Friedrich Wilhelm von Kawaczynski
Friedrich Wilhelm von Kawaczynski (4. Mai 1806 in Warschau, Russisches Kaiserreich – 30. November 1876 in Coburg, Deutsches Reich) war ein deutscher Sänger (Tenor), Theaterschauspieler, Bibliothekar und Schriftsteller.
Leben
Kawaczynski kam mit seiner Mutter nach Dresden, besuchte dort später ein Gymnasium – wohl die Kreuzschule –, um sich auf das von ihr gewünschte Studium in evangelischer Theologie vorzubereiten. Er folgte jedoch 1827 seiner Neigung, zur Opern-Bühne entsprechend seiner vortrefflichen Tenorstimme zu gehen sowie nach vorangegangener professioneller Ausbildung bei einem Gesangslehrer ab 1824.[1] Er wurde Tenor-Sänger in Dresden und Bremen und ging dann wegen Veränderung seiner Singstimme als Charakterdarsteller zum Schauspiel über. Mit der Schäfferschen Gesellschaft, einer wandernden Theatergruppe, bereiste er die größeren Städte Frankens und Thüringens.[2] Im Herbst 1834 trat er am Hoftheater Coburg sowie der späteren Winterspielstätte des Herzogtums in Gotha ins Engagement. Dort übernahm er Väter- und Charakterrollen. Für die Kinderrollen wurden Friedrich (Fritz)[3] und Ernst Kawaczinski[4] (auch v. Kawaczynski) eingesetzt. Am 11. November 1859 beging F. W. Kawaczynski sein 25-jähriges Bühnenjubiläum unter Teilnahme des damaligen Hofkapell- und Theaterintendanten Maximilian von Wangenheim[5] und des Herzogs Ernst von Württemberg, der ihm ein Ehrengeschenk überreichte. Mit der goldenen Verdienstmedaille des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens wurde Kawaczynski schon früher ausgezeichnet.[6] Auf einer Feier 1867 zum Gedenken an den im Vorjahr verstorbenen Dichter Friedrich Rückert hielt „Herr v. Kawaczynski“, eine Ansprache auf dem Friedhof in Neuses und legte einen Kranz namens des örtlichen Künstlervereins „Stiftshütte“ am Grab nieder. Der Coburger Hofopernsänger Albert Eilers trug auf dieser Gedenkveranstaltung das vom Komponisten August Walter vertonte Gedicht Rückerts „Die Himmelsträne“ vor.[7] 1844 wurde v. Kawaczynski Regisseur, 1848 Oberregisseur, 1868 technischer Direktor, 1870 herzoglicher Rat und 1873 pensioniert. Er bekleidete hierauf die Stelle eines Bibliothekars an der Hofbibliothek und starb 1876 in Coburg.
Kawaczynski war auch schriftstellerisch und dichterisch tätig, schrieb mehrere dramaturgische sowie theaterhistorische Artikel und war Mitarbeiter einiger Theaterzeitungen und Almanache. Im Buchhandel erschien ein Bändchen Gedichte. Im von Ludwig Bechstein 1844 herausgegebenen Deutsches Dichterbuch wurde das sieben Strophen umfassende Gedicht Schaumgebilde mit dem vollen Namen des Autors Friedrich Wilhelm von Kawaczynski in zuletzt üblicher orthografischer Schreibweise abgedruckt.[8] Der Dichter schlussfolgerte in den letzten Versen:
Was bleibt uns von den Zauberbildern,
Die wir im Lebenslenz ersehnen?
Den Schaumgebilden gleich – nur Tropfen;
Und diese Tropfen? – bitt're Tränen!
Für sein Leben hatte Kawaczynski einen Wahlspruch und ihn in den 1830er Jahren nach einer „Errettung aus Gefahr“[9] in Gedichtform veröffentlicht:
Auf Gott vertraut mit festem Mut
Im Leben wie im Tode,
Das sei der Wahlspruch ….
Und – wenn auch Freund und Bruder schied
Aus unserm trauten Kreise;
Ob alles auch verschlang die Flut,
auf Gott vertraut mit festem Mut!
