Fritz Klute

Friedrich Eugen Klute (* 29. November 1885 i​n Freiburg i​m Breisgau; † 7. Februar 1952 i​n Mainz) w​ar ein deutscher Geograph u​nd Glaziologe.

Leben

Fritz Klute w​ar der Sohn d​es Reichsbahnmaschinenoberinspektors Ignaz Klute u​nd dessen Ehefrau Mara Gertrud, geborene Fischer.[1][2] Er studierte v​on 1907 b​is 1911 Naturwissenschaften a​n der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg u​nd promovierte a​ls Schüler v​on Ludwig Neumann (1854–1925) a​m 10. November 1911 m​it einer Arbeit z​u Fragen frühsommerlicher Schneereste i​m Schwarzwald. Nach e​iner kurzen Zeit a​ls Lehrer i​n Heidelberg w​urde er Assistent Hermann Wagners a​n der Universität Göttingen, w​o er a​m 5. Juni 1915 m​it der Dissertationsschrift Ergebnisse d​er Forschungen a​m Kilimandscharo 1912 habilitierte.[3]

Im Ersten Weltkrieg w​ar er zunächst a​ls Militärkartograf i​n Berlin. Von 1916 b​is 1918 leitete e​r einen Vermessungstrupp i​n Mazedonien u​nd Albanien. 1920 übernahm i​n Vertretung Ludwig Meckings e​ine Professur für Geographie a​n der Christian-Albrechts-Universität z​u Kiel.[2] Ab d​em 1. Oktober 1921 w​ar er i​n Nachfolge v​on Wilhelm Sievers Ordinarius für Geographie i​n Gießen u​nd blieb a​uf dieser Stelle b​is zur Zerstörung d​es Instituts a​m 6. Dezember 1944. Von 1939 b​is 1941 w​ar er h​ier Prorektor. 1942 w​urde Fritz Klute a​ls Leiter d​er Hochschularbeitsgemeinschaft für Raumforschung a​n der Universität Gießen geführt. Nach d​em Zweiten Weltkrieg w​ar er zunächst Lehrstuhlvertreter a​n der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt a​m Main. Ab d​em 15. Oktober 1946 leitete e​r als Vertreter d​er Anthropo- u​nd Physischen Geographie zusammen m​it Josef Schmid d​as Geographische Institut d​er Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Bereits s​eit August 1933 w​ar Klute Mitglied d​es Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) u​nd trat 1937 d​er NSDAP b​ei (Mitgliedsnummer 5.863.288). Darüber hinaus gehörte e​r von 1937 b​is zu dessen Auflösung 1943 d​em Reichskolonialbund an.[3] Von d​er Spruchkammer w​urde er a​ls „Mitläufer“ eingestuft.[4]

Im Jahr 1939 w​urde er z​um Mitglied d​er Leopoldina gewählt. Er w​ar Vorsitzender d​er Gießener Gesellschaft für Erd- u​nd Völkerkunde. Von 1936 b​is 1952 w​ar er Ehrenmitglied d​es Frankfurter Vereins für Geographie u​nd Statistik.

Fritz Klute w​ar zweimal verheiratet. Im Januar 1918 schloss e​r die Ehe m​it Elisabeth Heidemann, v​on der z​wei Erinnerungsbücher (Aus d​em Tagebuch e​ines schlesischen Kindes u​nd Erinnerungen e​iner Kunstschülerin)[5] n​ach ihrem Tod veröffentlicht wurden. Das Paar h​atte zwei Töchter. Unmittelbar n​ach der Scheidung heiratete Fritz Klute i​m Februar 1944 d​ie Pianistin Alida Hecker.[1]

Forschungen

Die beiden Forschungsschwerpunkte Klutes waren die Eiszeitforschung, die Gletscher- und Schneekunde sowie die Agrar- und Siedlungsgeographie. In seiner Habilitationsschrift beschäftigte er sich mit dem Kilimandjaro, dessen Hochregionen er 1912 auf einer Expedition stereophotogrammetrisch vermessen hatte. Im Rahmen einer Expedition mit Eduard Oehler (1881–1941) war ihm am 29. Juli die Erstbesteigung des Mawenzi, des mit 5148 m zweithöchsten Gipfels des Kilimandjaro-Massivs, gelungen. Zur Erforschung der Gletscher um den See Nahuel Huapi reiste er 1923/24 nach Argentinien. 1925 unternahm er mit Hans Krüger die Erste Hessische Grönlandexpedition nach Westgrönland. Er stellte fest, dass sich die Westküste Grönlands seit dem Ende der letzten Kaltzeit um 120 m gehoben hat.[6] An der Agrar- und Siedlungsgeographie interessierten ihn die wirtschafts- und sozialgeographischen Fragen. Die völkerkundlichen spitzte er zu rassenkundlichen Themen zu, womit er dem zeitgenössischen Forschungstrend folgte. Basierend auf einem älteren Datensatz, den Untersuchungen der Haut- und Haarfarben der Schulkinder in Oberhessen durch ihre Lehrer von 1928, zog er 1943 Schlussfolgerungen über den rassischen Aufbau der hessen-darmstädtischen Bevölkerung. Er regte zugleich viele Dissertationen zur regionalen Landeskunde und dem Volkstum an. Gewissermaßen als Nebenprodukt seine Gletscherforschung verfasste er nach seinen Reisen landeskundliche Darstellungen zu Afrika (1931, 1947) und Südamerika, die jedoch ebenfalls Rassefragen wie „Vermischung“ und „Reinhaltung“ unter dem Aspekt des Zuzugs europäischer Völker in diese Lebensräume behandelten.[7]

