Geeste (Fluss)
Die Geeste ist ein Fluss in Niedersachsen und im Land Bremen. Nach nautischer Definition ist sie der unterste Nebenfluss der Weser. Die Flussmündung in Bremerhaven ist Namensgeber des ehemals hannoverschen Geestemünde.
Geeste | ||
Bremerhavener Geestebogen bei Niedrigwasser, mit Achgelisbrücke und Autobahnzubringer Mitte | ||
Daten | ||
Gewässerkennzahl | DE: 4992 | |
Lage | Elbe-Weser-Dreieck, Niedersachsen und Land Bremen, Deutschland | |
Flusssystem | Weser | |
Abfluss über | Weser → Nordsee | |
Quelle | beim Hof Freitag, Gemeinde Hipstedt 53° 28′ 38″ N, 8° 59′ 36″ O | |
Quellhöhe | 20 m[1] | |
Mündung | in Bremerhaven in die Weser 53° 32′ 9″ N, 8° 34′ 38″ O | |
Mündungshöhe | 0 m | |
Höhenunterschied | 20 m | |
Sohlgefälle | 0,47 ‰ | |
Länge | 42,5 km[2] | |
Einzugsgebiet | 338 km²[3] | |
Linke Nebenflüsse | Frelsdorfer Mühlenbach, Grove, Seekanal (Sellstedter See) | |
Rechte Nebenflüsse | Alfgraben, Scheidebach, Bederkesa-Geeste-Kanal, Lavener Sielgraben, Große Beek | |
Schiffbar | 25 km |
Geografie
Die Geeste entspringt in Hipstedt (Samtgemeinde Geestequelle) im Landkreis Rotenburg (Wümme) 10 km westlich von Bremervörde. Sie entwässert einen großen Teil des ehemaligen Landkreises Wesermünde (jetzt Landkreis Cuxhaven). Die Geeste ist Grenzfluss der Stadt Geestland.
Die Quellgräben des Flusses liegen auf knapp 20 m Höhe im Feuchtgrünlandgebiet Reisbruch. Die Hügel der Wesermünder Geest im Ostteil des Geeste-Einzugsgebietes erreichen Höhen um 25 Meter. Zwei Kilometer unterhalb des Quellgebietes liegt beim Hof Freitag linksseitig eine symbolische „Geestequelle“. Die Geeste fließt im Oberlauf durch Kiese und Sande und im weiteren Verlauf durch Marschland. Dabei wechseln grabenartige Abschnitte mit naturhafteren Abschnitten ab. Durch den Bau von Sielen wurde der Gezeitenbereich von etwa 30 km auf 5 km verkürzt.
Der gestreckte Unterlauf der Geeste stellt auf 25 km Länge den Westteil des Elbe-Weser-Schifffahrtsweges dar. In diesem Laufabschnitt mäandert die Geeste nur noch kurz vor der Mündung, in der „Taille“ Bremerhavens zwischen Mitte, Lehe und Geestemünde. Von fünf Flussschleifen sind noch drei vorhanden. Der nördliche Geestebogen um den Reuterhamm wurde 1892–1910 begradigt. Der Reuterhamm fiel an Lehe. Dadurch wurde eine neue „Franzosenbrücke“ nötig. Gebaut wurde sie vor der Delphin-Werft, gegenüber vom Bremerhavener Ruderverein von 1889. Bei Niedrigwasser ragen dort die Brückenpfeiler noch aus dem Schlick.[4]
Natur an der Geeste
Während der Unterlauf der Geeste zur Urbarmachung der Flussmarschen und zu Nutzung als Schifffahrtsstraße stark begradigt und im Querschnitt verändert wurde, ist der Oberlauf großenteils in einem naturnahen Zustand. Im Quellbereich der Geeste, der nur 15 m ü. NN liegt windet sich der Fluss idyllisch als noch kleiner, teilweise plätschernder Bach durch die schmale Flussaue. In dem waldreichen Geestgebiet kommen Schwarzstorch, Kolkrabe und Kranich vor. Der Bereich ist als EU-FFH Gebiet Nr. 189 Niederung von Geeste und Grove sowie das angrenzende Gebiet Nr. 197 Forst Malse unter Schutz gestellt.
- Geeste in Heinschenwalde
- Ufergehölz in der oberen Geesteniederung
- Marsch in der unteren Geesteniederung
Im Oberlauf hat die Geeste ursprünglich den Charakter eines von Kies geprägten Tieflandbaches, dessen Kiessohlen zum Beispiel die Meerforelle benötigt. Diese Bereiche sind heute nur noch an ganz wenigen Stellen zu finden. Neben dem Gewässerbau hat vor allem die angrenzende Landnutzung die Struktur und die Fließdynamik des Gewässerkörpers und damit auch die Lebensräume im und am Bach einschneidend verändert.
Andererseits wurden seit einigen Jahren durch den Rückbau von Deichen wie im Polder Bramel (Biotopverbund mit Polder Glies und Sellstedter See) wieder dauerhafte Überflutungsbereiche geschaffen, die einen Lebensraum für viele seltene Arten, darunter den Seeadler, geschaffen haben.[5]
Wasserbau
Die Mündung der Geeste in die Unterweser, 1,24 km stromaufwärts der nautischen Grenze zur Nordsee am Leuchtturm Bremerhaven, aber 19 km stromaufwärts der hydrografischen Grenze (Linie Langwarden–Neufeld), wird heute von zwei Molen begrenzt.
