George Psalmanazar
George Psalmanazar (* 1679; † 3. Mai 1763) behauptete der erste Ureinwohner Formosas (das heutige Taiwan) zu sein, der nach Europa kam. Für einige Jahre konnte er die Öffentlichkeit in Großbritannien davon überzeugen, wurde jedoch später als Hochstapler enttarnt.
Leben
Um das Jahr 1700 erschien im nördlichen Europa ein sehr eigenartiger Mann. Er sah europäisch aus, behauptete jedoch von der fernen Insel Formosa zu stammen, lebte nach deren fremdartigem Kalender und betete Sonne und Mond an.
Im Jahre 1702 traf er in den Niederlanden ein. Dort traf er William Innes, der dort Kaplan in einer Einheit der schottischen Armee war. Danach behauptete jener, den Heiden zum Christentum bekehrt zu haben und taufte ihn auf den Namen George Psalmanazar (in Anlehnung an den biblischen König der Assyrer Shalmaneser). Im Jahre 1703 reiste er über Rotterdam nach London, um den dortigen Bischof zu treffen.
Im London der damaligen Zeit wurde der exotische Fremde mit seinem eigenartigen Benehmen berühmt. Er aß rohes Fleisch mit einer Unmenge Gewürze und schlief aufrecht sitzend auf einem Stuhl. Er behauptete, von Jesuiten aus Formosa nach Frankreich entführt worden zu sein, wo er sich weigerte, dem römischen Katholizismus beizutreten.
Im Jahre 1704 veröffentlichte Psalmanazar das Buch An Historical and Geographical Description of Formosa, an Island Subject to the Emperor of Japan, in dem er eine Reihe weiterer Eigenartigkeiten beschrieb. Darin war Formosa ein reiches Land mit der Hauptstadt Xternetsa. Die Menschen gingen nackt bis auf goldene und silberne Schnallen zum Bedecken der Geschlechtsteile. Die Hauptnahrung waren Schlangen, die sie mit Zweigen jagten.
Formosaner waren danach polygam und der Ehemann hatte das Recht, seine Frauen nach Belieben zu verspeisen. Verurteilte Mörder wurden hingerichtet, indem sie kopfüber gehängt und mit Pfeilen beschossen wurden. Jedes Jahr opferten sie den Göttern die Herzen von 18.000 Jungmännern, die verbliebenen Körper wurden von den Priestern verspeist. Sie kannten auch Pferde und Kamele als Transportmittel. In dem Buch wird auch ein „formosanisches Alphabet“ beschrieben.
Das Buch war ziemlich erfolgreich. Es gab davon zwei englische Auflagen, eine französische und deutsche Auflage folgten.
Kurz danach wurde er an das Oxford College gerufen. Er begann, religiöse Literatur in (seine) formosanische Sprache zu übersetzen und lehrte (seine) formosanische Kultur und Sprache. Der Bischof von London unterstützte ihn. Er betrachtete Dr. Samuel Johnson als seinen Freund. Und er sprach vor der Royal Geographical Society.
Die von Psalmanazar vorgegebene Identität wurde durchaus angezweifelt. Er konnte jedoch die meiste Kritik von sich abwenden. Seine blasse Haut erklärte er damit, dass er als Angehöriger der Oberschicht keine Arbeiten in der Sonne erledigen müsse. Tatsächlich behauptete er sogar, unter der Erde gelebt zu haben. Jesuiten, die tatsächlich als Missionare in Formosa waren, glaubte man dagegen nicht, vor allem wegen ihres schlechten Ansehens in der anti-katholischen Stimmung jener Zeit. Fragen von Mitgliedern der Royal Society, beispielsweise von Edmund Halley, wich er aus.
Innes stieg zum Oberkaplan der englischen Streitkräfte in Portugal auf. Psalmanazar dagegen verstrickte sich in einige dubiose Geschäfte. Im Jahre 1706 gab er die Täuschung zu, erst gegenüber Freunden, und schließlich gestand er sie auch der Öffentlichkeit.
Psalmanazar lebte bis zu seinem Tode als Schriftsteller. Er arbeitete einige Zeit als Angestellter der Armee, bis ihm ein Mitangestellter Geld zum Studium der Theologie gab. Er erlernte Hebräisch, wurde Mitautor von A General History of Printing (1732) und schrieb eine Reihe von Artikeln für Universal History. Er arbeitete auch an dem Buch Geography of the World mit, in dem er über die echten Verhältnisse in Formosa schrieb und Kritik an seinem früher verbreiteten Schwindel übte. Offenbar wurde er auch zunehmend religiöser.
Unter seinen Schriften befindet sich auch Memoirs of ****, Commonly Known by the Name of George Psalmanazar; a Reputed Native of Formosa, das postum veröffentlicht wurde.
Nach dieser Autobiografie wurde er 1679 in Frankreich geboren und besuchte dort eine Jesuitenschule. Seine Tätigkeit dort endete, als er den Avancen der Hausherrin widerstand und zum Pilger wurde. Zuerst behauptete er, irischer Pilger auf dem Wege nach Rom zu sein. Unterwegs traf er jedoch auf zu viele, die tatsächlich etwas über Irland wussten. Danach wechselte in die Rolle eines japanischen Konvertiten, um sich schließlich als Heide auszugeben, was noch aufregender klang. Er wanderte hungrig durch Europa, als Held und manchmal als Soldat. Er nahm die Rolle des Formosaners auf Drängen von Innes an, als der Priester dessen Täuschung erkannte, jedoch von der Hochstapelei profitieren wollte.
Psalmanazar unterließ es, seinen Geburtsnamen zu überliefern.
Literatur
- Werner Fuld: George Psalmanazar. In: Ders.: Das Lexikon der Fälschungen. Frankfurt a. M. 1999, S. 214–216, ISBN 3-8218-1444-6.
- Herbert Heckmann: George Psalmanazars Formosa. In: Karl Corino (Hrsg.): Gefälscht. Reinbek 1992, S. 174–183.
- Daniela Dröscher: Die Lichter des George Psalmanazar. Berlin 2009, ISBN 978-3-8270-0873-2 (Roman, der auf dem Leben Psalmanazars basiert).
- Rachel van Kooij: Menschenfresser George. Das abenteuerliche Leben eines Hochstaplers. Verlag Jungbrunnen, Wien 2012, ISBN 978-3-7026-5845-8 (historischer Roman für Jugendliche).