Gedalja Tiktin

Gedalja Tiktin (geboren 1808 i​n Tschenstochau; gestorben a​m 8. August 1886 i​n Breslau) w​ar königlicher Landesrabbiner i​n Schlesien.

Gedalja Tiktin w​ar ein Enkel v​on Abraham Tiktin u​nd der Sohn Salomo Tiktins, d​ie bereits ebenfalls d​as Breslauer Rabbineramt bekleidet hatten. Er w​ar Schüler v​on Chaim Auerbach i​n Luntschütz. 1829 verlobte e​r sich i​n Luntschütz m​it Mirjam Bornstein.

Tiktin gehörte z​um orthodoxen Kreis d​er „Tempel-Schul“ i​n der Breslauer Antoniengasse. Im Mai 1843 w​urde er v​on 200 Gleichgesinnten z​um Rabbiner d​er Breslauer Gemeinde gewählt. Er unterzeichnete 1846 d​en Aufruf z​ur konservativen Theologen-Versammlung. Erst i​m September 1847 w​urde er amtlich a​ls Rabbiner d​er Orthodoxen anerkannt.

Tiktins Ernennung zum Landesrabbiner von Schlesien durch Friedrich Wilhelm IV. per Kabinettsordre vom 30. Januar 1854 stand unter dem Zeichen einer bereits zur Amtszeit seines Vaters entstandenen Spaltung der schlesischen jüdischen Gemeinde in Orthodoxe, deren Wortführer Tiktin wie zuvor sein Vater war, und Reformer, die die Einsetzung des Breslauer Stadtrabbiners Abraham Geigers als Landesrabbiner zu erreichen suchten. Auch nach seiner Ernennung durch den König fiel es Tiktin schwer, seine rabbinische Autorität in der gespaltenen Gemeinde durchzusetzen. Erst nach Geigers Tod kam er mit dessen Nachfolger Manuel Joël zu einem Übereinkommen, das den Frieden zwischen den konkurrierenden Gruppen wieder herstellte. Gemeinsam mit dem liberalen Rabbiner Joël weihte Tiktin die neue Breslauer Hauptsynagoge Auf dem Anger ein.

Tiktin w​ar für s​eine ausgeprägte Aktivität z​u wohltätigen Zwecken bekannt; 1870 erhielt e​r den Roten Adlerorden vierter Klasse i​n Anerkennung seiner Verdienste u​m Kranke u​nd Verwundete i​m Deutsch-Französischen Krieg.

Gedalja Tiktin i​st Vater d​es Romanisten Heinrich Tiktin (1850–1936).

Literatur

  • Julius Fürst: Bibliotheca Judaica. Bibliographisches Handbuch der gesamten jüdischen Literatur. Band III, Leipzig 1863 (Nachdruck: Hildesheim und New York 1960), S. 431 (Digitalisat).
  • Jüdisches Lexikon. Bd. IV./2, Berlin 1927.
  • John F. Oppenheimer (Red.) u. a.: Lexikon des Judentums. 2. Auflage. Bertelsmann Lexikon Verlag, Gütersloh u. a. 1971, ISBN 3-570-05964-2, Sp. 808.
  • Eintrag TIKTIN, Gedalja. In: Michael Brocke und Julius Carlebach (Herausgeber), bearbeitet von Carsten Wilke: Biographisches Handbuch der Rabbiner. Teil 1: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781–1871. K·G·Saur, München 2004, ISBN 3-598-24871-7, S. 857f.
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