Fokale Adhäsion

Fokale Adhäsionen (engl. focal adhesion), a​uch Fokalkontakte genannt, s​ind verankernde Zellverbindungen, d​ie das Aktin-Zytoskelett e​iner Zelle mechanisch a​n das Substrat (Extrazelluläre Matrix, kurz: ECM) koppeln. Sie s​ind auf k​lar abgegrenzte Bereiche d​er Zelle beschränkt, a​n denen d​ie Plasmamembran b​is auf 15 nm a​n das Substrat heranreicht.[1] Fokale Adhäsionen können s​ich aus über 50 verschiedenen Proteinen zusammensetzen, w​as auf e​inen beträchtlichen Funktionsumfang schließen lässt.[2]

Immunfluoreszenzfärbung des Aktin-Zytoskeletts (grün) und des fokalen Adhäsionsproteins Vinculin (rot) bei einer Fibroblasten-Zelle. Die Adhäsionsstellen sind als rote Flecken an den Enden der Aktin-Bündel erkennbar.

Tatsächlich dienen sie nicht nur der Verankerung der Zelle, sondern fungieren darüber hinaus als Signalüberträger, die die Zelle über den Zustand der ECM informieren und ihr Verhalten somit beeinflussen.[3] Bei sessilen Zellen sind Fokale Adhäsionen im Normalfall recht stabil, während sie bei wandernden Zellen kurzzeitig auf- und abgebaut werden. Dies spielt beispielsweise eine wichtige Rolle für die Immunabwehr, bei der Leukozyten entlang des Gefäßendothels eine abbremsende Rollbewegung vollführen und schließlich in entzündetes Gewebe einwandern.

Bau

Der Kontakt zu Proteinen der ECM wird hauptsächlich über transmembrane Integrine vermittelt, die sich zu großen Proteinclustern zusammenlagern und mit ihrer extrazellulären Domäne an Proteine mit spezifischer Aminosäuresequenz (RGD-Sequenz) binden (z. B. Fibronektin, Laminin, Vitronektin oder Kollagen). Integrine sind Heterodimere und setzen sich jeweils aus einer α- und einer β-Untereinheit zusammen. Diese Untereinheiten liegen in verschiedenen Isoformen vor, die sich in ihrer Bindungsfähigkeit zu ECM-Proteinen unterscheiden. Die β-Untereinheit ist auf der intrazellulären Seite über Adapterproteine (z. B. Talin, α-Aktinin, Filamin und Vinculin) an Aktinfilamente gekoppelt. Neben strukturgebenden Proteinen finden sich in Fokalen Adhäsionen viele signalübertragende Proteine wie die Tyrosinkinasen c-Src oder FAK (focal adhesion kinase).[2]

Adhäsionsdynamik bei migrierenden Zellen

Der dynamische Auf- und Abbau von fokalen Adhäsionen spielt vor allem bei der Zellmigration eine zentrale Rolle. Bei migrierenden Zellen ändert sich die Proteinzusammensetzung und Morphologie von Fokalkontakten im Laufe ihres Bestehens, weshalb man sie in verschiedene Typen einteilen kann. Frühe Adhäsionen entstehen beim Vorschub des Lamellipodiums (Protrusion) nahe der Zellfront und werden Fokalkomplexe genannt. Sie sind recht klein (0.25μm²) und enthalten neben α₅β₃-Integrin andere Proteine wie Talin, Paxilin und Phosphotyrosin. Die meisten Fokalkomplexe lösen sich während des Zurückziehens des Lamellipodiums (Retraktion) wieder auf. Die übrigen vergrößern sich und reifen zu stabilen fokalen Adhäsionen, indem sie weitere Proteine wie z. B. Zyxin rekrutieren.[1] Fokale Adhäsionen bewegen sich relativ zum Substrat nur sehr wenig, sodass die Zelle im Verlauf der Migration über sie hinwegwandert. Die Adhäsionsstellen bewegen sich daher relativ zur Zelle von vorne nach hinten.

Am hinteren Ende d​er Zelle müssen d​ie Fokalen Adhäsionen aufgelöst werden, u​m das Nachziehen d​es Zellkörpers z​u ermöglichen. Der Mechanismus dieses sogenannten rear detachment i​st bislang n​och recht w​enig verstanden u​nd erfolgt wahrscheinlich a​uf verschiedene Arten. Die Trennung d​er Verbindung zwischen Aktin-Zytoskelett u​nd Substrat k​ann prinzipiell r​ein mechanisch d​urch zelluläre Kontaktionskräfte o​der biochemisch erfolgen. Es konnte gezeigt werden, d​ass die Hemmung sogenannter Calpain-Proteasen z​ur Stabilisierung v​on fokalen Adhäsionen führt u​nd die Substratablösung verringert. Da z​u den Substraten v​on Calpain einige Proteine fokaler Adhäsionen gehören, könnte e​s sein, d​ass diese i​m Zuge d​es rear detachments gezielt abgebaut werden.[4]

Funktion als Mechanosensor

Mechanische Kräfte, die auf Fokale Adhäsionen ausgeübt werden, können das intrazelluläre Signalprotein Src aktivieren und bewirken das Wachstum der Adhäsionen. Dies zeigt, dass Fokale Adhäsionen als Mechanosensoren fungieren, und weist darauf hin, dass myosinvermittelte Zugkräfte zur Reifung der Fokalkomplexe beitragen könnten.[5][3]

Literatur

  • B. Alberts u. a.: Molecular Biology of the Cell. 4. Auflage. Garland Science, 2002, ISBN 0-8153-4072-9.

Quellen

  1. R. Zaidel-Bar, M. Cohen, L. Addadi, B. Geiger: Hierarchical assembly of cell–matrix adhesion complexes. In: Biochemical Society Transactions. 32, 2004, S. 416–420.
  2. E. Zamir, B. Geiger: Molecular complexity and dynamics of cell-matrix adhesions. In: Journal of Cell Science. 114, 2001, S. 3583–3590.
  3. D. Riveline, E. Zamir, N. Q. Balaban, U. S. Schwarz, T. Ishizakid, S. Narumiyad, Z. Kamb, B. Geiger, A. D. Bershadsky: Focal contacts as mechanosensors: externally applied local mechanical force induces growth of focal contacts by an mDia1-dependent and ROCK-independent mechanism. In: Journal of Cell Biology. 153(6), 2001, S. 1175–1186.
  4. A. Huttenlocher, S. P. Palecek, Q. Lu, W. Zhang, R. L. Mellgren, D. A. Lauffenburger, M. H. Ginsberg, A. F. Horwitz: Regulation of cell migration by the calcium-dependent protease calpain. In: Journal of Biological Chemistry. 272, 1997, S. 32719–32722.
  5. Y. Wang, E. L. Botvinick, Y. Zhao, M. W. Berns, S. Usami, R. Y. Tsien, S. Chien: Visualizing the mechanical activation of Src. In: Nature. 434, 2005, S. 1040–1045.

Siehe auch

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