Sturmflutsperrwerk Bremerhaven
Nur 0,7 km geesteaufwärts der Mündung befindet sich das Sturmflutsperrwerk. Das Wasserbauwerk wurde gerade noch rechtzeitig vor der Sturmflut 1962 fertig. Sonst wären 80 % Bremerhavens über die niedrigeren Geestedeiche überflutet worden. In einer in der Reihe EGA[6] veröffentlichten Prognose der Universität Duisburg-Essen über den Überflutungsschaden bei Versagen des Geeste-Sperrwerks in Bremerhaven wird von 10.860 betroffenen Einwohnern mit einer voraussichtlichen Schadenssumme von ca. 247 Mio. Euro ausgegangen.
Tidesperrwerk Bremerhaven
Wenige Meter östlich der Eisenbahnbrücke und 5,18 km flussaufwärts der Geestemündung wurde in den 1960er Jahren das Tidesperrwerk mit Schleuse gebaut.
Schiffdorfer „Stauschleuse“
Die sogenannte Schiffdorfer Stauschleuse liegt 9,1 km von der Geestemündung entfernt in der Gemarkung der Samtgemeinde Schiffdorf im Landkreis Cuxhaven. Technisch ist sie weder ein Stauwehr mit Kammerschleuse noch eine Stauschleuse, sondern eine Sielanlage, gewissermaßen das älteste Tidensperrwerk in der Geeste.[7] Sie wurde 1890–1892 im Zuge eines großen Meliorations- und Entwässerungsprojektes nach Plänen von Theodor Hoebel gebaut. Schiffe konnten die Sielschleuse nur bei ablaufendem Wasser passieren, wenn der Wasserstand der Geestemündung den des oberhalb gelegenen Flussabschnittes unterschritten hatte. Vor allem in der Vegetationsperiode sollte sie das Marschland der Geesteniederung vor Sturmfluten schützen. Durch ihre reine Sielfunktion (ohne Stauhaltung) konnte man die Wasserstände in der Geeste und im Bederkesa-Geeste-Kanal nur bedingt regulieren, hohe Wasserstände bei Flut verhindern, aber niedrige Wasserstände bei Ebbe nicht. Die Verminderung der Gezeitenströme bewirkte eine zunehmende Verschlickung, die die Schifffahrt behinderte. So entstand ein Interessenkonflikt zwischen Landwirtschaft und Schifffahrt. Die Bauern forderten niedrigen Tidenhub, die Schiffer wenigstens bei Flut hohe Wasserstände. Erst der Bau des Tidesperrwerks in Verbindung mit dem Ausbau der Geeste, des Bederkesa-Geeste-Kanals und des Hadelner Kanals in den 1960er Jahren brachte Abhilfe.[7] Die Schiffdorfer „Stauschleuse“ verlor 1961 ihre Funktion und wurde 1967 endgültig stillgelegt.[8] Sie wird als technisches Denkmal erhalten. Das Schleusenwärterhaus diente jahrzehntelang als Ausflugslokal. Im modernen Anbau wohnte der Schleusenwärter Claus Meyn, der die Gaststätte „Zur Stauschleuse“ betrieb. Die historische Brücke über die Schleuse musste 1985 durch eine Holzbrücke ersetzt werden. Das Stahlwerkgeländer fand Wiederverwendung. Die Schleuse hat vier Pfeiler und drei 8 m breite Öffnungen mit stählernen Stemmtorpaaren. Bis 1999 wurde sie mit der Pegelstation restauriert.[9]
Geestebrücken in Bremerhaven
Grenzfluss
Bis zum Verlust des Gerichtes Lehe und des Amtes Bederkesa durch die Freie Reichsstadt Bremen an das schwedische Herzogtum Bremen im Ersten Bremisch-Schwedischen Krieg 1654 bildete die Geeste die Südgrenze dieser stadtbremischen Besitzungen.
Von der Umstrukturierung der hannöverschen Verwaltungsgliederung durch Preußen nach 1866 bis zur Fusionierung der Kreise Lehe und Geestemünde zum Landkreis Wesermünde 1932 war die Geeste Grenzfluss zwischen beiden. Und bis zum Anschluss Bremerhavens an die Stadt Wesermünde 1939 war sie die Südgrenze Bremerhavens.
Weblinks
Einzelnachweise
- Topographische Karte 1:25000
- Ausmessung in der TK25
- Ingenieurgemeinschaft Agwa GmbH: Zusammenfassung und Bilanzierung – Fließgewässer: Frelsdorfer Mühlenbach (Kompensationsmaßnahme im Rahmen eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens zum Offshore-Terminal Bremerhaven) 2012, abgerufen am 27. Oktober 2014
- Peter Raap: Der Alte Postweg und seine Geschichte. Eine uralte Verkehrsverbindung von Bremen nach Ritzebüttel. Niederdeutsches Heimatblatt 770 (Februar 2014)
- Rückdeichung Polder Glies. Abgerufen am 10. April 2019. (BUND Landesverband Bremen)
- Essener Geographische Arbeiten
- BUND Bremen: Geeste-Projekt. → Projektbericht (PDF; 2,3 MB)
- Dirk Peters: 125 Jahre Schiffdorfer Stauschleuse. Ein technisches Denkmal der Wasserbaugeschichte im Elbe-Weser-Dreieck. In: Männer vom Morgenstern Heimatbund an Elb- und Wesermündung e. V. (Hrsg.): Niederdeutsches Heimatblatt. Nr. 817. Nordsee-Zeitung GmbH, Bremerhaven Januar 2018, S. 1–2 (Digitalisat [PDF; 5,4 MB; abgerufen am 2. Juli 2019]).
- Verantwortlich war ein Förderverein unter der Federführung des Architekten Olaf Voßhans.