Formatkrieg

Ein Formatkrieg i​st eine wirtschaftliche Auseinandersetzung zwischen d​en Anbietern v​on verschiedenen, n​icht ohne Weiteres kombinierbaren technischen Standardlösungen für e​in gemeinsames Sachproblem. Viele Formatkriege e​nden mit d​er Durchsetzung e​ines der konkurrierenden Angebote. Formatkriege begannen bereits i​n der Frühzeit d​er Industrialisierung, e​twa beim Konkurrenzkampf zwischen Gleichstrom- u​nd Wechselstrom-basierten Systemen für d​ie öffentliche Stromversorgung. Heute betreffen v​iele Formatkriege d​ie Bereiche Unterhaltungselektronik u​nd Elektronische Medien.

Die Faktoren, d​ie letztlich z​ur Durchsetzung e​ines bestimmten Formats führen, können g​anz unterschiedlich sein. Dabei m​uss nicht zwangsläufig d​as technisch bessere Format d​en Sieg davontragen, a​uch andere Faktoren w​ie etwa e​in günstigerer Preis o​der besseres Marketing d​urch einen bereits marktbeherrschenden Hersteller können d​en Ausschlag geben. Insbesondere b​ei technischen Medien können beispielsweise a​uch die veröffentlichten Inhalte e​ine Rolle spielen – s​o soll d​ie Tatsache, d​ass die meisten bekannten Musiker b​ei Schallplattenfirmen exklusiv u​nter Vertrag standen u​nd daher k​eine Aufnahmen a​uf Bändern für d​as Tefifon veröffentlichen durften, m​it dazu beigetragen haben, d​ass dieses Medium s​ich nicht durchsetzen konnte.

Übersicht vergangener und aktueller Formatkriege

1830er/1840er Jahre

Die Badischen Staatseisenbahnen bauten in den 1850er Jahren, die GWR in den 1870er bis 1890er Jahren ihre Strecken auf Normalspur um.

1880er Jahre

Der Wechselstrom hat sich mit Ausnahmen wie HGÜ durchgesetzt.

1910er Jahre

1930er Jahre

Obwohl die Dvorak-Tastaturbelegung belegungsoptimiert ist, konnte sie sich nicht durchsetzen; sie wird nur von wenigen Anwendern genutzt und ist seit dem Aufkommen der PCs (flexible Tastaturbelegung möglich) wieder ohne großen Aufwand einsetzbar (im Gegensatz zu Schreibmaschinen).

1940er Jahre

  • Schallplatten-Formatkrieg zwischen 33⅓-min−1-/30-cm-LPs und 45-min−1-/17-cm-„Singles“ um 1948/49.
Endete zugunsten einheitlicher Standards.

1970er Jahre

Endete zugunsten VHS.
Endete zugunsten moderner Raumklang-Systeme

1980er Jahre

  • Nachdem das ursprünglich quelloffene Computer-Betriebssystem Unix durch AT&T kommerzialisiert wurde, führte dies zu einer Reihe von unabhängigen Weiterentwicklungen und Abspaltungen, was als „Unix-Kriege“ (Unix Wars) bekannt wurde. Keines der verschiedenen Systeme konnte eine dominante Position erlangen, und die resultierende Segmentierung bremste den Erfolg von Unix erheblich, das erst in den 2000er Jahren auf dem Massenmarkt erfolgreich wurde. 1983 begann der Programmierer Richard Stallman, verärgert über die Proprietarisierung von Unix durch AT&T, mit der Arbeit an einem eigenen unixoiden Betriebssystem namens GNU und rief damit gleichzeitig die Bewegung für freie Software ins Leben,[1] aus der später unter anderem Linux hervorging.

2000er Jahre

Adapter von SD auf CF(I)
Secure Digital hat sich im Consumerbereich durchgesetzt,[2] bei Profikameras wird Compact Flash ebenfalls genutzt.[3] Entschärft durch Adapter für SD-Karten in CF-Steckplätzen.
  • Datenträger für unkomprimierte Audioaufnahmen mit mehr als zwei Tonkanälen, mit einer Bittiefe von 24 Bit und mit einer höheren Abtastrate als die Compact Disk: Super Audio CD versus DVD-Audio
  • Digitale Video-Containerformate: An sich ein Kampf um die vorherrschende Abspielsoftware. Nachdem sich Apple aber Mitte der 1990er Jahre geweigert hatte, Microsoft das Quicktime-Containerformat zu überlassen, entwickelte Microsoft ein eigenes Containerformat (Windows Media).
  • DVD-Formatkrieg zwischen DVD+R/RW und DVD-R/RW.
Entschärft zugunsten von Kombinationslösungen.
Beendet zugunsten von Blu-ray durch die Ankündigung von Toshiba, keine HD-DVD-Geräte mehr herstellen zu wollen.[4]

2010er Jahre

  • Nach der Definition des HEVC / H.265 Videoformats 2013 entwickelte sich ab 2015 ein Patentkrieg um Nutzungsgebühren. Es bildete sich eine Gegenbewegung um die Alliance for Open Media heraus, die auf der Basis des lizenzfreien VP9 eine Alternative entwickelte, die als AV1 dann 2018 veröffentlicht wurde. Der Patentkrieg um HEVC wurde damit entschärft. Der kurz darauf angekündigte Patentkrieg gegen AV1 hatte bis 2020 keinen Effekt, sodass sich AV1 beginnt durchzusetzen.
  • Die ITU-R-Empfehlung BT.2020 brachte 2012 eine Definition von 10 Bit pro Kanal bis 8K Bildauflösung für UHDTV. Dolby entwickelte für Dolby Cinema 2014 eine Erweiterung Dolby Vision mit 12 Bit Farbtiefe pro Kanal. Da dies lizenzpflichtig ist, entwickelte Samsung 2017 die kostenfreie Alternative HDR10+ für HDR Video. Der Konkurrent LG setzt jedoch auf Dolby Vision. Mit der Verbreitung von HDR bei Fernsehern ab 2018 zeigt sich, dass bei einer Dolby Vision Unterstützung auch immer zusätzlich HDR10+ angeboten wird.[5]

Einzelnachweise

  1. GNU-Manifest
  2. Boi Feddern: Speicherkarten-Trends: Sony bekennt sich zum SD-Format und Panasonic forciert SDXC. In: heise Foto. Heise Zeitschriften Verlag, 8. Januar 2010, abgerufen am 26. Juli 2012.
  3. Kamera-Zubehör. Profi-Standard für Spiegelreflexkameras. In: PC-WELT. IDG Tech Media GmbH, S. 3, abgerufen am 26. Juli 2012.
  4. Toshiba gibt Einstellung der HD DVD bekannt. In: t-online.de. Deutsche Telekom AG, 19. Februar 2008, abgerufen am 26. Juli 2012.
  5. Jörg Breithut: Dolby Vision oder HDR10+ : Diese Technologien sollen Fernsehen schöner machen. In: Der Spiegel. 3. Mai 2019, abgerufen am 7. Oktober 2020.
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