Frachtvertrag
Ein Frachtvertrag ist im Frachtgeschäft ein spezieller Beförderungsvertrag über den Transport von Frachtgütern.
Allgemeines
Vertragsparteien des Frachtvertrages sind der Absender und der Frachtführer. Bei den verschiedenen Transportmitteln gibt es spezifische Frachtverträge und Frachtbriefe. Für den Transport auf dem Landweg gibt es den CMR-Frachtvertrag und Frachtbrief (Straßengüterverkehr) oder Eisenbahnfrachtbrief (Schienengüterverkehr), in der Binnenschifffahrt den Ladeschein oder im Luftfrachtverkehr den Luftfrachtbrief. Die Seeschifffahrt ist gesondert geregelt und kennt das Konnossement (§ 513 HGB) oder alternativ den Seefrachtbrief (§ 526 HGB).
Rechtsfragen
In Deutschland ist ein Frachtvertrag ein Vertragstyp des Handelsrechts, rechtssystematisch gehört er zum Transportrecht. Durch den Frachtvertrag wird gemäß § 407 HGB der Frachtführer verpflichtet, das Frachtgut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern; der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen. Über den Frachtvertrag wird ein Frachtbrief ausgestellt (§ 408 HGB). Der von beiden Parteien unterzeichnete Frachtbrief dient nach § 409 HGB – bis zum Beweis des Gegenteils – als Nachweis für Abschluss und Inhalt des Frachtvertrages sowie für die Übernahme des Frachtgutes durch den Frachtführer. Aus § 418 Abs. 2 HGB ergibt sich eine Sperrfunktion, wonach das Verfügungsrecht des Absenders nach Ankunft des Frachtgutes an der Ablieferungsstelle erlischt und von diesem Zeitpunkt an dem Empfänger zusteht.
Die Fracht ist nach § 420 Abs. 1 HGB bei Ablieferung des Frachtgutes zu zahlen. Der Empfänger hat die noch geschuldete Fracht bis zu dem Betrag zu zahlen, der aus dem Frachtbrief hervorgeht. Da sowohl der Absender als auch der Empfänger Zahlungspflichtiger für die Fracht sind (§ 421 Abs. 2 HGB), liegt ein gesetzlicher Schuldbeitritt vor (§ 421 Abs. 4 HGB).[1] Für die unbezahlte Fracht hat der Frachtführer gemäß § 440 Abs. 1 HGB ein gesetzliches Pfandrecht am Frachtgut.
Der Frachtvertrag ist ein Konsensualvertrag und kein Realvertrag, d. h. die übereinstimmende Einigung der Vertragspartner im Sinne der §§ 145 ff. BGB (Angebot und Annahme) reicht zur Rechtswirksamkeit aus. Es bedarf mithin keiner körperlichen Übergabe von Frachtgut und Frachtbrief (sog. Realakt), um das Verpflichtungsgeschäft (Grundgeschäft) zu bewirken. Die Übernahme des Gutes und ggf. eines Frachtbriefes sind bereits Teil der Vertragserfüllung. Der Frachtvertrag ist zudem ein Werkvertrag und kein Dienstvertrag, weil die erfolgreiche Ablieferung des Frachtguts im Vordergrund steht.[2] Schließlich ist der Frachtvertrag nach herrschender Meinung ein Vertrag zugunsten Dritter, soweit er dem Empfänger eigene Rechte gegenüber dem Frachtführer gewährt wie etwa aus § 421 Abs. 1 HGB.[3]
Einer besonderen Form bedarf es dabei nicht (Formfreiheit). Die Ausstellung eines Frachtbriefes ist auf Verlangen des Frachtführers erforderlich; eine Ausstellungspflicht von vornherein besteht jedoch nicht.
Wegen der Vielzahl der möglichen Fallgestaltungen und der jeweils anwendbaren Vorschriften gehört das Transportrecht zu den schwierigeren Rechtsgebieten, die vollständig nur von Spezialisten beherrscht werden.[4] Aufsätze und Rechtsprechung zum Transportrecht werden in der Fachzeitschrift „Transportrecht (TranspR)“ veröffentlicht.
