Georg August von Griesinger
Georg August Griesinger (* 8. Januar 1769 in Stuttgart; † 9. April 1845 in Wien) war ein deutscher Diplomat und Schriftsteller. Er übte die Funktion eines geheimen Legationsrats bei der königlich sächsischen Gesandtschaft am k. k. österreichischen Hof in Wien aus. Bekanntheit erlangte er durch seine Freundschaft mit den Komponisten Joseph Haydn und Ludwig van Beethoven. Er verfasste auch die erste Biographie Haydns.
Leben
Georg August von Griesinger war ein Sohn des württembergischen Beamten und Juristen Georg Christoph Griesinger (1734/35–1782), den er bereits im Alter von 13 Jahren verlor.[1] Seine Mutter Louise Dorothea, geb. Beutel von Leonberg ließ ihm aber eine vorzügliche Erziehung angedeihen, so dass er einen liebenswürdigen Charakter entwickelte.[2] Er hatte einen älteren Bruder, den späteren Juristen und Politiker Ludwig Friedrich Griesinger (1767–1845). Zunächst besuchte er zu seiner frühen Ausbildung das Seminar in Maulbronn und widmete sich ab 1786 dem Studium der Theologie in Tübingen. Nach Vollendung der dortigen Studien ergriff er den Beruf eines Erziehers. Er ging im September 1791 in die französische Schweiz und verweilte dort als Erzieher im Haus des Seigneur de Montrichy-Lully in Morges am Genfersee bis zum Frühjahr 1797, als er seine Schüler zur weiteren Ausbildung zur Universität Leipzig geleitete.[1]
1799 wurde Griesinger vom damaligen kursächsischen außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister am kaiserlichen Hof zu Wien, dem Grafen Johann Hilmar Adolph von Schönfeld, die Erziehung von dessen Sohn übertragen. Er erwarb sich schnell das Vertrauen des Grafen und blieb fortan eng mit diesem verbunden. Nach dem Ableben des damaligen dortigen Legationssekretärs führte ihn der Graf in die diplomatische Laufbahn ein. In der Folgezeit bewährte sich Griesinger als gewissenhafter sächsischer Diplomat.[2]
Zunächst wurde Griesinger 1804 Legationssekretär der kurfürstlich sächsischen Gesandtschaft in Wien sowie 1808 Legationsrat. In der Spätphase der Napoleonischen Kriege konnte er seine Loyalität zu Sachsen und dessen Königshaus öffentlich demonstrieren, als es galt, König Friedrich August I. zu verteidigen und die Rechte des Landes zu wahren. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig (Oktober 1813) folgte er seinem König nach Berlin, wo dieser gefangen gehalten wurde. Durch seine Apologie de Frédéric Auguste, Roi de Saxe (Nürnberg 1814) betonte er seine pro-sächsische Gesinnung. Als er im Herbst 1814 der Gesandtschaft in Wien wieder beigeordnet wurde, fand sein Eintreten für Sachsen während des Wiener Kongresses bei den dort anwesenden Mächten kein Gehör.[2]
Eine große Reise unternahm Griesinger 1827 mit seiner ihm 1823 angetrauten Gemahlin, der Wiener Sängerin Maria von Lagusius, durch Oberitalien, Tirol, Frankreich, Belgien, die Rheinlande und den größten Teil von Deutschland. 1828 wurde er zum geheimen Legationsrat ernannt. Mehrmals bekleidete er auch die Funktion eines königlichen sächsischen Geschäftsträgers am kaiserlichen Hof in Wien und Ende 1831 wurde er zum sächsisch-weimarischen Geschäftsträger am Wiener Hof ernannt.[2]