Anlässlich des Coburger Sängertages am 21. Juli 1860 mit 600 Sänger aus Franken verfasste Kawaczynski einen „Sängergruß“, den der ehemalige Dresdner Kruzianerund spätere Kreuzkantor sowie Komponist Ernst Julius Otto vertonte. Vorgetragen wurde dieser Gruß vom örtlichen „Sängerkranz“, in dem der Hofschauspieler Ehrenmitglied war. Die Fest-Ansprache an die Teilnehmenden hielt Ehrenmitglied Kawaczynski.[10] Unter Nutzung der Melodie von Julius Otto's komponierten Gesellenfahrten schuf Kawaczynski 1874 den Text für ein Festspiel mit dem Titel "Das Jubiläum" anlässlich des 50. Bestehens des Kunst- und Gewerbe-Vereins Coburg, dessen Ehrenmitglied der Autor war.[11]
In einer Monographie über die Veste Coburg schilderte er den sechsmonatigen Aufenthalt des Reformators Martin Luther von April bis Oktober 1530 und mit wem der Reformator dort die „die Sache der evangelischen Christenheit“ besprach.[12]
Seine Stellung am Hoftheater brachte es mit sich, einen regen Schriftverkehr zu führen. So schrieb er aus Gotha dem Meininger Intendanten Hans Carl Polycarp Sillich am 17. Januar 1856. Der Regisseur beurteilte brieflich den jungen Theatermaler Max Brückner (1836–1919): „Der junge Mann ist schon ziemlich eingeschult, auch als Maler ganz tüchtig und selbstständig“.[13]
Als Sammler von Autographen wurde Kawaczynski 1856 in das Verzeichnis eines einschlägigen Handbuchs mit der Angabe seines Berufs Hofschauspieler namentlich aufgeführt.[14]
Verheiratet war er mit Henriette Louise von Kawaczynski, geborene von Pieglowski, verwitwete Schäffer.[15] Kawaczynski heiratete die Schauspielerin nach dem Tod ihres 1831 verstorbenen Ehemanns Franz Schäffer.[16]
Auszeichnung
Herkunft und Ableben
Er kam aus einer polnischen Adels-Familie mit dem Stammsitz in Łowicz[19], einem Ort, der rund 80 km südwestlich von Warschau liegt. Kawaczynski’s Vater war Hauptmann in preußischen Diensten. Er nahm an der Schlacht bei Preußisch Eylau im Februar 1807 teil. Dort fiel er im Krieg. Der Halbwaise zog mit seiner wiederverheirateten Mutter nach Dresden, als er im vierten Lebensjahr war.
Nach seinem Tod im 71. Lebensjahr wurde vom Standesamt Coburg sowohl der vollständige Vor- und Zuname in der zuletzt üblichen Schreibweise Friedrich Wilhelm von Kawaczynski ins Sterberegister aufgenommen als auch sein Adelstitel von und die 1870 erfolgte Anrede Herzoglicher Rat.[20]
Der Familienname Kawaczynski hat seinen Ursprung im polnischen Wort "kawka", was der Name für den Vogel „Dohle“ auf Deutsch ist.
Werke (Auswahl)
- Vermischte Dichtungen, 1835.
- Die Veste Coburg.
- Das Luftschiff. Es trug den Untertitel: „Melodramatisches Tongemälde mit Deklamation, Sologesang und Chören.“
Das „Tongemälde“ beinhaltete die „Parallele einer Luftschifffahrt mit dem Leben“. Es war eine Gemeinschaftsproduktion zusammen mit dem Konzertmeister der Gotha-Coburg'schen Hofkapelle Andreas Späth (1790–1876).[21]
Der aus Eisenach gebürtige Porträt-Bildhauer und Hofmedailleur Max von Kawaczinski (1860–1912) sowie der aus Magdeburg gebürtige Kunsthistoriker und -sammler Georg Voß, (1853–1932), beide in Berlin tätig, überließen dem Schriftsteller Otto Weddingen eine Reihe von Illustrationen für den Beitrag über Kawaczinski im 1904 veröffentlichten Buch zur Geschichte der Theater Deutschlands.[22]
Literatur (Auswahl)
- Ludwig Eisenberg: Friedrich Wilhelm von Kawaczynski. In: Großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im XIX. Jahrhundert. Paul List, Leipzig 1903, S. 501 (daten.digitale-sammlungen.de).
- Wilhelm Kosch: Deutsches Theater-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. Band 2, Klagenfurt/ Wien 1960, S. 971.
