Friedrich Wagner-Poltrock

Friedrich Wagner, s​eit spätestens 1912 m​eist Friedrich Wagner-Poltrock, (* 31. Mai 1883 i​n Marienwerder, Westpreußen; † 4. Februar 1961 i​n Essen) w​ar ein deutscher Architekt, Baubeamter, Zeichner, Grafiker, Fotograf u​nd Dichter.

Industrieschule Chemnitz, 1928

Leben

Wagner-Poltrock besuchte d​as Gymnasium Marienwerder u​nd bestand Ostern 1932 d​ie Abiturprüfung.[1] Er studierte zunächst Kunstgeschichte a​n der Universität Berlin u​nd absolvierte d​ann ein Baustudium a​n der Akademie Breslau, d​er Kunstakademie Düsseldorf u​nd der TH Stuttgart. Nach Anstellungen i​n Stuttgart u​nd Leipzig w​ar er v​on 1914 b​is 1925 i​n der kommunalen Bauverwaltung d​er Stadt Chemnitz a​ls Baurat tätig. 1925 machte e​r sich i​n Chemnitz m​it einem eigenen Büro selbstständig u​nd wurde i​n den folgenden Jahren z​u einem d​er wichtigsten Chemnitzer Architekten d​er Moderne.[2] Daneben w​ar er a​uch als Aquarellmaler u​nd Radierer tätig, verfasste Gedichte u​nd Rätsel.

In der Zeit des Nationalsozialismus geriet er in die internen Auseinandersetzungen um den sogenannten Kameradschaftsbund innerhalb der Sudetendeutschen Partei. Im Rahmen der Dresdner Prozesse, bei denen die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei mit dieser Gruppierung abrechnete, wurde er wie viele andere Männer wegen eines angeblichen Verstoßes gegen den § 175 zu einer Haftstrafe verurteilt.[3] 1952 übersiedelte er ins Rheinland. Wagner-Poltrock war Mitglied im Bund Deutscher Architekten (BDA) sowie im Rotary-Club Chemnitz.

Er w​ar mit Anneliese Wagner-Poltrock (1890–1969), geb. Wildeman, verheiratet, d​ie als Landschafts- u​nd Blumenmalerin, s​owie Stickerin (Paramente) u​nd Bucheinbandkünstlerin wirkte.[4]

Die Ergänzung seines Familiennamens z​u Wagner-Poltrock diente w​ohl der besseren Unterscheidbarkeit v​on anderen Trägern d​es Namens Wagner i​n der Bauverwaltung.

Werk

Birkenhof
Strumpffabrik Robert Götze AG, Oberlungwitz
Transformatorenwerk am Getreidemarkt in Chemnitz-Mitte

Bauten und Entwürfe

  • 1921, 1928: Um- und Ausbauten der Villa Birkenhof in Oberlößnitz, heute Radebeul, Spitzhausstraße 28[5]
  • 1921: Umbau des Schlosses in Wartenburg an der Elbe für Graf Peter von Hohenthal
  • 1923: Haus Poltrock in Marienwerder
  • um 1925: Umschaltwerk in Nikolaiken
  • 1925–1928: „Industrieschule“ (Berufsschule für die industriellen Berufe) in Chemnitz[6][7]
  • 1926–1927: Fabrikgebäude der Strumpffabrik Louis Bahner AG in Gersdorf
  • 1927–1929: Fabrikgebäude der Strumpffabrik Robert Götze AG in Oberlungwitz
  • 1928: Fabrikgebäude der Friedrich Tauscher AG in Oberlungwitz
  • 1928–1930: Diesterwegschule in Chemnitz-Gablenz
  • 1929: Transformatorenwerk (Umspannwerk) am Getreidemarkt in Chemnitz (heute Jugendherberge "eins")
  • 1929: Wettbewerbsentwurf für ein Großhotel „Hilariushof“ am Theaterplatz in Chemnitz (nicht ausgeführt)
  • um 1930: Villa für den Unternehmer Robert Götze in Oberlungwitz

sowie v​iele weitere Wohnhäuser i​m Erzgebirgsraum u​nd in Westpreußen

Schriften

  • Die Bilder im Hause. In: Bally Nagel (Hrsg.): Bausteine. Eine Sammlung von Aufsätzen. Verlag des Lutherischen Büchervereins, Elberfeld 1909, S. 91–107. (Wagner-Poltrock zeichnete auch den Buchschmuck dieses Bandes, ebenso steuerte er die eingebundenen Fotografien bei.)
  • Engelhardts öffentliche Gartenkunst. In: Neudeutsche Bauzeitung, 8. Jahrgang 1912, Heft 37, S. 545 f. (mit Autorenangabe „Friedrich Wagner-Poltrock“)
  • Schönherrsche Grundstücke am Küchwald (Plan 607). In: Der Städtebau, 14. Jahrgang 1917, Tafel 31.
  • Die Neue Industrieschule in Chemnitz. In: Deutsche Bauzeitung, 63. Jahrgang 1929, Nr. 88 (vom 2. November 1929), S. 755–759.
  • Vom Himmel hoch. Schattenschnitte von Friedrich Wagner-Poltrock. Verlag Müller-Bach, Chemnitz o. J. (um 1930).
  • Hütte und Welt. Gedichte. Erich Lichtenstein Verlag, Weimar 1932.
  • Ein Schock Knackmandeln. Sechzig Rätsel von Friedrich Wagner-Poltrock. Bärenreiter-Verlag, Kassel-Wilhelmshöhe 1935.
  • Neunundneunzig Kopfnüsse. Ein deutsches Rätselbüchlein. Erich Matthes Verlagsbuchhandlung, Leipzig / Hartenstein (Sachsen) / Hamburg 1947.

Literatur

  • Eugen Kurt Fischer (Einl.): F. Wagner-Poltrock. (= Neue Werkkunst.) Friedrich Ernst Hübsch Verlag, Berlin / Leipzig / Wien 1927.
  • Tilo Richter: Industriearchitektur in Chemnitz 1890–1930. Thom, Leipzig 1995, ISBN 3-930383-10-1.
  • Jens Kassner: Chemnitz in den „Goldenen Zwanzigern“. Architektur und Stadtentwicklung. Heimatland Sachsen, Chemnitz 2000, ISBN 3-910-186-28-9.

Einzelnachweise

  1. Hans Dühring: Das Gymnasium Marienwerder. Von der Domschule zur Oberschule. Ostdeutsche Beiträge aus dem Göttinger Arbeitskreis, Bd. XXX. Hölzner Verlag, Würzburg 1964, S. 216.
  2. Friedrich Wagner-Poltrock bei www.historismus.net
  3. Andreas Luth: Der Deutsche Turnverband in der Ersten Tschechoslowakischen Republik. Vom völkischen Vereinsbetrieb zur volkspolitischen Bewegung. Oldenbourg, München 2006, ISBN 3-486-58135-X, S. 425.
  4. Wagner-Poltrock, Friedrich. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts. Band 5: V–Z. Nachträge: A–G. E. A. Seemann, Leipzig 1961, S. 67.
  5. Volker Helas (Bearb.): Stadt Radebeul. Hrsg.: Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, Große Kreisstadt Radebeul (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen). Sax-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3.
  6. Böhme et al.: Der Neubau der Industrieschule Chemnitz. Chemnitz 1929.
  7. Industrieschule Chemnitz (Hrsg.): Industrieschule Chemnitz. Zehn Jahre Berufserziehung. Jahrweiser 1939. (Festgabe zur 10-Jahr-Feier der Industrieschule Chemnitz) Chemnitz 1939.
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