François Ozon
François Ozon (* 15. November 1967 in Paris) ist ein französischer Filmregisseur und Drehbuchautor.
Er gilt als einer der wichtigsten französischen Filmemacher der Moderne. Seine Filme zeichnen sich durch ästhetische Schönheit, scharfen satirischen Humor und einen freien Blick auf die menschliche Sexualität aus. Wiederkehrende Themen seiner Filme sind Freundschaft, sexuelle Identität, unterschiedliche Wahrnehmung der Wirklichkeit, Vergänglichkeit und der Tod.[1]
Leben und Werk
François Ozon ist der Sohn der Französischlehrerin Anne-Marie Ozon und des Biologen René Ozon. In seiner Kindheit arbeitete er als Kindermodell. Er studierte Regie an der französischen Filmhochschule La Fémis. Nach mehreren Kurzfilmen verhalf ihm sein knapp einstündiger Film Blicke aufs Meer 1997 zu größerer Bekanntheit. Ein Jahr später drehte er mit der Farce Sitcom seinen ersten Langfilm.
Seine bisherigen Filme fallen vor allem in zwei Kategorien: schrille Farcen, die an den frühen Pedro Almodóvar erinnern und, völlig gegensätzlich hierzu, sorgfältige Charakterstudien, denen Ozons Vorliebe für das Werk Rainer Werner Fassbinders anzusehen ist und in denen es Ozon gelingt, eine sehr dichte Atmosphäre und hohe Anspannung zu vermitteln.
In die erste Kategorie fällt neben Sitcom vor allem Ozons bisher bekanntester Film 8 Frauen, eine schrille Krimikomödie, in der alle acht Darstellerinnen (darunter Catherine Deneuve, Isabelle Huppert, Emmanuelle Béart, Danielle Darrieux und Fanny Ardant) eine Musicalnummer singen und tanzen.
Der zweiten Sorte zugehörig sind neben Blicke aufs Meer (ein abgründiges Zweipersonenstück mit schockierendem Schluss) vor allem Tropfen auf heiße Steine, eine Adaption des gleichnamigen Theaterstücks von Rainer Werner Fassbinder, Unter dem Sand mit Charlotte Rampling als Frau, die den Tod ihres Mannes nicht überwinden kann, und Swimming Pool, ebenfalls mit Charlotte Rampling, hier als alternde englische Schriftstellerin, die sich zur Überwindung einer Schreibblockade in der französischen Villa ihres Verlegers aufhält und dort plötzlich mit seiner jungen Tochter (Ludivine Sagnier) konfrontiert ist.
Vielen von Ozons Filmen gemeinsam ist ein sehr direkter und offener Umgang mit der Sexualität seiner Figuren (insbesondere Ein kriminelles Paar, Tropfen auf heiße Steine und Swimming Pool), die Beschränkung auf eine sehr kleine Anzahl von Figuren (insbesondere Blicke aufs Meer mit zwei, Tropfen auf heiße Steine mit vier und 8 Frauen mit insgesamt neun Figuren, aber auch Swimming Pool, in dem neben den beiden Hauptfiguren alle anderen Charaktere nur am Rande interessieren) und die Spezialisierung auf weibliche Figuren (insbesondere Blicke aufs Meer, Unter dem Sand, 8 Frauen und Swimming Pool). Seit 2010 zeichnet Laure Gardette verantwortlich für den Filmschnitt seiner Inszenierungen.
2012 wurde Ozon in die Wettbewerbsjury der 62. Internationalen Filmfestspiele von Berlin berufen. Im selben Jahr stellte er seinen Spielfilm In ihrem Haus auf dem Toronto International Film Festival vor. Der Thriller über die Beziehung zwischen einem Lehrer (dargestellt von Fabrice Luchini) und seinem literarisch begabten Schüler (Ernst Umhauer) gewann 2012 mit der «Goldenen Muschel» den Hauptpreis des spanischen Festival Internacional de Cine de Donostia-San Sebastián.[2]
Im Jahr 2013 erhielt Ozon für Jung & Schön seine zweite Einladung zu dem Wettbewerb der Filmfestspiele von Cannes. Der Film stellt eine junge Schülerin (Marine Vacth) in den Mittelpunkt, die auf dem Wege ihrer Selbstfindung Erfahrungen mit der Prostitution macht. Mit Vacth inszenierte er auch 2017 den Erotikthriller Der andere Liebhaber, für den er 2017 erneut eine Einladung zu dem Wettbewerb um die «Goldene Palme» der 70. Filmfestspiele von Cannes erhielt.
