nun auch die Stützen der Schlepplifte durch den Gletscherrückgang Probleme bereiteten, und weil der Steilhang kurz vor der Bergstation aufgrund des beständigen Abschmelzens des Gletschers immer steiler wurde.[9] Der Snowpark und die Halfpipe, jahrzehntelang am Nörderjochlift I angelegt, mussten 2016 aufgrund des fast vollständigen Verschwindens des Gletschers an dieser Stelle auf den Gletscherrest zwischen Falginjoch- und Karlesjochbahn verlegt werden. Bereits ein Jahr früher wurde nach einer Beschädigung durch eine Lawine der Nörderjochlift II aufgegeben und abgebaut, auch weil durch das Verschwinden des Eises und damit des Permafrostbodens dort der Fels in Bewegung geraten ist. Murgänge an der Bergstation des Nörderjochlifts I müssen regelmäßig abgebaggert werden.
Umstrittene Nutzung als Skigebiet
Um den Tourismus auch in Zeiten unsicherer Schneeverhältnisse in tiefer gelegenen Skigebieten aufrechtzuerhalten, wird seit 2002 geplant, das bestehende Skigebiet Kaunertaler Gletscher im Nordwesten des Gepatschferners zur Weißseespitze zu erweitern. Diese Erweiterung greift durch den Bau von Straßen, Liften, Gebäuden, Ver- und Entsorgung und sonstiger Infrastruktur in die Gletscherlandschaft ein. Dies ist laut vieler alpiner Vereinigungen, besonders des Österreichischen Alpenvereins, nicht vereinbar mit dem österreichischen Naturschutzgesetz. Diese sehen darin eine massive Zerstörung der Landschaft und rufen zu Protesten auf.[10] Im Pistenplan 2019/20 ist die projektierte Erweiterung zur Weißseespitze nicht mehr eingezeichnet.
Allerdings wurde dafür im Sommer 2021 begonnen, eine Bahn aufs Weißseejoch zu bauen, die im Winter 2021/22 eröffnet wurde. Die Tiroler Landesumweltanwaltschaft bezeichnet den Bau der Bahn und der neuen Skipiste als massiven Eingriff in die unberührte Natur und den Gletscherbereich. Kritiker vermuten auch, dass die neue Bahnverbindung der erste Schritt zur anvisierten Verbindung mit dem Südtiroler Langtauferertal ist, das derzeit gänzlich frei von Aufstiegshilfen ist.
Karte
- Alpenvereinskarte Blatt 30/2, 1:25.000, Ötztaler Alpen, Weißkugel, ISBN 3-928777-39-4
Einzelnachweise
- WGMS: Fluctuations of Glaciers Database. World Glacier Monitoring Service, Zurich 2012 (doi:10.5904/wgms-fog-2012-11), abgerufen am 7. Februar 2013
- M. Mergili: Zusammenstellung der Längenänderungen der österreichischen Gletscher 1970–2013. ( online (Memento des Originals vom 27. Januar 2016 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ). Basierend auf: Österreichischer Alpenverein: Gletscherberichte. Sammelberichte über die Gletschermessungen des Österreichischen Alpenvereins in den Jahren 1971 bis 2011. Zusammengestellt von H. Kinzl, G. Patzelt, A. Fischer. In: Mitteilungen des Österreichischen Alpenvereins/Bergauf. Band 27–67. Abgerufen am 30. April 2013
- Lea Hartl: The Gepatschferner from 1850–2006. Changes in Length, Area and Volume in Relation to Climate. Diplomarbeit, Innsbruck 2011 (online (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. ; PDF; 20,5 MB)
- Universität Wien, Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik: Seismische Eisdickenmessungen österreichischer Gletscher. In: Archiv für Lagerstättenforschung der Geologischen Bundesanstalt. Wien 1987, Band 8, S. 27f (online; PDF-Datei; 320 kB)
- Österreichische Akademie der Wissenschaften: Die Zukunft der österreichischen Gletscher. April 2009 (Memento des Originals vom 5. Februar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Alexander Hunderpfund: Zum Gepatsch. Bergauf, Februar 2008 (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Gletscherbericht des ÖAV, Februar 2016
- Gletscherbericht des Alpenvereins: Größte Längenverluste seit 1960. 9. April 2018, abgerufen am 6. März 2019 (deutsch).
- FAQ Falginjochbahn. 7. August 2019, abgerufen am 11. Februar 2021 (deutsch).
- Internetseite des ÖAV zum geplanten Skigebiet (Memento des Originals vom 1. November 2012 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Zugriff am 8. Oktober 2012
Weblinks
- Untersuchung der Universität Graz (Memento vom 17. Februar 2009 im Internet Archive)