Gena Turgel
Gena Turgel MBE (* 1. Februar 1923 als Gena Goldfinger in Krakau; † 7. Juni 2018[1]) war eine polnisch-britische Autorin und Holocaustüberlebende.
Leben
Gena Goldfinger wuchs als jüngstes von neun Kindern[2] in einer wohlhabenden Familie im Zentrum Krakaus auf. Ihr Vater Samuel starb, als sie sieben Jahre alt war. Ihre Mutter Estera engagierte sich in der Women’s Society, der Vorläuferorganisation der Women’s International Zionist Organisation (WIZO). Gena selbst war Mitglied der zionistischen Jugendorganisation HaNoar HaTzioni.[3] Durch den Besuch einer protestantischen Schule ab dem Alter von 14 Jahren erwarb sie Deutschkenntnisse.[4]
Sie war 16 Jahre alt, als die deutsche Wehrmacht am 1. September 1939 mit dem Überfall auf Polen den Zweiten Weltkrieg entfesselte. Mit ihrer Familie kam sie ins Krakauer Ghetto. Einer ihrer Brüder wurde im Ghetto von einem SS-Mann erschossen, ein weiterer Bruder floh und gilt seitdem als verschollen. Eine Schwester und ihr Ehemann wurden bei dem Versuch erschossen, Lebensmittel in das KZ Plaszow zu schmuggeln, wohin Gena Goldfinger später selbst deportiert wurde.[1]
Im Winter 1944 musste Gena Goldfinger mit ihrer Mutter von dort aus ins KZ Auschwitz-Birkenau marschieren; sie mussten eine weitere Schwester zurücklassen, die sie nicht mehr wiedersahen.[5] Im Januar 1945 folgte ein Todesmarsch ins KZ Buchenwald, bis sie per Viehwaggon nach Bergen-Belsen transportiert wurde. Dort war Gena Goldfinger im Krankenrevier tätig, wo sie unter anderem die 15-jährige todkranke Anne Frank pflegte.[1]
An der Befreiung von Bergen-Belsen im April 1945 war der britische Soldat Norman Turgel beteiligt, den sie ein halbes Jahr später in Lübeck heiratete. Mit ihrem ebenfalls jüdischgläubigen Ehemann ging sie nach England und ließ sich in Hendon im Nordwesten Londons nieder. Die britische Presse taufte sie daraufhin die „Braut von Belsen“.[6] Ihr Hochzeitskleid, genäht aus einem Fallschirm der britischen Armee, ist im Londoner Imperial War Museum ausgestellt.[7] Das Paar hatte drei Kinder. Nach dem Tod ihres Mannes lebte sie bis zu ihrem Tod in Stanmore, einem Stadtteil von London Borough of Harrow.[3]
Turgel veröffentlichte 1987 mit der Journalistin Veronica Groocock das autobiografische Buch I Light a Candle, das 1992 auf Kassette aufgenommen wurde. Sie ging damit als Zeitzeugin in Schulen und Universitäten.[8] Für ihr Bemühen, Heranwachsende über den Völkermord an den Juden aufzuklären, wurde sie im Jahr 2000 von Queen Elisabeth II. zum Member of the Most Excellent Order of the British Empire (MBE) ernannt.[9] Ihr Grab befindet sich auf dem jüdischen Friedhof in Bushey, Hertfordshire.[4]
Werke
- mit Veronica Groocock: I Light a Candle. Grafton, London 1987, ISBN 0-246-13151-9.
Weblinks
- Literatur von und über Gena Turgel in der bibliografischen Datenbank WorldCat
- „Braut von Belsen“. Holocaustüberlebende Gena Turgel ist tot. In: Der Spiegel. 9. Juni 2018
- Witness: Gena Turgel auf YouTube, 18. November 2011, abgerufen am 25. August 2018 (aus der „Witness“-Serie von Shalom TV).
Einzelnachweise
- Harriet Sherwood: Gena Turgel, Holocaust survivor known as Bride of Belsen, dies. In: theguardian.com. 8. Juni 2018, abgerufen am 12. Juni 2018 (englisch).
- Bride of Belsen Holocaust survivor Gena Turgel dies aged 95. BBC News. 9. Juni 2018, abgerufen am 10. Juni 2018.
- United Synagogue Women: Lifestory of Holocaust Survivor Gena Turgel MBE. 24. April 2015, abgerufen am 14. September 2018.
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- Nearly a thousand attend Holocaust survivor Gena Turgel’s funeral. 13. Juni 2018, abgerufen am 14. September 2018.
- Patrick Sawer: ‘Bride of Belsen’ who survived four death camps dies aged 95. In: telegraph.co.uk. 9. Juni 2018, abgerufen am 12. Juni 2018 (englisch).
- Penny Marshall: The Bride of Belsen: A love story born amidst the horror. In: itv.com. 21. April 2015, abgerufen am 11. Juni 2018.
- dress, wedding, parachute silk, Belsen. Bei Imperial War Museums.
- James Morris: Holocaust memorial: Gena Turgel tells Islington pupils ‘it’s my duty to tell survival story’. In: Islington Gazette. 30. Januar 2017, abgerufen am 11. Juni 2018 (englisch, mit Porträtfoto).
- Gas chamber survivor found love. In: The Telegraph. 26. Januar 2005, abgerufen am 11. Juni 2018 (englisch).