Freifallzeit
Die Freifallzeit bezeichnet in der Astronomie die Zeit, die eine ausgedehnte Gaswolke oder ein Stern unter der Wirkung ihrer eigenen Gravitation zum Kollaps auf einen Punkt benötigt, wenn alle Kräfte außer der Gravitation außer Acht gelassen werden. Das Modell ist aufgrund seiner Annahmen mehr dazu geeignet, die Formierung eines Sterns aus einer Gaswolke zu beschreiben (siehe „Erster Kollaps“ in Sternentstehung), als die Formierung eines schwarzen Lochs aus einem Stern (siehe Gravitationskollaps).
Insbesondere wird in dem Modell vernachlässigt,
- dass durch den Kollaps Bindungsenergie frei wird, die zu einem Strahlungsdruck führt,
- dass die Atome des Sterns aufgrund des Pauli-Prinzips einander nicht beliebig nahe kommen können, was zu einem Entartungsdruck führt,
- und dass die Näherung der klassischen Beschreibung der Gravitation bei hohen Materiedichten zusammenbricht und eine Beschreibung durch die Allgemeine Relativitätstheorie erforderlich wird.
Unter Vernachlässigung dieser Aspekte ergibt sich für die Freifallzeit nach einer klassischen Berechnung für eine kugelförmige, homogene Gaswolke ohne innere Energie:
Dabei sind
- die Gravitationskonstante,
- der Radius des Sterns,
- seine Masse und
- seine Dichte.
Herleitung
Für ein infinitesimales Massenelement, das sich in der Gaswolke befindet, gilt in Verbindung mit dem Newtonschen Schalentheorem das Newtonsche Gravitationsgesetz
- ,
wobei mit die Masse bezeichnet sei, die sich innerhalb einer Kugel mit Radius kleiner als die ursprüngliche Entfernung des Massenelements zum Mittelpunkt der Gaswolke befindet.
Mit der Anfangsbedingung, dass das Massenelement zu Beginn in Ruhe ist, folgt durch einmalige Integration
und durch zweimalige
Insbesondere hängt die Freifallzeit eines jeden Massenelements nur noch von der ursprünglichen Dichte der Gaswolke ab. Ist die Massenverteilung der Wolke homogen, ist die Freifallzeit eines Massenelements unabhängig von seiner ursprünglichen Position: Alle Atome einer Gaswolke kommen zum selben Zeitpunkt in der Mitte an.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Gaswolke nicht vollständig auf einen Punkt kollabiert, bevor die stellare Kernfusion zündet, kann im letzten Integral die untere Grenze von Null auf einen finalen, endlichen Radius gesetzt werden. Sie ist näherungsweise dennoch gültig, sofern ist.
Literatur
- Rudolf Kippenhahn und Alfred Weigert: Stellar Structure and Evolution. 1. Auflage. Springer, 1990, ISBN 978-3-642-61523-8, S. 256 f. (englisch).