- „Auf dem Thurme, am Christfest“ (Gedicht von Kawaczynski) in: Das Coburger Weihnachtsbuch, Coburg, 2012, S. 82; ISBN 978-3-925431-38-8
Weblinks
Einzelnachweise
- Das Große Conversations-Lexicon für die gebildeten Stände, herausgegeben von J. Meyer, 17. Bd., S. 920 f., S. 920 f. [Stichwort: Kawaczinski (Biogr.) Friedrich Wilhelm v.]; Hildburghausen 1850 DNB 1172297010
- Hanns-Peter Mederer: Die Hoftheater Meiningen und Coburg-Gotha – Ludwig Bechstein seine Briefe an Friedrich Wilhelm von Kawaczynski 1831 bis 1848, Bad Langensalza 2007 (1. Aufl.), S. 112; ISBN 978-3-938997-75-8
- L. Wolf (Hrsg.): Almanach für Freunde der Schauspielkunst auf das Jahr 1840, Band 5, S. 294, Berlin 1841; Books Google Friedrich Kawaczinsky
- Almanach für Freunde der Schauspielkunst auf das Jahr 1844, Berlin 1845, S. 302 [Ernst Kawaczinski]
- Adress-Handbuch des Herzogthums Sachsen-Coburg und Gotha 1854, Coburg, S. 92; Digitalisat: Books Google
- Beilage zu Nr. 49/1859 des Deutschen Theater-Archivs und offiziellen Geschäfts-Blatts des Deutschen Bühnen-Vereins, S. 523; Titelnachweis im ZDB-Katalog
- Coburger Zeitung, 3. Juni 1867; Digitalisat der Ausgabe Nr. 132; Jahrgang 7 (1867), S. 524 f.
- Deutsches Dichterbuch, Leipzig (1844), S. 586; DNB 994094922
- „Regensburger Zeitung“, Beilage zur Regensburger Zeitung, Nr. 39/1837
- Deutsches Volksblatt für das Main- und Nachbar-Land. Unterhaltungs-Blatt zum Deutschen Volksblatt, Nr. 3 vom 27. Juli1860, S. 31 f.; Digitalisat des Berichts über den 3. Coburger Sängertag
- Coburger Zeitung vom 10. Dezember 1874
- Kawaczynski: Die Veste Coburg. Eine Monographie für Einheimische und Fremde, 2. Auflage, Coburg 1858, S. 13 ff.; Digitalisat von BSB München
- Zitiert in Volker Kern: Meiningen – Brückner – Bayreuth in: Thüringer Museumshefte, Hrsg. Museumsverband Thüringen e. V., Heft 1/2013, S. (51–53) 51 i. V. m. Fußnote 1 mit Quellenangabe: Thüringisches Staatsarchiv Meiningen (ThStaMgn), Hofmarschallamt(HMA) 851
- Johannes Günther/Otto August Schulz: Handbuch für Autographensammler, Leipzig 1856, S. 193; DNB 573602573
- Allgemeines Theater-Lexikon. Vierter Band, Altenburg und Leipzig 1841, S. 354; Stichwort: Kawaczinski
- Almanach für Freunde der Schauspielkunst auf das Jahr 1865, 29. Bd., Berlin, S. (179–181) 180 [Henriette Kawaczynski geb. von Pieglowski, Herzoglich Sachsen-Coburg-Gothaische Hofschspielerin, gest. zu Coburg am 25. September 1864]
- Laut Landesarchiv Thüringen - Staatsarchiv Gotha; Hoftheater-Regisseur in Coburg, 10. Dezember 1858
- Deutscher Bühnen-Almanach, 32. Jahrgang, Hrsg. A. Entsch, Berlin 1868, Zweiter Teil, Seite 68; Digitalisat: Google Books
- Deutsches Bühnen-Lexikon. Das Leben und Wirken aller hervorragenden deutschen Bühnen-Leiter und Künstler vom Beginn der Schauspielkunst bis zur Gegenwart, Erster Band (A-L), Eichstätt und Stuttgart 1879, 327 Stichwort: "Kawaczinski, Friedrich Wilhelm von"; Digitalisat Books google: i = y
- Regierungs-Blatt für das Herzogtum Coburg, Ausgabe vom 6. Dezember 1876 [Rubrik Aus dem Sterberegister des Standesamtes Coburg in der Woche vom 26. November bis 22. Dezember]
- Neue Zeitschrift für Musik, Band 46, Januar bis Juni 1857, Leipzig S. 279
- Weddigen, Otto: Geschichte der Theater Deutschlands in hundert Abhandlungen dargestellt nebst einem einleitenden Rückblick zur Geschichte der dramatischen Dichtkunst und Schauspielkunst, Bd. 1 S. 472; DNB 368642070