Viele Ehrenbezeigungen wurden Griesinger zuteil. Bei der Stiftung des königlich sächsischen Zivilverdienstordens 1815 erhielt er das Ritterkreuz, 1819 wurde er in den Adelsstand erhoben, 1835 Ritter des weimarischen Hausordens vom weißen Falken und 1839 Komtur sowohl des königlich sächsischen Verdienstordens als des weimarischen Hausordens. Dass er bei jedem Regierungswechsel in unveränderter Stellung blieb, spricht für die Zufriedenheit der Fürsten mit seinen gediegenen Leistungen. Auch bewahrte er sich durch freundlichen Rat und wirksame Hilfe bei den sächsischen Angehörigen in Österreich und bei vielen seiner Bekannten und beruflichen Kontaktpersonen dankbare Erinnerung.[2]
Zu schriftstellerischer Tätigkeit fand Griesinger vor allem in früheren Jahren Veranlassung. Außer wissenschaftlichen und politischen, in öffentlichen Blättern zerstreuten Aufsätzen schrieb er eine Berichtigung der Zweifel des Herrn Rats Hannemann gegen die Abhandlung des Herrn Hofrats von Sonnenfels über die Stimmenmehrheit bei Kriminalurteilen (Wien 1802). Geschätzt sind ferner seine Denkwürdigkeiten aus der Geschichte der österreichischen Monarchie, auf jeden Tag des Jahres gesammelt (Wien 1804). Mit Joseph Haydn und später mit Ludwig van Beethoven stand er in freundschaftlichen Beziehungen und Briefverkehr, wovon die Biographischen Notizen über Joseph Haydn (Leipzig 1810) zeugen.[2] Durch diese Schrift wurde er Haydns erster Biograph.[3] Franz Xaver Wolfgang Mozart vertonte den von Griesinger verfassten Text für eine Kantate. Auch war Griesinger Korrespondent der Allgemeinen musikalischen Zeitung. Mit dem Musikverleger Gottfried Christoph Härtel unterhielt er eine umfangreiche Korrespondenz.[1] Seine interessante Informationen über seine Treffen mit Haydn enthaltenden Briefe an den Verlag Breitkopf & Härtel stellen eine bedeutende Quelle für die Forschung dar.[4]
Nach zweitägigem Unwohlsein starb Griesinger, der von seiner Gattin keine Kinder bekommen hatte, am 9. April 1845 im Alter von 76 Jahren in Wien.[2]
Werke und Briefe
- Denkwürdigkeiten aus der Geschichte der österreichischen Monarchie. Auf jeden Tag des Jahres gesammelt, Wien: Degen 1804 (Digitalisat)
- Biographische Notizen über Joseph Haydn, Leipzig: Breitkopf & Härtel 1810 (Digitalisat)
- „Eben komme ich von Haydn…“. Georg August Griesingers Korrespondenz mit Joseph Haydns Verleger Breitkopf & Härtel 1799–1819, hrsg. von Otto Biba, Zürich: Atlantis Musikbuch-Verlag 1987, ISBN 3-254-00130-3
- Ludwig van Beethoven, Briefwechsel. Gesamtausgabe, hrsg. von Sieghard Brandenburg, Band 1, München: Henle 1996, S. 138f., 141–143, 230–232
- Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen, hrsg. von Klaus Martin Kopitz und Rainer Cadenbach, München: Henle 2009, Band 1, S. 376–388
Literatur
- Georg August von Griesinger, in: Neuer Nekrolog der Deutschen, 23. Jahrgang (1847), S. 264–266.
- F. Th. Richter: Griesinger (Andreas von). In: Johann Samuel Ersch, Johann Gottfried Gruber (Hrsg.): Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 1. Sektion, Bd. 91 (1871), S. 41 f.
- Ernst Rheinwald, Die Brüder Ludwig Friedrich Griesinger, Jurist und Politiker, 1767–1845, und August von Griesinger, Sächsischer Legationsrat in Wien, Musikfreund, 1769–1845, in: Schwäbische Lebensbilder, hrsg. von Hermann Haering, Stuttgart: Kohlhammer 1950, S. 126–138
Anmerkungen
- Griesinger, Georg August von, in: Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe, digitale Edition.
- F. Th. Richter: Griesinger (Andreas von). In: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, 1. Sektion, Bd. 91 (1871), S. 41 f.
- Griesinger, Georg August, auf MGG online.
- Editionen der Werke Joseph Haydns, in: Reinmar Emans, Ulrich Krämer (Hrsg.): Musikeditionen im Wandel der Geschichte, Walter de Gruyter, 2015, S. 316.