Werke

Als Autor

  • Die Schneereste des Schwarzwaldes im Frühsommer und die Beziehungen ihrer Lage zu den Stellen ehemaliger Vergletscherung. In: Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br., Band 19, 1911, S. 61–111
  • Ergebnisse der Forschungen am Kilimandscharo 1912. Berlin 1920 (Digitalisat)
  • Argentinien – Chile von heute. Land, Volk und Kultur. Otto Quitzow Verlag, Lübeck 1925
  • Die Hessische Grönlandexpedition 1925. In: Petermanns Mitteilungen. Band 72, 1926, S. 105–111. (mit Hans Krüger)
  • Die Bedeutung der Depression der Schneegrenze für eiszeitliche Probleme. In: Zeitschrift für Gletscherkunde. Band 16, 1928, S. 70–93
  • Untersuchungen über die Möglichkeit einer Wirtschaftsharmonie des Großdeutschen Reiches und des Ostraumes. Christ, Gießen 1941[8]
  • Volk und Raum. Christ, Gießen 1941[8]
  • Das tropische Afrika. Landschaft, Klima, Vegetationsformen; die eingeborene Bevölkerung; Probleme der Kolonisation, in: Lebensraumfragen europäischer Völker, Band 2), Leipzig: Quelle & Meyer 1941, S. 144–156.
  • Untersuchungen über den rassischen Aufbau der hessen-darmstädtischen Bevölkerung, Gießen 1943; Sonderdruck aus Bericht der Oberhessischen Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Gießen. Naturwisschenschaftliche Abteilung, Band 20/22 (1943)

Als Herausgeber

  • Handbuch der geographischen Wissenschaft, Potsdam, Athenaion, mit folgenden Bänden:
    • Band 1: Allgemeine Geographie.
      • Teil 1: Physikalische Geographie. 1933, 556 S.
      • Teil 2: Das Leben auf der Erde. 1933, 560 S.
    • Band 2: Mitteleuropa. Osteuropa. 1933, 498 S.
    • Band 3: Südost- und Südeuropa. 1931, 587 S.
    • Band 4: West- und Nordeuropa. 1938, 596 S.
    • Band 5: Das Deutsche Reich.
      • Das Deutsche Reich in Natur, Kultur und Wirtschaft. Teil 1, 1936, 370 S.
      • Das Deutsche Reich in Natur, Kultur und Wirtschaft. Teil 2, 1940, 328 S.
    • Band 6: Nordasien, Zentral- und Ostasien. 1937, 591 S.
    • Band 7: Vorder- und Südasien. 1937, 569 S.
    • Band 8: Afrika. 1930, 515 S.
    • Band 9: Nord- und Mittelamerika. Arktis. 1933, 578 S.
    • Band 10: Süd-Amerika. 1930, 518 S.
    • Band 11: Australien und Ozeanien. Antarktis. 1930, 379 S.

Sekundärliteratur

  • Wolfgang Panzer: Gießener Geographen. In: Ludwigs-Universität: Justus-Liebig-Hochschule: 1607–1957. Festschrift zur 350-Jahrfeier. Gießen 1957, S. 341–346, hier S. 342–345.
  • Wolfgang Panzer: Fritz Klute – der Lehrer, Forscher und Künstler. In: Nachrichten der Gießener Hochschulgesellschaft. Band 34, 1965, S. 109–113.
  • André Staarmann: Die Gießener Geographie im Nationalsozialismus. Ein bislang wenig beachtetes Kapitel. In: Festschrift. 150 Jahre Geographie in Gießen (= Gießener Geographische Schriften, Heft 85), Bonn 2014, S. 196–214 (Digitalisat).

Einzelnachweise

  1. Eintrag Fritz Klute auf der Website www.leo-bw.de, abgerufen am 10. Dezember 2020.
  2. Eintrag Fritz Klute im Kieler Gelehrtenverzeichnis
  3. Eintrag Fritz Klute im Verzeichnis der Professorinnen und Professoren der Universität Mainz 1477–1973
  4. Staarmann (2014), S. 214
  5. Literatur von Elisabeth Klute-Heidemann in der bibliografischen Datenbank WorldCat
  6. Frank Berger: Frankfurt und der Nordpol. Forscher und Entdecker im ewigen Eis. In: Jan Gerchow (Hrsg.): Schriften des Historischen Museums Frankfurt am Main. Band 26. Michael Imhof Verlag, Petersberg 2007, ISBN 978-3-86568-285-7, S. 156.
  7. Ernst Giese: Geschichte der Geographie an der Universität Gießen 1864–2014. In: Festschrift 150 Jahre Geographie in Gießen, Bonn 2014, S. 21.
  8. in der sowjetischen Besatzungszone 1948 auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt
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