Abgrenzung
Der Frachtvertrag ist vom Speditionsvertrag (§§ 453 ff. HGB) zu unterscheiden. Der Frachtführer ist zur Beförderung des Frachtguts verpflichtet; der Spediteur im Regelfall nur zur Besorgung des Transports. Die Besorgung besteht in der Regel darin, dass der vom Versender mit einem Speditionsauftrag beauftragte Spediteur seinerseits einen oder mehrere aufeinanderfolgende Frachtführer (Versandspediteur beim Vorlauf, Hauptfrachtführer beim Hauptlauf, Empfangsspediteur beim Nachlauf) mit dem eigentlichen Frachtvertrag zum Transport des Frachtgutes beauftragt. Im Verhältnis zwischen Auftraggeber und Spediteur besteht somit auch kein Fracht-, sondern ein Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB).
Internationale Rahmenregelungen
Im Internationalen Frachtrecht gibt es folgende internationalen Verträge, deren Regelungen für die Mitgliedstaaten und die in diesen Mitgliedstaaten agierenden Frachtvertragspartner meist zwingend sind:
- die Internationale Vereinbarung über Beförderungsverträge auf Straßen (CMR) für den internationalen Straßengüterverkehr,
- das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) mit dem Anhang B „Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern – CIM“,
- das Warschauer Abkommen (WA) und das Montrealer Übereinkommen (MÜ) für den Luftfrachtverkehr, sowie
- das Budapester Übereinkommen über den Vertrag über die Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt (CMNI).
- Österreich und Schweiz
Für Österreich sind Frachtverträge mit Kraftfahrzeugen nach dem Bundesgesetz über die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen (Güterbeförderungsgesetz 1995 – GütbefG)[5] geregelt. Das Unternehmensgesetzbuch (UGB) hat in § 439a UGB den internationalen CMR-Frachtvertrag übernommen. Im nationalen und internationalen Güterverkehr gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Transporteure (AGT).[6]
In einem Frachtvertrag übernimmt der Frachtführer in der Schweiz die Pflicht, gegen eine Vergütung für die Absenderin den Transport von Sachen auszuführen (Art. 440 Abs. 1 OR), wobei ersatzweise Auftragsrecht gilt. Der Absender hat gemäß Art. 442 OR für gehörige Verpackungen des Gutes zu sorgen und haftet für die Folgen von äußerlich nicht erkennbaren Mängeln der Verpackung. Nach Art. 449 OR haftet der Frachtführer auch für Verschulden etwaiger Zwischenfrachtführer, kann jedoch bei diesen Rückgriff nehmen.
Siehe auch
Literatur
- Thomas Wieske: Transportrecht schnell erfasst. 4. Auflage. Springer, Berlin Heidelberg 2019, ISBN 978-3-662-58487-3.
- Ingo Koller: Transportrecht: Kommentar zu Land-, Luft- und Binnengewässertransport von Gütern, Spedition und Lagergeschäft. 10. Auflage. C.H. Beck, München 2020, ISBN 978-3-406-74187-6.
- Olaf Hartenstein, Fabian Reuschle (Hrsg.): Handbuch des Fachanwalts für Transport- und Speditionsrecht. 3. Aufl., Köln 2015, Verlag Carl Heymanns.
Einzelnachweise
- Peter Bülow, Handelsrecht, 2009, S. 185
- Springer Fachmedien GmbH (Hrsg.), Gabler Wirtschaftslexikon, Band I, 2004, S. 1092
- BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004, Az.: I ZR 48/02
- In der deutschen Anwaltschaft kann hierzu die Qualifikation Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht erworben werden.
- aktuell in der Fassung BGBL. I Nr. 153/2006
- Wirtschaftskammer Österreich vom 5. Januar 2018, Allgemeine Geschäftsbedingungen für Transporteure (AGT)