2018 wurde François Ozon vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier mit dem Verdienstorden (1. Klasse) der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. 2019 erhielt sein Film Gelobt sei Gott den Großen Preis der Jury auf der Berlinale.[3] Im Jahr 2021 folgte für Tout s’est bien passé seine vierte Einladung in den Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes.
Mit Peter von Kant (2022) widmete sich Ozon einer freien Kinoadaption von Rainer Werner Fassbinders Theaterstück Die bitteren Tränen der Petra von Kant und des gleichnamigen Films aus dem Jahr 1972. Die französische Produktion mit Denis Ménochet, Isabelle Adjani und Hanna Schygulla in den Hauptrollen wurde als Eröffnungsfilm der 72. Berlinale ausgewählt.
Filmografie (Auswahl)
- 1998: Sitcom
- 1999: Ein kriminelles Paar (Les amants criminels)
- 2000: Tropfen auf heiße Steine (Gouttes d’eau sur pierres brûlantes)
- 2000: Unter dem Sand (Sous le sable)
- 2002: 8 Frauen (8 femmes)
- 2003: Swimming Pool
- 2004: 5x2 – Fünf mal zwei (5x2)
- 2005: Die Zeit die bleibt (Le temps qui reste)
- 2007: Angel – Ein Leben wie im Traum (Angel)
- 2009: Ricky – Wunder geschehen (Ricky)
- 2009: Rückkehr ans Meer (Le refuge)
- 2010: Das Schmuckstück (Potiche)
- 2012: In ihrem Haus (Dans la maison)
- 2013: Jung & Schön (Jeune et jolie)
- 2014: Eine neue Freundin (Une nouvelle amie)
- 2016: Frantz
- 2017: Der andere Liebhaber (L’amant double)
- 2018: Gelobt sei Gott (Grâce à Dieu)
- 2020: Sommer 85 (Été 85)
- 2021: Alles ist gut gegangen (Tout s’est bien passé)
- 2022: Peter von Kant
Kurzfilme:
- 1988: Photo de famille
- 1994: Une rose entre nous
- 1994: Action vérité
- 1995: Der kleine Tod (La petite mort)
- 1996: Ein Sommerkleid (Une robe d’été)
- 1997: Blicke aufs Meer (Regarde la mer)
- 2006: Un lever de rideau
Literatur
- Michaela Krützen, Fabienne Liptay, Johannes Wende (Hrsg.): Film-Konzepte 43. François Ozon, edition text + kritik, München 2016, ISBN 978-3-86916-511-0.
- François Ozon, in: Internationales Biographisches Archiv 23/2008 vom 3. Juni 2008, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Timo Storck, Andreas Hamburger, Karin Nitzschmann, Gerhard Schneider, & Peter Bär (Hgg.) Francois Ozon. Täuschung und subjektive Wahrheit. Psychosozial, Gießen 2019. ISBN 978-3-8379-2839-6 (= Im Dialog: Psychoanalyse und Filmtheorie, ISSN 2367-2412, Band 15)
Weblinks
- Offizielle Website (frz./engl.)
- François Ozon in der Internet Movie Database (englisch)
- Literatur von und über François Ozon im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Senses of Cinema – Essay (englisch)
- Interview auf kino-zeit.de
Einzelnachweise
- François Ozon. Abgerufen am 5. März 2022.
- François Ozon gewinnt Hauptpreis in San Sebastián bei welt.de, 30. September 2012 (abgerufen am 1. Oktober 2012).
- https://www.kameramann.de/branche/berlinale-2019-die-preise-der-internationalen-jury//