Fetales Valproat-Syndrom
Das Fetale Valproat-Syndrom ist eine sehr seltene, durch Einnahme des Antiepilepsiemittels Valproinsäure während der Schwangerschaft verursachte Embryopathie. Hauptmerkmale des Fehlbildungssyndromes sind Gesichtsdysmorphie, Entwicklungsverzögerung und angeborene Fehlbildungen.[1][2][3]
Klassifikation nach ICD-10 | |
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Q86.8 | Sonstige angeborene Fehlbildungssyndrome durch bekannte äußere Ursachen |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Synonyme sind: Fetales Valproinsäure-Syndrom; Valproat-Embryopathie; Fetale Valproat-Spektrumstörung
Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1980 durch den US-amerikanischen Pharmakologen N. A. Brown und Mitarbeiter.[4]
Verbreitung und Ursache
Die Häufigkeit ist nicht bekannt, sie soll bei etwa 10 % der betroffenen Schwangerschaften auftreten.[1] Das Risiko eines Neuralrohrdefektes ist bei Anwendung von Valproinsäure etwa 10–20-fach erhöht, das von Herzfehlern, Entwicklungsverzögerungen und Autismus etwa 4–5-fach höher.
Bei einer Exposition während des ersten Schwangerschaftsdrittels und bei höherer Dosierung (mehr als 600 mg pro Tag) ist das Risiko erhöht.[2]
Klinische Erscheinungen
Klinische Kriterien sind:[1][2][3]
- Wachstumsrückstand (10 %)
- geistige Behinderung, Aufmerksamkeitsstörung, Lernbehinderung oder Autismus-artige Veränderungen
- Gesichtsauffälligkeiten wie hohe, schmale Stirn, Hypoplasie des Mittelgesichts, eingesunkene Nasenwurzel, Epikanthus, Ohrmuschelveränderungen, kleines Kinn, Mikrostomie, lange Oberlippe, dicke Unterlippe, nach unten gebogene Mundwinkel, Oberlidfalte
- Kraniosynostose
- Tracheomalazie
- Kryptorchismus, Hypospadie
- Klumpfuß
- Ventrikelseptumdefekt
- Spina bifida (1–2 %)
Selten können weitere Fehlbildungen hinzukommen wie Duodenalatresie, Polydaktylie oder Fehlbildungsskoliose.
Diagnose
Die Diagnose ist bereits vorgeburtlich durch Feinultraschall möglich, nach der Geburt ergibt sie sich aus den typischen klinischen Befunden und der Anamnese.[2][3]
Differentialdiagnostik
Abzugrenzen sind andere durch antiepileptische Medikamente (AED) verursachte Embryofetopathien wie Dihydantoin-Embryopathie, das Fetale Alkoholsyndrom und das C-Syndrom.[2][3]
Literatur
- Katharina Wiedemann, Tanja Stüber, Monika Rehn, Eric Frieauff: Fetal Valproate Syndrome – Still a Problem Today!. In: Zeitschrift für Geburtshilfe und Neonatologie. 221, 2017, S. 243, doi:10.1055/s-0043-107619.
- A. Ornoy: Valproic acid in pregnancy: how much are we endangering the embryo and fetus? In: Reproductive toxicology. Band 28, Nummer 1, Juli 2009, S. 1–10, doi:10.1016/j.reprotox.2009.02.014, PMID 19490988 (Review).
Einzelnachweise
- Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
- Fetale Valproat-Spektrumstörung. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
- R. Witkowski, O. Prokop und E. Ullrich:V. In: Lexikon der Syndrome und Fehlbildungen, S. 977–986, 1995, https://doi.org/10.1007/978-3-642-97628-5_26
- N. A. Brown, J. Kao, S. Fabro: Teratogenic potential of valproic acid. In: The Lancet. Band 1, Nummer 8169, März 1980, S. 660–661, doi:10.1016/s0140-6736(80)91159-9, PMID 6102670.
Weblinks
- Fetal valproate syndrome. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)